Brot, Kuchen, Torten – Bäcker sind jeden Tag von Leckereien umgeben. Langschläfer haben jedoch in diesem Beruf schlechte Karten

Ich bin morgens um neun Uhr mit Massimo Cala verabredet – für viele Menschen eine mehr oder weniger „normale“ Zeit, um den Arbeitstag zu beginnen. Massimo begrüßt mich gut gelaunt mit wachem Blick und bietet mir erst einmal einen Kaffee und ein leckeres Croissant an. Von Müdigkeit zeigt er keine Spur, dabei ist er bereits seit halb vier auf den Beinen. „Früh aufzustehen ist eben Teil des Jobs, darüber muss man sich im Klaren sein“, sagt Massimo lachend.

Der 19-Jährige hat im letzten Monat seine dreijährige Ausbildung zum Bäcker erfolgreich abgeschlossen. Gelernt hat er in der Bäckerei Stechmann in Schnelsen, die seit 1929 in Familienbesitz ist. Massimo ist der Enkel von Peter Stechmann, der mit seinen 70 Jahren noch immer jeden Tag in der Backstube steht, und auch seine Mutter arbeitet in der Bäckerei. „Es hat viele Vorteile, in einem Familienunternehmen zu arbeiten“, berichtet Massimo. „Man kann sich zum Beispiel gut absprechen, wenn es um die Einteilung der Arbeitszeiten geht. Und es macht großen Spaß, gemeinsam neue Rezepte für Brote, Brötchen und Kuchen zu entwickeln.“

Der Bäcker-Beruf ist ideal für Leute, die gern kreativ und handwerklich tätig sind und die gern mit Lebensmitteln arbeiten möchten. Während der Ausbildung lernen die angehenden Bäcker, wie man Roggen-, Weizen- und Mischbrote oder andere Spezialbrote herstellt. Außerdem erfahren die Bäckerlehrlinge, worauf es bei der Produktion von frischen Brötchen, Hefezöpfen, Stollen und Snacks ankommt. Bei seiner Gesellenprüfung musste Massimo als krönenden Abschluss eine aufwendige Torte backen. Er entschied sich für ein gigantisches Backwerk mit viel Schokolade und Eierlikör, das er nach der Prüfung dann an alle seine Freunde verteilt hat.

Bei der Herstellung kommen viele verschiedene Maschinen und Geräte zum Einsatz: von der Waage über Ausroll- und Knetmaschinen bis hin zu Pressen zum Formen der Brötchen. „Dadurch wird die Arbeit sehr erleichtert. Dennoch sollte man körperlich einigermaßen fit sein, da man immer mal wieder etwas Schweres tragen muss. Zudem kann es in der Backstube sehr heiß werden“, sagt Massimo.

Neben der Herstellung der Backwaren gibt es im Betrieb noch weitere wichtige Themen, mit denen man sich während der Ausbildung beschäftigen muss: Arbeits- und Umweltschutz, Unfallverhütung und Hygiene zum Beispiel. Außerdem sammeln fast alle Lehrlinge Erfahrungen im Verkauf an der Ladentheke oder helfen beim Ausfahren der Backwaren. Das für diese vielfältigen Aufgaben nötige Rüstzeug lernen die Auszubildenden auch in der Berufsschule, wo Fächer wie Mathe, Technologie, Politik, Wirtschaft, Deutsch und Englisch an der Tagesordnung sind. „Vor allem in Mathe hatten viele in meiner Klasse immer mal wieder einen Hänger“, sagt Massimo.

Jan-Henning Körner, Obermeister der Bäcker-Innung Hamburg, kennt das Problem. „Deshalb sollten Bewerber für eine Ausbildung zum Bäcker außer respektablen Deutsch-Noten auch einigermaßen gute Zensuren in Mathematik mitbringen“, berichtet er. Zwischen 20 und 25 junge Leute beginnen in Hamburg jedes Jahr ihre Bäckerlehre. „Bewerben kann man sich direkt in den Bäckereien, wo es derzeit noch etliche freie Stellen gibt. Wer da nicht weiterkommt, dem wird selbstverständlich auch bei der Innung weitergeholfen“, erklärt Körner.

An die Arbeitszeiten werden die Bäcker-Azubis langsam herangeführt: Mit 16 Jahren dürfen sie laut gesetzlichen Vorschriften nicht vor fünf Uhr morgens anfangen. Alle, die älter als 17 sind, werden dann ab vier Uhr zur Arbeit gebeten. Das frühe Aufstehen hat aber auch viele Vorteile: Wer früher anfängt, hat auch früher Feierabend. Massimo zum Beispiel genießt es sehr, nachmittags frei zu haben, wenn die meisten seiner Freunde noch arbeiten müssen. Er nutzt die Zeit für seine Hobbys: Skaten und Surfen. Bei den Deutschen Surf-Meisterschaften, an denen er schon dreimal teilgenommen hat, ist ihm schon der Sprung bis ins Halbfinale gelungen. Und nebenbei findet er sogar auch noch die Zeit, in einem Surfladen zu jobben.

Wenn es um seine Karriere als Bäcker geht, backt er ebenfalls keine „kleinen Brötchen“. Irgendwann will er noch zur Meisterschule gehen, um dann gut dafür gerüstet zu sein, eines Tages die Bäckerei Stechmann zu übernehmen. Doch jetzt hat er zunächst etwas ganz anderes vor: Zur Belohnung für die bestandene Gesellenprüfung hat er sich eine dreimonatige Auszeit genehmigt. Zusammen mit seinem Freund Lukas will er im VW-Bus eine Europa-Tour machen. Wenn er zurück nach Hamburg kommt, wird er vielleicht auch Ideen für neue Leckereien im Gepäck haben. Denn in Frankreich, Spanien oder Italien gibt es schließlich auch viele gute Bäckereien, wenngleich ihre Auswahl an Brötchen und Broten natürlich längst nicht an die Auswahl hiesiger Bäckereien heranreicht.