“Freie Ausbildungsplätze als Tweet ins Netz gestellt und passende Follower als Bewerber gefunden.“ So könnte einmal die Jobsuche der Zukunft aussehen, noch ist die Realität aber weit davon entfernt, sagt Andreas Diehl, Geschäftsführer von Azubister.net.

Das Ausbildungsportal wurde vor zwei Jahren ins Netz gestellt, um Ausbildungsbetriebe, Azubis und Bewerber besser zu vernetzen: "Wie bei einer Bewerbermesse können Jugendliche ihrem Berufswunsch in Kontakt mit Azubis auf den Grund gehen", so der Gründer. In Online-Interviews erfahren die Jugendlichen, wann die Auszubildenden etwa aufstehen müssen oder wie viel sie verdienen und können nach einer kostenlosen Anmeldung auch eigene Fragen stellen. "Das ist absolut authentisch", betont Diehl. Die Lehrlinge werden von den Betrieben autorisiert, frei über ihre Erfahrungen zu sprechen. "Das kommt bei den Schulabgängern gut an." Dagegen würden der unter azubister betriebene Blog oder die Tweets über neue Ausbildungsbetriebe in erster Linie von Personalern genutzt. "Twitter ist doch überhaupt nicht der Kanal, der Jugendliche erreicht", sagt der Betriebswirt.

Der Microblogging-Dienst Twitter ist als Stellenbörse nur interessant, wenn Jobangebote von möglichst vielen Multiplikatoren weitergegeben werden. Oder wenn Bewerber für Jobangebote aus dem Online Marketing hierbei ihre Kompetenz unter Beweis stellen können: So hat der Kommunikationsberater Klaus Eck gerade eine "Social Media Stelle" getwittert, auf die man sich ausschließlich direkt in 140 Zeichen bewerben kann. "Eine ganz witzige Aktion", kommentiert Markus Willnauer, Geschäftsführer der Social Media Kommunikationsagentur Cohen-West. "Aber damit beweist Klaus Eck vor allem, dass man Twitter für die Selbstvermarktung nutzen kann." Dagegen sieht der Online-Experte bei der Mitarbeiterauswahl keinen Trend zum Twittern. "Ich will mir doch ein möglichst lebendiges Bild meiner zukünftigen Mitarbeiter machen" sagt Willnauer und zählt auf, was zum Social Media gehört: Wie wirkt die Person, wie tickt sie und welche Gemeinsamkeiten gibt es. "Referenzen von Menschen, die ich auch kenne, sind doch viel aussagekräftiger, als die Zahl irgendwelcher Follower."

Für Karriereberaterin Svenja Hofert wird Twitter schlichtweg überbewertet. "Das ist ein Hype um einen Marketingkanal." Für eine Bewerbung sei der ebenso ungeeignet wie eine SMS. "Es macht doch viel mehr Sinn, sich in einer einzigen E-Mail oder einem Brief vorzustellen als in vielen einzelnen Kurznachrichten, die der Adressant dann mühsam zusammensetzen muss."

Junge Menschen nutzen Communities wie Facebook oder SchülerVZ. Spätestens jedoch wenn ein Praktikum ansteht, sollten sich Jugendliche fragen: Was mache ich öffentlich, und welche Ansichten setze ich lieber auf privat? Eine Frage, die sich noch Studenten viel zu selten stellen, wie Hofert in ihren Trainings feststellt. "Ich mache mit den Berufseinsteigern Background-Checks, wie sie in amerikanischen Firmen längst an der Tagesordnung sind." Die Studenten sind dann immer erstaunt, wenn sie noch ihre Beiträge aus Newsgruppen und Netzwerken finden, die sie selbst bereits schon lange vergessen hatten.

"Achtet auf eure Privatsphäre", rät Markus Willnauer Schulabgängern. Facebook als Spaßprodukt gehe in Ordnung. Solange die Jugendlichen genau überlegten, wem sie welches Bild und welche Meldung verfügbar machten. "Genau das ist Medienkompetenz, und auf die kommt es an."

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