Emre Aras wird Hotelfachmann in einem 5-Sterne-Haus. Hier gilt die goldene Regel: Der Gast hat immer recht

Drei Jahre Bettenmachen? Dafür hatte Emre Aras ja nun nicht sein Abitur gemacht, fand er. Der Beruf des Hotelfachmannes kam für ihn darum zunächst überhaupt nicht in Frage. "Aber dann hat mir ein Freund von seinem Alltag als Hotelfachmann berichtet und mir erzählt, wie vielseitig der Beruf tatsächlich ist", sagt der 22-Jährige.

Inzwischen hat er sein drittes Ausbildungsjahr begonnen und in so gut wie alle Bereiche des Hotels hineingeschnuppert. Er stand am Empfang, deckte Tische im Restaurant, mixte Drinks an der Bar. Und hinter den Kulissen erledigte er kaufmännische Aufgaben. Bettenmachen stand in dieser Zeit natürlich auch auf dem Programm. Das hat ihn dann aber gar nicht mehr gestört, im Gegenteil. "Aufräumen und Saubermachen gehen jetzt auch zu Hause immer ganz schnell von der Hand", lacht er.

Auf der Suche nach dem passenden Arbeitgeber hat sich Emre zunächst im Internet informiert. "Es ging mir darum, ein besonderes Hotel zu finden, abseits der anonymen Hotelketten." Beim Hamburger "Side" Hotel nahe dem Gänsemarkt wurde er fündig. "Das Vorstellungsgespräch war intensiv, aber trotzdem entspannt", erinnert er sich.

Personalleiterin Jenny Maria Jensen erklärt, worauf sie bei solchen Gesprächen achtet. "Mir geht es darum, festzustellen, ob der Bewerber zu uns passt, ob er offen und freundlich ist, und ob er tatsächlich für den Beruf brennt." Denn das ist wichtig, gerade in einem 5-Sterne-Haus. "Da ist ein Gespür gefragt, was welcher Gast wann und wie braucht", erläutert Jensen.

Für Emre kein Problem. "Ich bin einfach gerne Gastgeber", sagt er. Es reizt ihn herauszufinden, wie er die Gäste glücklich machen kann. Oft sind es gerade die kleinen Dinge, die Wunder wirken: "Zum Beispiel bei von der Reise völlig übermüdeten kleinen Kindern, deren Tränen schnell trocknen, weil sie ihr eigenes Anmeldeformular bekommen." Immer wieder ist sein Einsatz gefragt, auch wenn der Hund eines Gastes wegen einer Magenverstimmung nur ein ganz bestimmtes Futter verträgt - und das nachts um drei Uhr. "Da habe ich mich dann ans Telefon gehängt und überall angerufen, wo um diese Zeit noch geöffnet ist. Bei einer Tankstelle auf der Reeperbahn bin ich fündig geworden." Kurz darauf waren Vierbeiner und Besitzer glücklich und zufrieden.

Und wie steht es mit nörgelnden Gästen, brauchen Hotelfachleute ein besonders geduldiges Naturell? "Nein, das lässt sich lernen", findet Emre. "Das oberste Gebot lautet immer, der Gast hat recht, auch wenn dies bedeutet, sich auf die Zunge zu beißen." Aber die freundlichen Gäste überwiegen ohnehin, findet der Auszubildende. Auch das lange Stehen, etwa beim Dienst am Empfang, macht ihm nichts aus - ebenso wenig die Arbeitszeiten, die auch Wochenend- und Feiertagsdienste einschließen. "Mein Freundeskreis hat sich darauf eingestellt, das war nie ein Problem", erzählt er. Und Personalleiterin Jensen ergänzt: "So ein Dienst an Silvester kann auch zum Erlebnis werden. Ein richtig großes, aufwendiges Event gemeinsam zu stemmen, das schweißt zusammen." Für Emre sind es die immer neuen Herausforderungen, die den Beruf so abwechslungsreich machen. "Als ich meine erste Flasche Champagner für 270 Euro am Tisch geöffnet habe, haben mir schon die Hände gezittert", sagt er. Doch kein Tropfen ging daneben.

Das perfekte Eingießen edler Weine beherrscht Emre mittlerweile so gut, dass er an Wettbewerben teilnimmt. So gehört er zur Siegermannschaft des "Delta Cup 2010" - ein Team-Wettbewerb, bei dem Auszubildende aus fünf gastronomischen Berufen ein Vier-Gänge-Menü kochen und servieren müssen. "Da profitiert man sehr von den Erfahrungen der anderen", sagt der Hamburger Azubi. "Jemand aus dem Anglo-German Club deckt einen Tisch ganz anders ein als jemand aus einem Design-Hotel." Inzwischen trainiert Emre für die Deutschen Jugendmeisterschaften in den gastgewerblichen Berufen, die Ende Oktober bei Bonn stattfinden.

Lohnt sich die Mühe? "Auf jeden Fall", sagen sowohl Emre Aras als auch Jenny Maria Jensen. Denn Wettbewerbe schaffen gute Kontakte in der Branche, und die Siege machen sich gut im Lebenslauf. "Vor allem aber bringen sie Erfahrung", betont Jensen. "Wer unter den strengen Augen der Juroren beim Tische-Eindecken nicht patzt, den schrecken auch keine Abschlussprüfungen mehr."

Quelle: www.berufe.tv