Berlin. Von wegen unproduktiv: Das Homeoffice kann für viele Menschen positiv sein. Damit die Arbeit zu Hause nicht in Stress ausartet ist es allerdings wichtig, dass es klare Absprachen gibt.

Am Anfang war das Arbeiten zu Hause infolge der Corona-Krise Stress pur: Kinderbetreuung, am Couchtisch sitzen und schwer abschalten können. Doch mit der Zeit klappte es für viele mit dem Homeoffice immer besser.

Damit sich Beschäftigte an die Arbeit daheim gewöhnen und vielleicht sogar produktiver sein können, müssen aber verschiedene Bedingungen erfüllt sein, erklärt Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability Ludwigshafen (IBE).

So sollten mit dem Arbeitgeber oder den direkten Vorgesetzten die Arbeitspakete klar formuliert werden: Für alle Beteiligten sollte eindeutig sein, was zu tun ist, bis wann es zu leisten ist und wie das Ergebnis idealerweise aussehen sollte. "Ansonsten verliere ich mich in diesem Nirwana", mahnt die Professorin.

Auch mit den Kollegen ist eine transparente Kommunikation das A und O: Wann finden Meetings statt, welche Kommunikationskanäle werden genutzt? Auch die Frage, wie die Kollegen und man selber erreichbar ist, müsse bei Homeoffice-Arbeit geklärt sein, sagt Rump.

Homeoffice führt dazu, dass man sich Aufgaben besser einteilen kann als im Büro, so die IBE-Direktorin. Dabei helfen kann es, sich den Arbeitstag zu strukturieren, zum Beispiel mit einer To-do-Liste.

Auf Pausen und klare Familienregeln achten

Es bestehe allerdings auch die Gefahr der Selbstausbeutung im Homeoffice. Daher sei es wichtig, "darauf zu achten, dass es einen Anfang und ein Ende gibt. Und dass es eine Pause gibt", mahnt Rump.

Am häufigsten werde vernachlässigt, dass es auch für die Familie klare Homeoffice-Regeln geben müsse, sagt die Expertin: Schnell mal einkaufen oder zwischendurch den Rasen mähen, weil der Partner einen darum bittet, geht zum Beispiel nicht. Denn so bleibt unter Umständen die eigentliche Arbeit liegen. Rump rät zu festen Regeln wie: "Der Rasen wird gemäht, wenn wir Feierabend haben. Oder am Wochenende."

Studie: Homeoffice wirkt positiv

Weniger Stress, mehr Zeit für die Familie und sogar eine höhere Produktivität: Der Wechsel ins Homeoffice infolge der Corona-Krise war für viele Arbeitnehmer eine positive Erfahrung. Das geht aus einer Studie der Krankenkasse DAK hervor.

Fühlten sich vor der Pandemie 21 Prozent der Beschäftigten regelmäßig gestresst, waren es während der Corona-Krise nur 15 Prozent. Der Anteil der Erwerbstätigen, die nie oder nur gelegentlich gestresst waren, stieg unterdessen von 48 auf 57 Prozent.

Die Forschungsinstitute IGES und Forsa hatten für die DAK-Studie vor und während der Pandemie jeweils rund 7000 Beschäftigte befragt. Von denjenigen, die mittlerweile regelmäßig zu Hause arbeiten, sagten 56 Prozent, sie seien dort produktiver als im Büro. Zwei Drittel erklärten zudem, sie könnten Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren. Ähnlich viele freuen sich über den Zeitgewinn, seit das Pendeln zum Arbeitsplatz weggefallen ist.

"Von zu Hause aus zu arbeiten, senkt nicht nur die Ansteckungsgefahr vor Virusinfektionen, sondern zahlt sich auch für das seelische Gleichgewicht aus", bilanzierte DAK-Vorstandschef Andreas Storm. Die positiven Erkenntnisse müsse man für die Zukunft nutzen - "ohne die negativen Aspekte des Homeoffice zu übergehen, die es ebenfalls gibt". Denn fast jeder Zweite vermisst laut der Studie die klare Trennung zwischen Job und Privatleben. Bei den 18- bis 29-Jährigen bemängelt das sogar eine Mehrheit von 52 Prozent. Drei Viertel der Befragten fehlt zudem der direkte Kontakt zu den Kollegen.

Doch viele Betroffene wollen das Homeoffice trotzdem nicht mehr missen: 76,9 Prozent der Beschäftigten, die erst seit der Corona-Krise regelmäßig in der eigenen Wohnungen arbeiten, möchten diese Arbeitsform auch in Zukunft - zumindest teilweise - beibehalten.

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