Bonn. Bildungsexpertin Silvia Hofmann über Vor- und Nachteile des dualen Studiums. Der umfassenden Ausbildung steht viel Arbeit gegenüber.

Silvia Hofmann ist Referentin beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Sie verantwortet das Portal „Ausbildungplus“. Mit Dagmar Trüpschuch sprach sie über die Herausforderungen des dualen Studierens.

Frau Hofmann, was muss man sich unter einem dualen Studium vorstellen?

Silvia Hofmann: Es ist ein Studium, das in der Regel an einer Fachhochschule, Berufsakademie oder einer Universität stattfindet und mit einer integrierenden Berufsausbildung beziehungsweise Praxisphasen in einem Unternehmen verzahnt ist.

Silvia Hofmann ist Referentin beim Bundesinstitut für Bildung (BIBB) für das Fachportal „Ausbildungplus“
Silvia Hofmann ist Referentin beim Bundesinstitut für Bildung (BIBB) für das Fachportal „Ausbildungplus“ © Edmund Schenk | Edmund Schenk

Fachhochschulen sind die Marktführer, Berufsakademien ziehen gerade nach, Universitäten sind seltener die Anbieter. Wir sprechen von einem „hybriden Bildungsformat“, weil es eine Verbindung zwischen hochschulischer und beruflicher Bildung gibt.

Mindestens zwei Lernorte sind miteinander verbunden, zwischen denen in regelmäßigen Abständen gewechselt wird. Die Hochschulen öffnen sich also stärker für die Praxis, und die Praxis ist stärker wissensbasiert.

Welche Fächer sind möglich?

Hofmann: Wenn sich die Lehrpläne der Hochschulen in Abstimmung mit den Unternehmen entwickeln, ist theoretisch alles möglich. Aber nicht alles ist interessant. Das duale Studium ist an klassische Ausbildungsberufe gekoppelt und wird hauptsächlich dort zu finden sein, wo es einen hohen Praxisanteil gibt.

Viele duale Studiengänge gibt es in der Informatik, im Ingenieurwesen und in den Wirtschaftswissenschaften. In den letzten Jahren ist auch das Angebot im Sozialwesen und in den Pflegestudien­gängen stark gewachsen.

Es gibt unterschiedliche Modelle?

Hofmann: In der Erstausbildung gibt es das ausbildungsintegrierende und das praxisintegrierende Format. Im ausbildungsintegrierenden Modell erwerben die Studierenden zwei Abschlüsse – einen Berufsabschluss wie bei einer dualen Berufsausbildung und einen Bachelorabschluss.

Das duale Studium endet jedoch nicht prinzipiell mit zwei Abschlüssen. Bei der praxisintegrierenden Form führen die berufspraktischen Anteile nicht zum Berufsabschluss. Das Format endet mit dem Bachelorabschluss, hat im Vergleich zu den klassischen Studiengängen jedoch größere Praxisabschnitte.

Für wen ist dual studieren geeignet?

Hofmann: Voraussetzung ist die Fachhochschulreife oder die Hochschulreife. Es ist ein Studium für leistungsstarke Schülerinnen und Schüler. Dieses Modell hat einen hohen Anspruch an die Studierenden: Sie brauchen sehr viel Selbstdisziplin, gutes Organisationstalent und sehr gutes Zeitmanagement.

Es ist sehr herausfordernd, denn sie machen ja zum Beispiel in der ausbildungsintegrierenden Form zwei Abschlüsse in drei bis fünf Jahren. Wir zählen insgesamt jedoch nur sieben Prozent Studienabbrecher. Das heißt, dass die Studierenden sehr bewusst die Entscheidung für diese Ausbildungsform treffen. Die wissen genau, was sie wollen.

Was sind Vor- und Nachteile?

Hofmann: Der Vorteil für Studierende ist einfach, dass sie von Anfang an die Praxisnähe haben und die enge Verzahnung zwischen Theorie und Praxis. Zudem haben sie in der Regel bereits ein eigenes Einkommen während des Studiums in Höhe der Ausbildungsvergütung.

Ein Nachteil ist die doppelte Belastung während des Studiums, und sie haben weniger Urlaub als ihre Kommilitonen aus den klassischen Studiengängen. Während die Semesterferien haben, müssen die dual Studierenden arbeiten.

Aber: Nach dem Studium haben sie aufgrund der Praxiserfahrung große Karrierechancen und die Möglichkeit, von ihrem Arbeitgeber übernommen zu werden.