Die Mittelstreckenläuferin Jana Sussmann macht eine Banklehre. 2012 will sie bei der Olympiade in London starten

"Jana Sussmanns Weg zu uns weicht stark vom Normalfall ab", sagt Michael Lewandowski, Ausbildungsleiter der Hamburger Sparkasse (Haspa). Janas Trainer fragte die ambitionierte Mittelstreckenläuferin, ob sie nicht eine Ausbildung zur Bankkauffrau machen wolle. "Für Nachwuchs-Spitzensportler gehen wir auch ungewöhnliche Wege bei der Kontaktaufnahme und nutzen dabei auch unsere Netzwerke", sagt Lewandowski.

"Zu der Zeit wusste ich noch nicht, was ich nach dem Abitur machen will", sagt Jana, "mir war aber wichtig, dass ich meinen Sport weitermachen kann." Die 19-Jährige trainiert sechsmal in der Woche bis zu zwei Stunden für die LG Nordheide, ihr Stammverein ist der MTV Laßrönne. Also absolvierte sie ein Praktikum in einer Haspa-Filiale in Winsen und trat danach zum Bewerbungsgespräch an. Auch das verlief nicht wie im Regelfall. Jana musste bei einer Prüfungsaufgabe einen Trainingsanzug verkaufen. Dieses Verkaufsgespräch hat den Ausbildungsleiter überzeugt. "Sie konnte sich gut in den Kunden hineingefühlen", sagt Lewandowski. Am 1. August hat Jana ihre Ausbildung zur Bankkauffrau in Winsen begonnen.

Pierre Beckens Weg zur Ausbildung als Bankkaufmann verlief normaler. "Als ich mir über meinen Beruf Gedanken machte, lag in der Haspa-Filiale in Altona eine Broschüre aus. ,Jetzt bewerben!' stand darauf, und das habe ich dann auch getan", sagt Becken. Er absolvierte einen Einstellungstest und konnte seine Ausbildung am 1. Februar beginnen.

Neben den Grundrechenarten, Prozentrechnung und Dreisatz sollten die Bewerber auch sprachliche Fähigkeiten mitbringen, sagt Ausbildungsleiter Lewandowski. Ein Pluspunkt sei es, wenn der Bewerber neben Deutsch eine weitere Sprache wie Russisch oder Türkisch beherrsche. "Bei uns kommt es besonders auf die Persönlichkeit an. Am Wissen kann man noch während der Ausbildung arbeiten", sagt Lewandowski. Die Freude am Umgang mit Menschen stehe im Vordergrund. Dazu gehöre Offenheit und sicheres Auftreten sowie Teamfähigkeit.

Die Freude am Umgang mit Kunden strahlen Jana und Pierre beide aus. "Wenn man einen Kunden begeistern kann, dann macht der Beruf richtig Spaß", sagt Pierre. Jana wusste, dass sie den richtigen Beruf gewählt hat, als ein älterer Kunde in die Filiale nach Winsen kam. "Er bat mich, den Überweisungsträger für ihn auszufüllen, denn er hatte seine Brille vergessen. Danach war er richtig glücklich."

In der Filiale lernen die angehenden Bankkaufleute vor allem die Praxis kennen. Die besteht bei der Haspa aus vier Bereichen: dem Privatkundengeschäft, dem Individualkundengeschäft für vermögende Kunden, dem Firmenkundengeschäft und dem Einsatz in Fachabteilungen. "Wir übertragen den Auszubildenden immer etwas Verantwortung. Wir lassen sie selbstständig arbeiten, im Hintergrund ist aber immer jemand, der Hilfestellung leisten kann", sagt Michael Lewandowski.

Die Theorie wird in Unterrichtsblöcken an der Berufsschule vermittelt. Bankwirtschaft, Rechnungswesen, Fachenglisch, Sprache und Kommunikation sowie Politikunterricht stehen auf dem Lehrplan. Außerdem stehen Fortbildungen an der HaspaAkademie jährlich auf dem Plan. "Besonders der schulische Teil ist nicht so einfach, wie man denkt, weil man sich viel selbstständig erarbeiten muss", sagt Azubi Pierre. Um bei den Fortbildungen mitarbeiten zu können, müssen sich die Auszubildenden im Vorfeld ein bestimmtes Pensum erarbeiten.

Für Jana und Pierre ist das selbstständige Arbeiten von Vorteil. Jana Sussmann trainiert für Olympia 2012 in London den Mittelstreckenlauf, Pierre Becken ist Nachwuchsfußballer und spielt seit Januar beim FC St. Pauli. "So kann ich auch abends nach dem Training noch lernen", sagt Jana. Ausbildung und Sport werden bei der Haspa aufeinander abgestimmt. "Wenn ich ein Spiel habe, kann ich auch früher gehen", sagt Pierre.

Sein Rat: "Am besten testet man verschiedene Berufe durch Praktika und erfühlt so, wonach einem ist." Das rät auch Michael Lewandowski. Wenn man sich zur Bewerbung entschließt, solle man sich allerdings noch weiter informieren: "Ist im Anschreiben ersichtlich, dass sich der Bewerber mit dem Beruf auseinandergesetzt und sich über Broschüren oder das Internet informiert hat, steigen seine Chancen."