Bergedorf. Hunderte Bergedorfer Fahrschüler stehen auf Wartelisten. Schuld daran sind nicht nur die Corona-Lockdowns.

Sie meistern Autobahnfahrten und den hektischen Stadtverkehr, selbst das Rückwärtseinparken fluscht – jetzt steht vor der begehrten Fahrerlaubnis nur noch die Prüfung. In normalen Zeiten warten Fahrschüler zwei bis drei Wochen, bis sie einen Termin vom TÜV Hanse erhalten. Doch nicht nur Corona-Lockdowns führten jetzt zu einem mehrmonatigen Prüfungsstau.

Allein im Jahr 2020 mussten laut Sabine Darjus, Vorsitzende des Hamburger Fahrlehrerverbands, 7000 der gewöhnlich absolvierten 35.000 Fahrprüfungen gestrichen und verschoben werden. Der TÜV Hanse spricht sogar von 8000 nicht gefahrenen Prüfungen. „Prüfungstermine sind rar, die Fahrschulen proppevoll“, weiß Sabine Darjus.

Fahrschule bestätigt: Ausbildungszeit verlängert sich

Praktische Fahrstunden sind zwar in den 165 Hamburger Fahrschulen seit dem 25. Mai mit negativem Corona-Test und Maskenpflicht wieder möglich. Doch in etlichen Bergedorfer Fahrschulen sollen zeitweise jeweils über 100 junge Menschen auf Wartelisten für Prüfungsfahrten gestanden haben.

Marieke Achterholt, Marketingleiterin bei der Fahrschule Michaelis, möchte diese Zahl nicht bestätigen, sagt aber: „Wir haben es gegenüber Eltern und Jugendlichen klar kommuniziert, dass wir gegenwärtig viel weniger Prüfungstermine bekommen und sich damit die Ausbildungszeit verlängert.“ Problematisch ist das vor allem für diejenigen, die für Berufsausbildung oder die Fahrt zum Arbeitsplatz dringend eine Fahrerlaubnis benötigen.

Zeitweise wurden nur berufsbedingte Ausbildungen durchgeführt

Die Lockdowns verschärften die Situation: So durften beispielsweise vom 22. Januar bis 8. März 2021 nur berufsbedingte Ausbildungen, etwa für Kraftfahrer durchgeführt werden. Marieke Achterholt: „Diejenigen, die nicht berufsbedingt den Führerschein machen, durften damals zwar ihre gebuchten Prüfungen fahren, allerdings keine Fahrstunde vorab nehmen.“ Das bewirke, dass das Erlernte nach mehrmonatiger Abstinenz verloren gehe – in der Konsequenz bedeutet das eine weitere Verzögerung auf dem Weg zur Prüfung, weil erst wieder Fahrstunden genommen werden müssen.

Und auch eine Neuerung verlängert die Wartezeit: Seit Jahresbeginn 2021 dauert die praktische Fahrprüfung nicht mehr 45, sondern 55 Minuten (Motorrad 70 Minuten): fünf Minuten längere Prüfungsfahrt, fünf Minuten ausgiebigere Nachbesprechung. Statt elf Prüfungen am Tag kann ein Prüfer nur noch neun abnehmen.

Mit mehr Personal das aufgestaute Führerscheinprüfungen abbauen

Abhilfe versucht der TÜV Hanse dadurch zu schaffen, dass er derzeit bis zu 30 Mitarbeiter aus der Fahrzeugprüfung verlagert, um aufgestaute Führerscheinprüfungen abbauen zu können. Zusätzlich werden noch zehn Mitarbeiter als Prüfer aktuell ausgebildet. „Die Neuen müssen sich aber auch erst einmal einarbeiten“, glaubt Sabine Darjus an keine Soforthilfe.

Neuerdings bietet der TÜV Hanse sogar Termine an Sonnabenden an, die laut Unternehmenssprecher Thomas Oberst „gut angenommen“ werden: „Aktuell werden pro Woche circa 800 bis 1000 Prüfungen, pro Tag also 160 bis 200, gefahren.“