Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste liebt die Extreme, den Erfolg und hat große Pläne. Der 25-Jährige spricht über seinen Job, sein Studium, Ehrgeiz und sportliche Vorbilder

Im vorolympischen Jahr war er 160 Tage für seinen Sport unterwegs. Dann der Sieg der Siege: 2008 Mannschaftsgold in Peking. Moritz Fürste hat seinen Hockeyschläger fest im Griff. Aber nicht nur den. Der 25-Jährige bewältigt, was für drei junge Männer reicht: Er spielt (welt-)meisterlich Hockey und trainiert dafür sechs- bis siebenmal die Woche. Außerdem meistert er sein Studium und als drittes seinen Beruf. Moritz studiert an der HSBA Medienmanagement und steht kurz vor seinem Bachelor of Arts. Überdies ist er in der Werbeagentur kempertrautmann beschäftigt. Gerade kommt er vom Trainingslager aus Amsterdam zurück.

"Man steht schon unter einem enormen Druck und will es allen recht machen", gibt Moritz zu. Sein Leben bestehe aus Extremen: Statistikklausur, dann nach Peking, im Flieger lernen für die nächste Klausur, dann in der Agentur die Präsentation für einen Werbekunden vorbereiten. "In der Agentur bin ich einer unter 140 Kollegen, mache meine Arbeit im Team, ganz normal." Dazu gehöre auch kopieren oder mal Kaffee kochen. "Ich bin da nichts Besonderes und passe mich an." Moritz beschreibt sich als positiv denkenden Menschen, der sehr optimistisch an alles herangeht. "Ich verabscheue negative Gedanken." Er suche das Risiko. Sein Power-Programm ist für Moritz gewollter Alltag. "Ich brauche diesen Strom und den Stress. Mir wird sonst langweilig." Er habe in seinem Leben gelernt, Prioritäten zu setzen.

Schon als kleines Kind kam Moritz mit dem Hockey in Berührung. Sein Vater, Peter Fürste, spielte 35 Jahre lang Hockey. "Meine Mutter hat mich immer im Kinderwagen um das Spielfeld gefahren." Peter Fürste meldete Moritz bereits kurz nach der Geburt beim Uhlenhorster TC an. Moritz, genannt "Mo", blieb dem Verein treu und trainiert zusammen mit seinem Bruder Jonas, 23, der in der Bundesliga spielt, dreimal die Woche.

Sein Vater starb, als Moritz neun Jahre alt war. Peter Fürste war an Bord der Ostseefähre "Estonia", als diese am 28. September 1994 auf der Fahrt von Tallin nach Stockholm in der Ostsee versank. Auch 16 Jahre nach dem Unglück ist der Mann, der Moritz zum Hockey brachte, noch immer sehr präsent im Leben des 25-Jährigen. Beim Hockey gehe es zu wie in einer großen Familie, sagt Moritz. Man treffe sich überall auf der Welt. "In unserer Mannschaft spielen drei Brüderpaare."

Was fasziniert ihn am Hockeyspiel? "Es ist dieser ganz besondere Mix aus Schnelligkeit, Fitness und Ausdauer sowie die präzise Koordination zwischen Augen, Hand- und Beinarbeit." Als Mittelfeldspieler müsse er außerdem ganze Spielzüge voraussehen können. "Mein Trainer sagt immer, für Hockey-Spieler ist vor allem ein hoher Taktik-IQ wichtig."

Sein taktisches Geschick setzt Moritz nicht nur beim Hockey ein. Sein Abi machte er mit einem Schnitt von 2,9. "Ich habe nie für Noten gelernt", gibt Moritz zu. Dennoch würde er sein Bachelor-Studium gern mit einer Zwei vor dem Komma abschließen. Er sei bei den Klausuren nicht immer beim ersten Versuch durchgekommen und musste fünf Klausuren wiederholen. "Aber nie dreimal", sagt er und lächelt. Wegen der WM habe er im März sechs Klausuren verpasst. "Danach musste ich acht Klausuren innerhalb von 14 Tagen schreiben."

Seine einzige Eins im Leben habe er in der 13. Klasse in Stochastik geschrieben. "Ich liebe es, Wahrscheinlichkeiten auszurechnen. Und ich spiele auch gern Poker." Mathe sei jedoch nie sein Fall gewesen. "Ich mag keine Formeln", sagt Moritz.

Aber seine Rechnung mit dem Studium geht auf. Es eröffnet ihm viele Möglichkeiten. "Moritz Fürste ist mit seinem international anerkannten Abschluss zum Bachelor of Arts bestens für die Übernahme anspruchsvoller Fach- und auch für Führungsaufgaben in der Wirtschaft qualifiziert", sagt Dr. Uve Samuels, Geschäftsführer der HSBA Hamburg School of Business Administration. "Unsere Erfahrung zeigt, dass die Bachelor-Absolventen von ihren Ausbildungsfirmen in aller Regel in feste Arbeitsverhältnisse übernommen werden."

Außerdem sei Moritz ein wunderbares Beispiel dafür, dass Engagement und Erfolg in Studium, Beruf und Sport gut zusammenpassen. "Die Fähigkeit, sich auf ein Ziel zu konzentrieren und dieses mit aller Konsequenz zu verfolgen, ist eine besondere Eigenschaft von Sportlern, die auch für ein erfolgreiches Studium an der HSBA essenziell ist. Wir sind sehr stolz darauf, dass viele der HSBA-Studierenden sich in ihrer knappen Freizeit engagieren - sei es im Sport, in der Musik oder etwa in unserem Debattierklub."

Auf einen Beruf möchte sich Moritz nicht zu früh festlegen. Medien interessieren ihn, Werbung gefällt ihm. Als Sportkommentator hat er sich bereits versucht. "Das war ein Traumjob", sagt er, und sein Gesicht strahlt. "Der Beruf soll in erster Linie Spaß machen und meinen Erfolgshunger stillen. Der ist groß. Ich bin sehr ehrgeizig und der schlechteste Verlierer der Welt." Damit beschreibt Moritz zugleich den Motor, der ihn auch auf dem Hockeyfeld antreibt und ihn im Finale der WM 2006 in Mönchengladbach vor 13 000 Zuschauern ein Tor schießen ließ.

"Moritz Fürste gibt niemals auf", sagt dazu Uve Samuels. "Er macht das entscheidende Tor aus einer schier ausweglosen Situation. Er weiß, dass man ein Spiel in der letzten Minute der Nachspielzeit noch gewinnen kann. Notfalls sogar im Siebenmeterschießen. Dieses Denken braucht die Wirtschaft. Darauf bereiten wir unsere Studenten an der HSBA vor."

Trotz der sportlichen Erfolge in jungen Jahren, trotz der vielen Reisen weltweit und des Presserummels nach den zwei WM-Titeln 2006 und 2007 im Hallenhockey in Wien und dem Olympiasieg 2008 in Peking ist Moritz ein natürlicher und sympathischer junger Mann geblieben. Er gibt zu, wenn er sich bei einem Thema nicht auskennt - und kennt auch seine Schwächen. "Ich bin unordentlich und in gewissem Maße faul. Ich tue nicht mehr als ich muss."

Dafür hat bislang alles sehr gut geklappt. Auch wenn Moritz lächelnd meint: "Meine Agenturkollegen würden sicherlich sagen, der Moritz ist ja nie da, ebenso meine Hockeykameraden oder Kommilitonen. Ich bin eben immer nur in einem der drei Bereiche präsent." Am meisten habe unter seinem mehrfachen Engagement wohl seine Arbeit in der Agentur gelitten. "Ohne das Entgegenkommen und das Verständnis meines Chefs Michael Trautmann ginge es nicht." So sei er 2008 aus Peking nachts um drei Uhr an einem Sonntag mit dem Flugzeug in Hamburg gelandet. "Den Montag habe ich dann frei bekommen."

Noch steht der Sport an erster Stelle seiner Prioritätenliste, in jedem Fall bis zu den nächsten Olympischen Spielen 2012 in London. "Man zählt bei uns im Hockey immer von Großereignis zu Großereignis." Dann sei er 27. Bei den olympischen Spielen 2016 in Rio ist Moritz 31. "Das ist zwar nicht sehr alt aber schon grenzwertig in dem Sport." Kann er sich vorstellen, später Hockeytrainer zu werden? "Ich sage mal jein. Sicher werde ich immer etwas mit Hockey zu tun haben." Und Profispieler? "Ich sage niemals nie."

Ein Ziel spricht Moritz jedoch an. Er möchte die Welt sehen. Das klingt seltsam, denn Moritz hat auf jedem Kontinent Freunde und war bereits in Japan, Malysia, Indien ebenso wie in Neuseeland, Südafrika und Australien. "Ich kenne Hotels, Hockeyfelder und Flughäfen. Vom Taj Mahal war ich fünf Stunden entfernt, und die Chinesische Mauer habe ich auch nicht gesehen, als wir in Peking waren." Das möchte er nachholen.

Moritz hat kein sportliches Vorbild, beschreibt aber den idealen Sportler als eine Mischung aus John McEnroe, Zinedine Zidane und Tiger Woods. Denn Power, Präzision und ein Hauch von Wahnsinn müssen zusammenkommen. "Power allein reicht nicht. Man muss auch variieren können."

Und über das Leben sagt er fast ein bisschen philosophisch: "Man muss sich den Cocktail des Lebens so zusammenstellen, dass es möglichst viel Sinn macht." Seinen Berufs-Cocktail hat Moritz bereits gemixt.