Zuerst solltest du dir überlegen, welchen Job du später ausüben willst. Daraus ergibt sich, welche Ausbildungswege für dich sinnvoll sind

Wo siehst du dich, wenn du an die Zukunft denkst? Im Hörsaal der Uni, Formeln auf den Block kritzelnd? Im Labor, damit beschäftigt chemische Substanzen zu mischen? Vielleicht im Büro, mit Kunden telefonierend? Oder schraubend in einer Werkstatt? Indem du dich für ein Studium oder eine Ausbildung entscheidest, fällst du keine Entscheidung fürs ganze Leben. Aber für die nächsten Jahre. Darum solltest du dir die Wahl gut überlegen. Umzuschwenken ist zwar möglich, aber es geht ins Geld - und macht Bauchschmerzen! Was raten die Experten?

"Irgendwas mit Medien" studieren zu wollen, weil es schick klingt und die Freunde das auch wollen, sollte kein Kriterium für die Berufswahl sein. "Im Mittelpunkt muss die Frage stehen, welcher Beruf zu einem passt", sagt Dr. Annette Niebers, Diplom-Psychologin aus Hamburg. "Und dann guckt man, auf welchem Weg man dorthin kommt." Das kann ein Studium sein, an der Uni oder einer Fachhochschule, eine Ausbildung oder eine Verbindung aus beidem: das duale Studium.

Um den Beruf für sich zu finden, rät Enno Heyken, Inhaber der Psychodiagnostischen Beratungspraxis in Hamburg dazu, sich verschiedene Szenarien vorzustellen - wie etwa die eingangs beschriebenen. Wo würde man sich am wohlsten fühlen? "Und dann unterhalten Sie sich mit Menschen, die diese Berufe ausüben", sagt Heyken.

"Gehen Sie einfach mal in ein Geschäft rein, und sprechen Sie einen Verkäufer an. Oder fragen Sie, ob Sie in einer Firma mal einen Tag hospitieren dürfen." Das braucht ein bisschen Mut, gesteht der Diplom-Psychologe zu. "Aber die Leute reagieren oft positiv darauf." Nicht immer muss es also gleich ein sechswöchiges Praktikum sein. "Obwohl man dabei natürlich den besten Eindruck bekommt", sagt Heyken.

Oft entscheidet schon der angestrebte Beruf darüber, ob man studieren oder eine Ausbildung absolvieren muss. Manche Ziele - etwa im Marketing arbeiten, Kaufmann werden oder IT-Experte - kann man aber auch auf beiden Wegen erreichen.

Bist du also ein Typ für die Uni oder die Lehre? "Wer nach der Schule das Gefühl hat, genug gelernt zu haben, wer endlich in die Praxis will, der ist mit einer Ausbildung gut bedient", sagt Edgar Kemp, Coach bei der Hamburger Berufswahlberatung "B'come". Wer immer noch Spaß am Lernen hat, dem könne es auch an der Uni gefallen. "In manchen Studiengängen muss man allerdings seine Freizeit stark zurückfahren", warnt Kemp. "Ob man sich dem unterwerfen will, muss man sich vor der Entscheidung auch fragen."

"Braucht jemand viel Struktur und Anleitung, dann könnte er an der Uni schnell verloren sein", gibt Annette Niebers zu bedenken. "Wer allerdings eine vertiefte Auseinandersetzung mit Themen mag, für den ist die Hochschule das richtige." Ein duales Studium - also Hochschule plus Ausbildung, quasi Theorie plus Praxis - stellt ebenfalls hohe Anforderungen. Lange Semesterferien können die Studenten abschreiben: wird nicht gelernt, wird gearbeitet. "Außerdem ist es nicht ganz einfach, so einen Studien- und Ausbildungsplatz zu finden", warnt Niebers.

Aber vielleicht muss man sich auch gar nicht unbedingt entscheiden? "Generell ist es eine gute Idee, sich mit einer Ausbildung erst einmal eine solide Basis zu schaffen", sagt Enno Heyken. So könne man Berufserfahrung sammeln und anschließend immer noch studieren. "Wer im Zwiespalt ist, dem rate ich erst mal zu einer Ausbildung", betont der Psychologe.

Edgar Kemp von "B'come" rät da-zu, auch andere Kriterien für die Entscheidung heranzuziehen. "Die Länge der Ausbildung spielt auch eine Rolle", sagt er, "die Finanzierung des Ganzen." Und auch der Ausbildungsort sei ein Kriterium, ebenso wie die Frage, ob Auslandsstationen möglich sein sollen. "Manche sagen gleich: Ich will bei meinen Freunden in Hamburg bleiben." Damit schlössen sich einige Ausbildungswege schon per se aus.

Annette Niebers jedenfalls rät jungen Leuten dazu, ihre Entscheidung nach persönlicher Neigung zu treffen. "Gehen Sie nicht nach irgendeiner Prognose, die Ihnen gute Berufsaussichten verspricht. Das kann sich in zehn Jahren längst wieder geändert haben."