Gesichter der Wissenschaft: An der Universität Hamburg arbeiten junge Forscher an spannenden Projekten. Katja Deutsch und Marlies Fischer stellen drei von ihnen vor

Das schneeweiße Loungesofa im Aufenthaltsraum des Informatikums sieht noch völlig unbenutzt aus – viel Zeit, sich darauf auszuruhen, hat der 33Jahre junge Professor Walid Maalej nicht. „Wir forschen hier zu Software-Themen, die unsere Gesellschaft betreffen“, erklärt er. Das umfasst unter anderem mobile Dienste, kontextsensitive Tools und soziale Aspekte der Softwaretechnik.

Kontextsensitive Tools betreffen zum Beispiel Smartphones, die privat und auch beruflich genutzt werden. Oft ist es schwierig, nachzuvollziehen, wie viel man tatsächlich unterwegs oder abends zu Hause noch gearbeitet hat. „Wir versuchen gerade, automatisch zu erkennen, ob der Nutzer privat oder geschäftlich zugange ist. Dabei versuchen wir den Kontext zu erkennen. Nur anhand seiner Klicks lässt sich ablesen, ob die Nutzung beruflicher oder privater Natur ist – und dementsprechend handeln wir. Wird das Handy privat genutzt, haben die Inhalte die Firma nicht zu interessieren.“

Während Facebook und Google Nutzerprofile nach bestimmten verwendeten Stichwörtern erstellen, versucht Prof. Maalej einen anderen Weg. „Wir überlegen uns, welche Daten über den Benutzer gesammelt werden dürfen und welche nicht. Wir versuchen, die gleiche Funktionalität durch das Sammeln weniger Daten anzubieten und halten es für sehr wichtig, dass diese Daten auf dem Gerät des Nutzers bleiben. Dann kann man damit sogar den Nutzer selbst schützen.“ Was hier akzeptabel ist, ist eine der wichtigsten Fragen, denen das Forschungsteam nachgeht. Bei der Diskussion dieser Themen ist sein Alter ein Vorteil, denn „Kontextsensitive Tools“ und „Agile Methoden“ behandeln Fragestellungen von Möglichkeiten, die erst seit wenigen Jahren existieren.

Geboren und aufgewachsen ist Walid Maalej in der tunesischen Küstenstadt Sfax. Als einer der 20 besten Abiturienten seines Jahrgangs bekam er die Chance auf ein Stipendium in Frankreich, Deutschland oder Kanada. „Das zu bekommen, ist wie ein Sechser im Lotto“, schwärmt er. „Ein Notendurchschnitt von 1,0 reicht nicht – man braucht auch noch Glück.“ Er wurde ausgewählt und entschied sich für Deutschland, denn die deutsche Kultur und Ingenieurskunst haben ihn schon früh fasziniert.

An der TU München studierte er Informatik und parallel dazu Technologiemanagement. Nach einem Jahr in Singapur promovierte Maalej und stand vor der wichtigsten Frage seines Lebens: beraten oder forschen? Walid Maalej entschied sich fürs Forschen. Es war die richtige Entscheidung: von academics wurde er zum Nachwuchswissenschaftler des Jahres gekürt, und außerdem mit dem ACM SIGSOFT Distinguished Paper Award ausgezeichnet. Gerade erhielt er von Microsoft Research die Auszeichnung „Software Engineering Innovation Foundation“ (SEIF-Preis). Seit eineinhalb Jahren lebt, forscht und lehrt Maalej in Hamburg und betreut zehn Doktoranden.

Ein zweiter Schwerpunkt seiner Forschung ist die Entwicklung „Adaptiver Systeme“. Ein Proband wird beispielsweise während seiner Handynutzung beobachtet und analysiert. Beispielsweise können daraus Rückschlüsse zur Verbesserung der Software gezogen werden. Dabei gibt es klare Anforderungen an die Privatsphäre, die „Privacy Requirements“, die Maalej demnächst auf einer internationalen Tagung in Indien präsentieren wird. Der Nutzer soll sehen, was über ihn gesammelt wird, und er soll Nein dazu sagen können. „Crowd Sourcing“, die Demokratisierung von Softwareentwicklung, ist ein weiterer Forschungsschwerpunkt. „Wir machen gerade viele Studien über Feedback zu Apps, damit Entwickler und Manager von Softwareteams daraus eine bessere Software entwickeln, die die Nutzerkommentare berücksichtigt.“