Hamburg. Zwar sind Fahrschulen in Hamburg seit dem 8. März wieder geöffnet. Aber die jüngste Corona-Verordnung, die seit dem 2. April gilt, schränkt den Betrieb dennoch drastisch ein. Denn Fahrstunden dürfen nur noch Schüler absolvieren, die den Führerschein beruflich benötigen oder die unmittelbar vor der praktischen Prüfung stehen. „Verglichen mit dem Normalbetrieb können wir damit nur noch etwa 30 Prozent der Fahrstunden geben“, sagt Stefanie Lellek, Inhaberin der Fahrschule M. Kuhne in Heimfeld. Sie wird nun wohl doch Corona-Hilfen beantragen: „Mir fehlt sonst zu viel Umsatz.“
Tim Wetjen, Geschäftsführer der Hamburger Academy-Fahrschule mit rund 80 Beschäftigten in mehreren Filialen in der Metropolregion, hat ebenfalls ein Problem mit der neuen Verordnung: „Für mich als Nichtjuristen war völlig unklar, welche Fahrschüler denn nun ,unmittelbar vor dem Abschluss durch die praktische Fahrerlaubnisprüfung‘ stehen, wie es im Text der Verordnung heißt. Erst nach mehreren Tagen konnte ich durch Nachfragen bei der Behörde herausfinden, was damit konkret gemeint ist.“ Laut Verkehrsbehörde handelt es sich um diejenigen Schüler, die sich vor dem 2. April für einen konkreten Prüftermin angemeldet haben.
Fahrschüler in Hamburg müssen lange auf Prüfung warten
Nur: „Es gibt gar nicht so viele Fahrprüfungen“, sagt Wetjen. Durch geänderte Vorhaben dauern die praktischen Prüfungen seit Jahresbeginn länger, dadurch werden mehr Prüfer benötigt. Neuzugänge müssen aber selbst erst ausgebildet werden, was zwei Jahre dauert.
Damit hat sich laut Wetjen bei den Fahrschulen ein enormer Rückstau an Schülern aufgebaut, die auf ihre Prüfung warten – manche seit mehr als einem Monat. Nach Angaben des Hamburger Fahrlehrerverbands sind die Anwärter somit gezwungen, in der Zwischenzeit eine oder zwei weitere Fahrstunden zur Auffrischung zu nehmen. Das bringt Mehrkosten mit sich: Die rund 180 Fahrschulen in Hamburg berechnen zwischen 40 und 50 Euro pro Fahrstunde.
Prüfstau wird sich in nächsten Wochen verschärfen
Allerdings wird sich das Problem mit dem Prüfstau in den nächsten Wochen absehbar noch verschärfen. Denn nach Angaben der Verkehrsbehörde sind derzeit gar keine Anmeldungen zur praktischen Prüfung mehr möglich. Dabei haben manche Hamburger Fahrschulen schon im Januar einen Aufnahmestopp für neue Schüler verhängt.
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Marc Wollenbaecker, Inhaber der Fahrschule Fahrszination in Hamm, musste schon im Januar die Aufnahme weiterer Kunden von zuvor bis zu 20 auf nur noch zehn im Monat begrenzen. Das bringe natürlich eine finanzielle Belastung für das Unternehmen mit sich: „Neue Kunden bedeuten ja auch neue Einnahmen.“ Mehr als zehn Personen konnten jedoch in den Räumen der Fahrschule aufgrund der geltenden Abstandsregeln auch gar nicht gleichzeitig am Theorieunterricht teilnehmen.
Theorieunterricht nur digital zulässig
Wie es aber nun in der aktuellen Hamburger Corona-Verordnung außerdem heißt, ist der theoretische Unterricht „nur in digitaler Form zulässig“. Das stellt besonders die kleineren Fahrschulen vor Herausforderungen. „Wir haben nur zwei Beschäftigte im Büro und drei Fahrlehrer“, sagt Stefanie Lellek. Der Online-Theorieunterricht sei gerade erst im Aufbau: „Ich mache das allein – und ich muss mich fragen, welche Investitionen sich finanziell lohnen, wenn der Unterricht später doch wieder wie gewohnt stattfinden kann.“
Nach Auffassung von Jörg-Michael Satz, Präsident des Branchenverbands Moving, führt die Umstellung auf den Online-Unterrichts ohnehin nur zu einer Verlagerung des Engpasses: „Denn Fahrschüler, die ihre Theorieprüfung bestanden haben, können nicht praktisch ausgebildet werden, da den Fahrschulen dies vielerorts verboten ist.“
Uneinheitlicher Umgang mit Fahrschulen während Pandemie
Bei der Academy-Fahrschule ist die Theorie-Hürde bereits ausgeräumt. „Wir haben schon im April 2020 einen Antrag auf Genehmigung unseres Online-Unterrichtskonzepts gestellt“, sagt Wetjen. Erst im Januar 2021 sei es dann endlich genehmigt worden. Wetjens Beschäftigte dürfen als Folge der neuen Verordnung aber nur noch etwa 20 bis 25 Prozent der sonst üblichen Fahrstunden geben. Die Motorradausbildung musste sogar vollständig eingestellt werden.
Wetjen stört sich ebenso wie Jörg-Michael Satz nicht zuletzt an dem – je nach Bundesland – völlig uneinheitlichen Umgang mit den Fahrschulen in der Corona-Pandemie: „Hier in Hamburg musste unsere Branche vier bis fünf Monaten kompletten Stillstands hinnehmen, während die Betriebe in Hessen nach dem ersten Lockdown immer geöffnet bleiben durften“, so Wetjen. Seine Ansicht zu den Corona-Regelungen für Fahrschulen fällt denn auch eindeutig aus: „Das ist total absurd.“
Hamburger Fahrschulen durften im Januar ausbilden
Im Januar allerdings durften zwar die Hamburger Fahrschulen ausbilden, die in Schleswig-Holstein aber nicht. Daraufhin beklagte der Fahrlehrerverband Schleswig-Holstein, es gebe Hamburger Fahrschulen, die Schüler aus dem nördlichen Nachbarbundesland gezielt abwürben. Das dürfte sich jetzt erledigt haben.
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