Berlin. Wer talentiert ist und Leidenschaft besitzt, wird in Leistungszentren auf eine Karriere im Sport vorbereitet. Junge Berliner berichten.

Wer sich für eine Profikarriere im Sport entscheidet, schwenkt früh auf einen Sonderweg ein. Training und Wettkämpfe bestimmen den Tagesablauf, Schule wird dabei schnell zur Nebensache.

Damit sich talentierte Nachwuchsathleten auf ihren Sport konzentrieren können, aber trotzdem einen Schulabschluss machen, gibt es in Deutschland 43 Eliteschulen des Sports. Darunter ist auch das Schul- und Leistungssportzentrum Berlin (SLZB). Dort werden Jungen und Mädchen in 17 Sportarten gefördert, darunter Eiskunstlauf, Schwimmen und Volleyball.

Von der Schule fürs Training freigestellt

Dort macht auch Basketballspieler Jonas Mattisseck im Sommer sein Abitur. „Wir werden von der Schule fürs Training freigestellt und bekommen den verpassten Stoff per E-Mail zugeschickt“, erzählt der 18-Jährige, der bei Alba Berlin auf der Position Point Guard (Aufbauspieler) spielt. „Und wenn ich es dann nicht schaffe, den Stoff allein aufzuarbeiten, gibt es die Möglichkeit, Extrastunden zu nehmen.“

Mattisseck ist mit neun Jahren zum Basketball gekommen. „Vorher habe ich Fußball gespielt, bis ich mal einen Freund zum Basketball-Training begleitet habe und zuschauen wollte.“ Davon hielt der Trainer dort gar nichts. „Da hieß es, hier wird nicht zugeschaut, nur mitgemacht – und das hat so viel Spaß gemacht, dass ich gewechselt bin.“

Hoch hinaus wollte das Nachwuchstalent mit einer Körpergröße von 1,93 Meter von Anfang an. Von einer Profi-Karriere habe er schon beim Fußball geträumt. Nur sei da der Traum noch recht vage gewesen, sagt Mattisseck. „Aber jetzt komme ich Stück für Stück an einen Punkt, an dem der Traum tatsächlich Realität wird.“

Ausbildungsvertrag mit Alba

Jonas Mattisseck hat einen Ausbildungsvertrag mit Alba Berlin. „Das ist ein von der Basketball-Bundesliga entwickelter Standardvertrag, mit dem jungen Talenten eine bessere medizinische Versorgung und grundsätzlich eine bessere Absicherung ermöglicht wird, bevor es zum eigentlichen Profivertrag kommt“, erklärt er.

Im Sommer, parallel zu seinem Schulabschluss, muss Mattisseck über seine nächsten professionellen Schritte entscheiden. Konkret möchte er noch nicht werden, nur so viel: „Ich fühle mich sehr wohl in Berlin.“

Ein Sprung über den Großen Teich irgendwann würde ihn allerdings schon reizen. „In den USA gibt es die stärkste Liga der Welt mit den besten Spielern der Welt – natürlich würde ich da gern mitspielen“, so Mattisseck.

Voraussetzung dafür ist Leidenschaft und unbe­dingter Wille, sagt der Basketballer. „Man muss lieben, was man tut. Wer den Sport nicht liebt, gibt irgendwann auf. Denn eine Profikarriere ist hart.“

Auf der Suche nach Fußballernachwuchs

Nach den ersten Funken einer solchen Leidenschaft hält Benjamin Weber (38) Ausschau. Er leitet die Hertha BSC Fußball-Akademie und ist immer auf der Suche nach vielversprechendem Fußballernachwuchs.

Benjamin Weber leitet die Hertha BSC Fußball-Akademie.
Benjamin Weber leitet die Hertha BSC Fußball-Akademie. © City-Press GbR | Jan-Philipp Burmann

„Freude an der Bewegung ist erst mal das Wichtigste, wir reden hier von Kindern“, sagt er. „Später kommen Disziplin, Leistungswille, Können und Ehrgeiz dazu – die spezielle Mischung, die auch Talent genannt wird.“

Seit 2001 werden auf dem Gelände des Olympiaparks Fußballtalente ausgebildet. Ihr Weg führt vielleicht, aber längst nicht immer in den Profisport. „Darum verfolgen wir beim Hertha-Weg die Kombination von Schule plus Fußball plus Persönlichkeitsentwicklung“, so We­ber.

Berufswunsch: Fußballprofi

250 Jungen, die jüngsten acht Jahre alt, werden in der Akademie betreut. „Von den 20 bis 40 Jugendlichen aus der U19 und U23 schaffen es dann etwa zwei in den Profibereich“, sagt der Akademie-Leiter. Darum sei die Unterstützung hin zu einem guten Schulabschluss und darüber hinaus zu Studium oder Ausbildung so wichtig.

„Wir arbeiten sehr eng mit der Sportschule im Olympiapark, dem Schul- und Leistungssportzentrum zusammen, kooperieren darüber hinaus mit Berufsbildungswerken und dem IST-Studieninstitut und versuchen den Jugendlichen möglichst individuelle Wege in Kombination mit dem Fußball zu ermöglichen.“

Schwierigkeiten, Nachwuchs zu akquirieren, hat Weber nicht. „Fußballprofi werden“ steht bei Jugendlichen immer noch ganz oben auf der Wunschliste. „Auf jeden Fall bei denen, die kicken“, sagt Benjamin Weber.

Natürliches Karriereende mit Anfang 30

„Die träumen davon, einmal in einem großen Stadion zu spielen und zeigen zu dürfen, was sie können. Und die Spieler, die sie im Fernsehen erleben, sind ihre Idole, denen eifern sie nach.“ Die Vorstellung von Ruhm und Geld spiele zwar durchaus eine Rolle, „aber gerade bei den Kleinen ist es der Spaß am Fußball selbst“.

Wer sich für eine Profi-Karriere interessiert, sollte aber eines nicht außer Acht lassen: „Eine Fußballkarriere kann von einem Tag auf den anderen verletzungsbedingt beendet sein“, warnt Weber. „Und ihr natürliches Ende findet sie in der Regel mit Anfang 30.“

Darum versucht er, seine Schützlinge möglichst früh dafür zu sensibilisieren, dass sie einen Plan für ihre zweite Karriere nach dem aktiven Fußballerleben brauchen. Sportbegeisterte Jugendliche auch für die Schule zu interessieren, ist dabei nicht ganz einfach. Doch es kann gelingen. „Wir haben hier Jugendliche mit 1,0 oder 1,2 im Abitur“, sagt Weber. Die Schulabschlüsse eröffnen ihnen Wege abseits vom Profisport.

Profivertrag mit 17 unterschrieben

Eishockey-Spieler Kai Wissmann gehört zu denen, die es in eine Profiliga geschafft haben. Der 22-Jährige ist Verteidiger bei den Eisbären Berlin. Seinen Profivertrag unterschrieb er mit 17 Jahren. „Das ist ein relativ normales Alter, zum Ende der Nachwuchsliga hin“, erklärt er.

Kai Wissmann mit den Eisbären in der Mercedes Benz Arena in Berlin.
Kai Wissmann mit den Eisbären in der Mercedes Benz Arena in Berlin. © picture alliance / nordphoto | nordphoto / Engler

Natürlich ist der Sprung von der Nachwuchs- in die Profiliga ein großer Erfolg, doch bedeutet ein Profivertrag noch längst nicht, dass der Spieler auch viel „Eiszeit“ (Einsatzdauer) hat. „Ich habe damals aufgrund einer hohen Verletzungsrate im Profilager relativ schnell viel spielen können“, erzählt Wissmann. „Doch ich habe auch von der Kooperation meines Clubs mit den Dresdner Eislöwen profitiert.“

Die Kooperation zweier Clubs aus der ersten (Eisbären) und zweiten (Eislöwen) Liga dient der gemeinsamen Talententwicklung und ermöglicht es jungen Spielern, Praxis zu bekommen. „Nur durch Eiszeit lässt sich das eigene Können beweisen. So wird man gesehen“, sagt der 22-Jährige. „Nichts ist schlimmer, als auf der Bank sitzen und zuschauen zu müssen.“

Mit 15 Jahren ins Sportinternat

Wissmann stand schon mit drei Jahren auf dem Eis. „Mit vier kam der Stock hinzu“, erzählt er. Um seinen Traum von der Profikarriere zu verfolgen, ging er mit 15 Jahren nach Berlin ins Internat des SLZB.

Am Anfang hatte er etwas Heimweh. „Doch im Internat sind viele in der gleichen Situation, da bildet sich schnell eine gute Gemeinschaft.“ Zudem sei die Mannschaft wie eine kleine Familie, findet er. „Man verbringt viel Zeit miteinander, isst und trainiert zusammen und verfolgt die gleichen Ziele und Leidenschaften.“

Das sei auch gut fürs Durchhaltevermögen. „In jeder Sportlerkarriere gibt es Hochs und Tiefs. Da ist es wichtig, bei sich zu bleiben und nicht zu verzweifeln“, sagt Kai Wissmann. Gerade bei Verletzungen: „Eishockey ist der schnellste und härteste Mannschaftssport, den ich kenne.“ Da bleiben Verletzungen trotz Schutzkleidung und Krafttraining nicht aus.

Regenerieren, wenn andere feiern

Und noch etwas müssen Jugendliche wissen, die mit dem Profisport liebäugeln: Auch ihr Lebenswandel sollte ähnlich diszipliniert sein wie ihr Training. Während Gleichaltrige abends feiern gehen, müssen sie regenerieren.

„Es stimmt schon, wenn andere freihaben, spielen wir oder reisen in Deutschland und Europa umher“, bestätigt Kai Wissmann. „Aber das ist kein Verzicht, sondern man freut sich auf jedes einzelne Spiel.“