In diesem Sommer geht nichts ohne die modische Kopfbedeckung. Den Trend haben Stars wie Jan Delay entfacht. Material wächst nur in Ecuador.

Hamburg. Zum Derby oder zur Hochzeit trägt man selbstverständlich Hut. Aber sonst? Im Alltag ist die Kopfbedeckung weitgehend aus dem Stadtbild verschwunden; kaum vorstellbar, dass es noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts zum guten Ton gehörte, das Haus nicht "ohne" zu verlassen. Bis zu diesem Sommer: Da auf einmal tauchen Hüte wieder auf, in allen möglichen Farben und Formen, aber auffallend häufig sind es Modelle aus Stroh.

Waren Strohhüte schon früher Erkennungszeichen intellektueller Köpfe wie Ernest Hemingway, Winston Churchill oder Thomas Mann, sieht man sie auch heute überwiegend in diesen Kreisen. Im Univiertel am Grindel zum Beispiel schützen sie studentische Häupter im Gartencafé und auf dem Campus vor glühender Sonne. "Die Jungs, die früher Baseballkappen getragen haben, tragen jetzt Strohhüte", sagt Sabine Falkenhagen, 40, vom gleichnamigen Geschäft an der Großen Johannisstraße. "Der Hut wird immer mehr zum modischen Accessoire." Das mache sich auch am Umsatz bemerkbar.

70 bis 80 Strohhutmodelle gibt's bei Falkenhagen; die Preise fangen bei 50 Euro an. Am besten laufen Panamahüte. Jene Kopfbedeckung, die so wenig mit Panama zu tun hat wie ein Pinguin. "US-Präsident Theodore Roosevelt soll bei der Besichtigung der Bauarbeiten zum Panamakanal im Jahr 1906 einen Strohhut getragen haben", sagt Jens Falkenhagen, 50, der das Traditionsgeschäft zusammen mit seiner Cousine führt. "Die Fotos gingen um die Welt und machten diese Hutform berühmt. So wurde - mehr aus Zufall - der Panamahut geboren."

Das eigentlich Besondere daran ist das Material: "Toquilla, die spezielle Palmenart, die dafür verwendet wird, wächst ausschließlich in Ecuador", sagt Vanessa Rathje von "PapenHut" auf der Uhlenhorst. "Die Blätter werden zunächst gekocht und anschließend unter Wasser von Hand geflochten." Die Fasern seien sehr robust, könnten sogar eingerollt transportiert werden (was die meisten anderen Strohhüte ein für alle Mal ruiniert). Und: "Panamahüte sind sowohl Regen abweisend als auch ein perfekter Sonnenschutz." Vielleicht sind sie deshalb bei den Hamburgern so beliebt.

Doch ist es heute weniger der Nutzen, sondern die modische Aussage, die die meist jugendlichen Träger damit verbinden. Strohhüte gibt es schon ab zehn Euro bei H&M und Zara, man trägt sie zu Jeans und T-Shirt oder zum Anzug mit Krawatte, inspiriert durch Stars wie Johnny Depp oder den Hamburger Sänger Jan Delay. Bei Falkenhagen kaufen die Jungs von Fettes Brot, Smudo von den Fantastischen Vier und die Stylisten von Roger Cicero ein. Auch Schauspieler Jan Hartmann und Lucas Gregorowicz schauen gern mal vorbei. TV-Korrespondent Dieter Kronzucker sieht man mit der modischen Kopfbedeckung, seltener im Fernsehen, aber in der Freizeit.

Der Bestseller schlechthin sei der "Menton", ein sportlicher Panamahut der Marke Mayser für rund 120 Euro. Für den "Ferrari" unter den Panamahüten, einen klassischen Borsalino in der "Bogart"-Form mit schwarzem Hutband, muss man bei Falkenhagen schon sportliche 2800 Euro hinlegen. Die Investition soll sich lohnen: "Der Hut sieht nicht nur toll aus", sagt der Kunde Thomas Voß, 40, aus Tonndorf, er sei auch leicht wie eine Feder und schütze doch vor allen Wettereinflüssen. "Nur für die Windböen auf Sylt ist er vielleicht nicht so geeignet", sagt Jens Falkenhagen, der privat natürlich auch Hutträger ist.

Dass die Käuferschaft stetig wächst, bestätigt auch Vanessa Rathje von "PapenHut": "Seit vergangenem Sommer entwickelt sich der Strohhut zum regelrechten Hype. Zwölfjährige kaufen sich einen Strohhut für eine Party, 40-Jährige, weil's gerade Mode ist. Und auch Frauen kaufen Strohhüte, etwa in der modischen Trilby-Form." An der Papenhuder Straße kosten die Modelle zwischen 89 und 140 Euro. Bei der Lifestyle-Messe "Home & Garden" in Groß Flottbek begeisterte sie viele Hamburger mit ihren zahlreichen Kreationen, darunter Scippies, Stetson, Visor, Westernhut, Sommerhut ... aber am schönsten ist und bleibt doch der Klassiker: der Panamahut.