Anonym und unbestechlich: Abendblatt-Autoren testen die Läden der Luxus-Labels. Dieses Mal: Ralph Lauren an der ABC-Straße.

In ganz Deutschland gibt es nur drei Ralph Lauren Shops: einen in Frankfurt, einen in München, und einen in Hamburg, in der ABC-Straße. Er ist klein, aber fein, doch Berührungsängste muss man hier nicht haben. In der Herrenabteilung im Erdgeschoss ist die Atmosphäre eher rustikal. Zwar hängen hier Anzüge aus edelstem Tuch und seidenglänzende Krawatten, daneben jedoch karierte Flanellhemden, Daunenjacken und Strick-Pullover. Vornehm ist es eher bei den Damen im ersten Stock, wo Kostüme und Blusen dezente Eleganz ausstrahlen und sündhaft teure Handtaschen Begehrlichkeiten wecken.

Doch ich halte mich heute bei den Herren auf, schließlich bin ich auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für meinen 16-jährigen Sohn. Wie wird man wohl in einem Edel-Shop bei der Suche nach Klamotten für einen Jugendlichen beraten? Wie geduldig sind die Vekäufer, wenn man sich nicht entscheiden kann? Und wie sind die Umtausch-Modalitäten?

Als ich den Laden betrete, werde ich nicht gegrüßt, auch fragt mich niemand vom Personal nach meinen Wünschen. Noch milde gestimmt werte ich das eher als vornehme Zurückhaltung denn als pure Ignoranz. Zunächst mache ich mich also alleine auf die Suche entlang der Kleiderstangen und Regale und entdecke schnell zwei Dinge, die meinem Sohn sicherlich gefallen würden, die er aber wohl nicht unter dem Weihnachsbaum finden wird: einen dunkelblauen Pulli mit Kapuze und eingestricken Stars and Stripes auf der Brust, der zwar mollig-weich, aber mit mehr als 400 Euro leider zu teuer ist. Und eine wirklich coole, blau-karierte Wolljacke, die zu ignorieren mir bei einem Preis von mehr als 1400 Euro nicht wirklich schwer fällt.

Langsam nähere ich mich dem hinteren Verkaufsraum. Die hier zuständige Verkäuferin, die mit Karobluse und Jeans in elegantem Westernstil gekleidet ist, begrüßt mich unaufdringlich-nett. Weil auch sie nicht fragt, ob sie mir helfen kann, bitte ich sie einfach darum. Mein Sohn, sage ich, kleide sich in letzter Zeit im eher unkonventionellen Street-Style; ich würde ihm gern etwas schenken, was hochwertig, aber trotzdem bei Jugendlichen angesagt sei. „Kein Problem“, sagt die Verkäuferin und holt einen klassischen V-Ausschnitt-Pulli aus einem Regal. „Das tragen Jugendliche gern.“ Ich schüttle den Kopf. Zu konservativ.

Zwei Meter weiter zieht sie eine dicke graue Kapuzenjacke hervor. Wieder nichts, zu sportlich. Sie gibt nicht auf und zeigt mir ein grünes Rugby-Shirt mit gelben Streifen – nein, zu bunt; eine zweite Sweatjacke, diesmal blau – hm, vielleicht; und ein rotes Kapuzenshirt. Könnte er es umtauschen, wenn es ihm nicht gefällt? „Klar, auch noch nach Weihnachten“, sagt sie. „Aber nur gegen Ware, nicht gegen Geld oder Gutschein“ – recht ungewöhnlich, aber naja. Schließlich entdecken wir ein kariertes Flanellhemd, das mit einem Preis von 159 Euro knapp unterhalb der Schmerzgrenze liegt. „Das ist nicht mehr in large da“, sagt sie, nachdem sie den Stapel durchgesehen hat. Auch im Lager sei es nicht mehr, sagt sie – allerdings ohne dort nachzusehen. Ich frage mich, ob sie mir überhaupt etwas verkaufen will.

Dafür geht sie bereitwillig auf Fragen zum Label Ralph Lauren ein. Etwa, ob es in Amerika einen anderen Stellenwert als in Deutschland habe: Wegen der Outlet-Verkäufe? „Eigentlich nicht“, antwortet sie. So wie bei uns gebe es auch dort Shops mit einem exklusiven Angebot und Outlet-Stores oder Kaufhäuser, die die Mode weniger edel präsentierten. Ob man dort gekaufte Artikel in Deutschland umtauschen könne. Das sei möglich, allerdings nur mit Bon. Von Einkäufen im Internet rät sie mir ab – schließlich wisse man nicht, ob die Ware wirklich echt sei. Oft bäten Kunden sie und ihre Kollegen darum, online erstandene Kleidung auf Echtheit zu überprüfen, was aber generell abgelehnt würde.

Eine nette Unterhaltung, doch was soll ich jetzt meinem Sohn zu Weihnachten schenken? Die geduldige Verkäuferin gibt mir einen unkonventionellen Tipp, der den Firmengründer sicherlich nicht gefallen würde: „Kaufen Sie lieber etwas in den Läden, in denen sich ihr Sohn auch sonst einkleidet. Sonst landet ihr Geschenk in der Schublade – und das wäre doch wirklich schade.“ Ich verlasse das Geschäft mit gemischten Gefühlen: Einerseits wurde ich vor einem Fehlkauf bewahrt, andererseits hätte ich das Hemd, das es nicht mehr in „L“ gab, gerne gekauft. Eine Kundin hat Ralph Lauren so jedenfalls nicht gewonnen.

Die Kundenfreundlichkeit ist nicht überschwänglich, aber zufriedenstellend. Immerhin ist die Verkäuferin ohne ein Zeichen von Ungeduld auf alle meine Fragen eingegangen.

Der Service ist mittelmäßig. Zum Einen hat die Verkäuferin nicht im Lager nach einem Hemd in richtiger Größe geschaut, zum Anderen ist es ungewöhnlich, dass ein Artikel nur gegen Ware und nicht mal gegen einen Gutschein getauscht werden kann. Positiv ist, dass man auch Sachen umtauschen kann, die in anderen Ländern gekauft wurden.

Einen Mangel an Kompetenz kann man dem Personal sicher nicht vorwerfen. Und der Ratschlag, lieber gar nichts zu kaufen als das Falsche, war jedenfalls ehrlich.

Adresse: Ralph Lauren, ABC-Straße 4, 20354 Hamburg, www.ralphlauren.com

Informationen zur Marke:

Amerikas erfolgreichster Modedesigner hat es geschafft, zwei wesentliche Sehnsüchte der Upper Class zu befriedigen: nämlich die nach gesicherter gesellschaftlicher Stellung und ein bisschen „wilder Westen“-Gefühl. Wie kaum ein anderer ließ Ralph Lauren mit Tweedjackets, Polohemden und Westernstiefeln das traditionelle Landleben quasi im Alleingang wieder aufleben; das Zeichen seines Polospieler-Logos symbolisiert dabei Klasse und sportliche Lässigkeit.

Zunächst auf Herrenkollektionen konzentriert, baute der Designer ab Mitte der Siebzigerjahre sein Mode-Imperium aus, kreierte Parfüms sowie Damen- und Kindermode. Vor allem die in den 90er-Jahren eingeführten Marken „Polo Sports“ und „Polo Jeans Co.“ brachten Ralph Lauren den finanziellen Durchbruch zu einem der weltweit führenden Textilunternehmen. Berühmt wurden die von Bruce Weber fotografierten Werbekampgagnen, die ein glückliches Familienidyll mit Pferd und Hund inszenierten und vor allem jüngere Kunden ansprach.

Ralph Lauren selbst ist ein Selfmade-Mann, schaffte es vom Krawatten-Verkäufer in New York zum Millionär – so, wie er es schon bei seinem Schulabschluss propehezeit hatte. Als einer der ersten Modeschöpfer schuf er ganze Einkaufs- und Lebenswelten in seinem typischen Ostküsten-Stil, richtete Landhäuser und Townhouses ein. Heute zählt der Designer 160 Marken-Shops weltweit sein eigen.