Schulbegleitend an der Uni büffeln - ein Stipendium für Begabte macht's möglich

Gerade erst hat sie ihr Abitur gemeistert - aber schon in einem halben Jahr wird Zerina Halilovic einen weiteren Abschluss in der Tasche haben. Die 19-Jährige studiert "International Management" an der privaten Hochschule für Oekonomie und Management (FOM) in Hamburg. Zerina ist schon im 7. Semester - denn sie begann ihr Studium als Elftklässlerin.

Als Zerina sich an der FOM einschrieb, war sie Hamburgs erste Schülerstudentin. Sie hatte ein Stipendium der Claussen-Simon-Stiftung ergattert, die ihr das Studium finanziert. Freitagabends und sonnabends hieß es für sie Büffeln auf dem Campus der Uni Hamburg. Doch wer sich die frischgebackene Abiturientin als introvertierten Bücherwurm vorstellt, liegt völlig falsch. Die 19-jährige mit den langen blonden Haaren ist offen, vielseitig interessiert und verfolgt zielstrebig ihren Weg.

Der allerdings war bisher voller Steine. Als die gebürtige Bosnierin anderthalb Jahre alt war, musste die Familie vor dem Bürgerkrieg fliehen. Der Zufall verschlug sie schließlich nach Hamburg. "Meine Eltern hatten es in den ersten Jahren nicht leicht, sie mussten sich in einem fremden Land mit einer fremden Sprache zurechtfinden und die bürokratischen Hürden meistern", erzählt Zerina. "Vielleicht liegt mir gerade deshalb so viel daran, zu zeigen: Auch mit holprigen Startbedingungen lässt sich etwas schaffen."

Schon ab der 6. Klasse lernte sie auf dem zweisprachigen Helene-Lange-Gymnasium in vielen Fächern auf Englisch. In der Oberstufe kam dann das Studium hinzu, und für die Zukunft plant sie: "Ich möchte entweder gleich einen Master anschließen, oder vielleicht ein weiteres Bachelor-Studium durchlaufen, um breiter aufgestellt zu sein." Der Doktorgrad schließlich soll ihre akademische Laufbahn krönen. Den strebt sie mit Mitte zwanzig an.

Die angepeilten Karrierebausteine zählt Zerina ganz nüchtern auf, mit gesundem Ehrgeiz und einem realistischen Blick auf ihre Fähigkeiten. Die allerdings sind tatsächlich überdurchschnittlich. Mit knapp 17 Jahren wurde ihr ein Intelligenzquotient von 136 bescheinigt. Ab 130 wird von Hochbegabung gesprochen. Sie selbst schreibt sich vor allem eine hohe Motivation, Leistungswillen und Wissensdurst zu. "Ich lese Zeitung, alle möglichen Sachbücher, die mir in die Hände fallen, aber auch mal einen Roman zur Entspannung, und ich habe etliche Newsletter abonniert", sagt sie. Von unsympathischer Streberin keine Spur, vielmehr steht Zerina mitten im Leben.

Genau solche Kandidaten sucht die Claussen-Simon-Stiftung, die Bewerber in einem aufwendigen Verfahren unter die Lupe nimmt. In verschiedenen Gesprächsrunden geht es darum, das Potenzial der Kandidaten zu entdecken, aber auch eine Überforderung zu vermeiden. Dazu werde auch ein Psychologe herangezogen, erzählt Zerina.

Für die Stipendiaten ist das Studium nicht immer leicht. Aus der gewohnten Gemeinschaft der Schulklasse in einen Hörsaal mit rund 150 Studenten zu wechseln, war für Zerina durchaus gewöhnungsbedürftig. "Ich war die erste Stipendiatin, die neben der Schule studierte. Die anderen Studenten waren um die zwanzig und studierten dual neben ihrer Berufsausbildung." Auch dauerte es einige Zeit, bis sie die Uni-Strukturen durchschaut hatte. "Das ist ein ganz anderes Lernen als an der Schule." Während dort viel auswendig gelernt wird, geht es an der Universität darum, Gelerntes eigenständig anzuwenden. Da gibt es natürlich auch mal Rückschläge. Aber selbst von nicht bestandenen Klausuren lässt sich Zerina nicht entmutigen: "Auch die erweitern den Erfahrungshorizont."