Berlin. Max Duchardt gestaltet Verpackungen. Seine Erfahrung mit der Branche: Verlässlich und freundlich sein, dann ist der Kalender auch voll.

Vor ihm steht ein Flat White mit Sidamo-Espresso. „Ein starker Cappuccino, der trotz seiner fruchtigen Nuancen einen kräftigen, schokoladigen Körper hat.“ Mit Kaffee kennt Max Duchardt sich aus. „Als Designer ist es wichtig, umfassendes Wissen über das Produkt zu haben.“

Bei einem Berliner Kaffee-Start-up hatte er seine erste Festanstellung. Inzwischen ist der 28-Jährige selbstständig.

Duchardt erzählt, dass er in der Schule lieber Graffitis malte, anstatt zu lernen. „Ich habe Schule verabscheut.“ Bis er gemerkt hat, „dass man mit Malen Geld verdienen kann“. Nach dem Realschulabschluss absolvierte er eine schulische Ausbildung zum Grafikdesigner in Ulm. Später ging er zum Studieren an die Fachhochschule Salzburg.

Schon während der Ausbildung habe er gemerkt, dass es ein gutes Gefühl ist, „wenn anderen gefällt, was man gerne macht“. Jedoch müssten Designer auch lernen, sich am Markt zu orientieren. „Wenn sich später etwas gut verkauft, macht das den Designer glücklicher, als wenn er designt, was er selbst supergeil findet, das aber keiner haben will.“

Vom Praktikum in die Festanstellung

Während seines Praxissemesters zum Abschluss des Bachelorstudiums Design- und Produktmanagement kam er zu Coffee Circle nach Berlin. Dort absolvierte Duchardt ein Praktikum in der PR- und Marketing-Abteilung.

Die Stellenausschreibung des Start-ups hatte ihn angesprochen. „Die waren die Einzigen, die statt unemotionaler Ausschreibungen ein Video hatten, mit dem sie sich vorstellten.“

Ins Thema Kaffee „reingestolpert“

Im Bewerbungsgespräch sei es dann „Liebe auf den ersten Blick“ gewesen, erzählt Max Duchardt. „Ich hatte vorher nichts mit Kaffee zu tun, bin da total reingestolpert. Ich wusste nur, dass das mit was Sozialem gekoppelt war. Das fand ich interessant.“

Als er erst einmal in Berlin war, gab es kein Zurück – obgleich er sich für das Masterstudium an der Fachhochschule Salzburg schon eingeschrieben hatte. „Ich wollte nicht zurück in dieses Dorf“, sagt er und meint die Gemeinde Kuchl, wo die FH einen Standort hat.

Duchardt verlängerte das Praktikum und bekam anschließend eine Festanstellung in der Design-Abteilung. Er war damals 23, unter den Festangestellten einer der Jüngsten. Der Verpackungsdesigner spürte, dass er anerkannt war. „Ich konnte bei Meetings dabei sein, und meine Meinung war wichtig.“

Kollegen wurden zu Freunden

Seine Kollegen wurden seine Freunde. „Coffee Circle galt als Wunderkind am Start-up-Himmel“, sagt er. Duchardt kniete sich rein, wollte alles über Kaffee wissen. „Es ist unglaublich wichtig, dass du Nischen verstehst und weißt, was das Produkt ausmacht“, erklärt er.

Irgendwann kannte er die „ganze Kette“, von der Ernte bis zur Espressomaschine. „Ich wusste die Modelle auswendig, wusste, was Neues rauskommt. Wie bei neuen Autos.“

Auch das Wissen aus dem Studium half. Wenn ein Kaffee viermal so teuer ist wie der normale, dürfe die Verpackung nicht billig wirken. „Auf der anderen Seite darf die Verpackung nicht zu teuer sein, um das Unternehmen am Laufen zu halten und die soziale Komponente halten zu können.“

Trotz Umstrukturierung nicht entlassen

Als sein Arbeitgeber umstrukturiert habe, Kollegen entlassen wurden, sei ihm klar geworden: „Es ist immer noch ein Unternehmen. Weil das so emotional aufgeladen war, hatte ich das vergessen.“ Aber er merkte auch: „Ich bin so existenziell für das Unternehmen, dass ich nicht entlassen werde.“

Parallel zum Vollzeitjob baute sich Duchardt mit Freund und Kollege Mathias Steigerwald etwas Eigenes auf. Sie hätten überlegt: „Wie machen wir etwas Simples wie ein Kaffee-Catering einzigartig?“ So entstand die Firma König Koffein.

„Wir waren die Hof-Baristas des Königs, Mr. Bean und Dr. Extraktion. Wir haben eine ganze Geschichte darum gesponnen.“ Die skurrile Story um König Koffein, der unerkannt bleiben will, aber alle Hunde dieser Welt zu seinen Stellvertretern machte, kam an.

Hund sind sehr marketingkräftig

Duchardt lacht noch heute über den Einfall. Hunde seien unglaublich marketingkräftig, sagt er. Einige Kunden hätten sie einzig der Hunde auf der Webseite wegen gebucht.

Ihr mobiles Café haben sie selbst designt. Sie ließen es von einem befreundeten Schreiner bauen. Dafür legten sie ihr Erspartes zusammen. Viel Risiko gab es nicht. „Kaffeemaschinen sind sehr wertstabil.“

Duchardt sagt: „Wir haben nie Geld von außen gebraucht, hatten keine externen Berater.“ Sie hätten sich darum nie Start-up genannt. „Wir haben immer gesagt, wir sind ein solides Kleinunternehmen.“ So solide, dass er nach dreieinhalb Jahren die Festanstellung kündigte.

Freundlich sein und immer die Ruhe bewahren

Warum sie von Anfang an Erfolg hatten? „Du musst zuverlässig sein, dann hast du einen vollen Terminkalender“, sagt Max Duchardt. Außerdem: „Freundlich sein, gut drauf sein und immer die Ruhe bewahren.“

Das sei auch heute in seiner Solo-Selbstständigkeit das Erfolgsrezept. Als ihm das Catering zu eintönig wurde, habe er mit seinem Partner offen diskutiert und den Ausstieg ein halbes Jahr lang vorbereitet. „Fair und kollegial.“

Anruf am letzten Urlaubstag

Doch bevor sich Duchardt als Verpackungs- und Markendesi­gner selbstständig machte, nahm er erst einmal vier Wochen Urlaub. Am letzten Urlaubstag meldete sich ein Mitarbeiter vom Social-Start-up „share“ mit dem ersten Auftrag.

Sie hatten sich erkundigt, wer die Coffee-Circle-Verpackung designt hatte. So waren sie auf ihn gekommen. „Ich habe gesagt: Du wirst es nicht glauben, aber ab morgen bin ich selbstständig und voll für euch da. Und dann habe ich gleich Vollgas gegeben“, erzählt Max Duchardt.

„Ich weiß nicht, warum mir so was immer dann in den Schoß fällt, wenn es notwendig wird.“