Hamburg. Das Wäldchen an der Chaussee fällt. Direkt nach der Wahl legten die Arbeiter los. Laut Amt ohne eine Genehmigung. Noch.

Die Rodung des etwa 10.000 Quadratmeter großen Wäldchens an der Bramfelder Chaussee hat begonnen. Am Montagmorgen um 8.15 Uhr rückten die Gartenbauer mit schwerem Gerät an. Die Anwohner um die Bramfelder Bürgerinitiative für den Erhalt des Biotops waren entsetzt und aufgebracht, stellten den Arbeitern Fragen.

Aber die Gartenbauer wiegelten ab. Sie wollten nicht zwischen die Fronten der Streitparteien geraten. Das Bezirksamt Wandsbek reagierte zunächst nicht auf die diversen Anfragen zur Rechtmäßigkeit der Rodungsarbeiten. Am Nachmittag endlich bestätigte das Amt, dass es keine Genehmigung gibt. Inzwischen sieht das Wäldchen schon ziemlich gerupft aus. Das Bezirksamt kündigte eine Baugenehmigung noch für diese Woche an. Die Fällgenehmigung werde ein Teil davon sein.

64 Wohnungen statt Bäume

Das Wäldchen soll für vier viergeschossige Häuser mit 64 Wohnungen und einer große Tiefgarage weichen. Anwohner und Naturschützer wehrten sich bislang vergebens gegen die "Vernichtung der auf Kilometer einzigen zusammenhängende Grünfläche östlich der Chaussee“, so Anwohner Herbert Siegert. Es geht um 160 Bäume. "Erst wählen und dann fällen?", fragt Siegert, "Das ist mehr als nur schlechter Stil."

Die Anwohnerinitiative „Bäume statt Beton“ hat lange gegen den Bebauungsplan Bramfeld 70 gekämpft. Er müsste die Grundlage der Genehmigungen sein, ist aber noch gar nicht Gesetz geworden ist (wir berichteten). Der Plan hat aber nach früheren Ausführungen des Amtes schon die sogenannte "vorgezogene Vorweggenehmigungsreife" erreicht, auf deren Basis Bau- und Fällgenehmigungen erteilt werden können. Das Amt hatte allerdings am 11. Februar erklärt, dass erst im Frühjahr beschieden werde.

BUND kritisiert das Vorgehen scharf

"Das Genehmigungsverfahren für Bramfeld 70 ist weiterhin rechtlich problematisch", sagt der Hamburger BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch. "Es liegt kein Bebauungsplan vor, gegen den Anwohner oder Verbände rechtich vorgehen könnten. Es ist für die Zerstörung von Biotopen kein Ausgleich vorgesehen, obwohl der eigene Fachgutachter des Bezirks dies für erforderlich hält.

Trotzdem sollen jetzt, offenbar bewusst kurz nach der Wahl, 160 Bäume gefällt werden. Diese Melange aus Rechtsverstößen und Wahltaktik ist völlig inaktzeptabel. So dürfen Politik und Verwaltung nicht mit Anwohnern und Naturoasen in Hamburg umgehen."

Die Arbeiter wollten sich nicht legitimieren

Die Arbeiter vor Ort haben sich gegenüber den Anwohnern offenbar geweigert, eine Genehmigung für Ihre Arbeiten vorzuzeigen. Dem Abendblatt erklärte ein Mitarbeiter am Telefon, die Fällgenehmigung des Amtes sei da, man müsse sie den Anwohnern aber nicht präsentieren. "Wir schneiden weg, was wir wegschneiden dürfen." Zwar würde man die Bäume auch lieber erhalten, habe aber die Ausschreibung der Arbeiten gewonnen und mache jetzt den Job für den Bauherren. Zunächst würden nur "Sturmschäden" beseitigt, Unterholz weggenommen und Bäume bis 25 Zentimeter Durchmesser entfernt.

Zunächst war es weder Braasch noch der für die Bürgerinitiative tätigen Anwaltskanzlei Klemm & Partner, den Anwohnern und abendblatt.de gelungen, Hilfe oder eine Stellungnahme des Bezirksamtes Wandsbek zu bekommen. Am Nachmittag dann gelang es, einen auskunftsfähigen Mitarbeiter des Amtes zu erreichen. Die Kanzlei Klemm & Partner forderte ihn auf, wieder "ordnungsgemäße Zustände" herzustellen.

Einwände sollten berücksichtigt werden

Das strittige Grundstück ist nicht ans Straßennetz angebunden und wird deshalb kaum von Menschen betreten. Laut "Bäume statt Beton" nisten hier ein Mäusebussardpaar und diverse Fledermäuse. Bezirks-SPD und -Grüne hatten versichert, dass die Einwände der Bürger in der Planung berücksichtigt werden.

Das Projekt wird im sogenannten Beschleunigten Verfahren nach § 13a Baugesetzbuch geplant. Damit entfallen der Umweltbericht und sämtliche zu ihm gehörige Verträglichkeitsgutachten. Auch die Beteiligungsrechte der Bürger sind reduziert.