Berlin. Wer sein duales Studium gut bewältigt hat, kann sich im Anschluss über einen Berufsabschluss und einen Bachelorgrad zugleich freuen.

Ein duales Studium ist eine Chance, später einen sicheren Berufsstart zu haben. Da sind sich Gaston Jacob, Patrick Wetz­old und Marius Bäsler einig. Alle drei haben sich deswegen für diese Studienform entschieden – doch jeder von ihnen geht einen anderen Weg.

Gaston Jacob steht noch am Anfang seiner Karriere als dualer Student: Vor knapp drei Wochen, am 1. September, hat er seine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik aufgenommen.

Duales Studium: Berufsabschluss plus Studium

Eingeschrieben ist er an der Beuth Hochschule für Technik im Fach Elektrotechnik – und zwar in der sogenannten ausbildungsinte­grierenden Studienform. Im ausbildungsintegrierenden Modell erwerben die Studierenden zwei Abschlüsse – einen Berufsabschluss und einen Bachelorabschluss.

Es gibt aber auch die sogenannte praxisintegrierenden Form. Dabei führen die berufspraktischen Anteile nicht zum Berufsabschluss. „Das Format endet mit dem Bachelorabschluss, hat im Vergleich zu den klassischen Studiengängen jedoch größere Praxisabschnitte“, erläutert Silvia Hofmann vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB).

Duales Modell: Zwei Wochen Firma, eine Woche OSZ

Gaston Jacobs Arbeitgeber ist Elektrotechniker Karol Seeger. In seinem Betrieb erlernt der 21-Jährige das Handwerk. Immer im Wechsel, zwei Wochen in der Firma und eine Woche am Oberstufen­zen­trum Technische Informatik, Industrieelektronik, Energiemana­gement (TIEM) wird Jacob in zwei Jahren auf den Abschluss als Elek­troniker für Betriebstechnik vorbereitet.

Nach Abschluss der Berufsausbildung startet er mit dem vierten Fachsemester in die zweijährige Hochschulausbildung des Bachelorstudiengangs Elektrotechnik an der Beuth Hochschule. Dann wird Gaston Jacob im Wechsel drei Monate die Hochschule besuchen und drei Monate im Unternehmen arbeiten.

Insgesamt vier Jahre dauert die Ausbildung, an deren Ende er einen Abschluss der Industrie- und Handelskammer (IHK) und als Ba­chelor of Engeneering im Fach Elektrotechnik haben wird.

Erster dual Studierender in Seegers Betrieb

Mit der Ausbildung von Gaston Jacob betritt Karol Seeger Neuland. Sein ehemaliger Praktikant ist der erste dual Studierende, den er ausbildet. Der Arbeitgeber denkt dabei an qualifizierten Nachwuchs, auch für die RTW Architekten- und Ingenieurgesellschaft, deren Geschäftsführer er ebenfalls ist.

Neben seiner handwerklichen Ausbildung in der Elektrotechnik wird Jacob einige Schnupperstunden bei der RTW nehmen, um den Ingenieurberuf kennenzulernen. „Wir brauchen Ingenieure mit einer guten handwerklichen Ausbildung und Praxiserfahrung“, sagt Seeger.

Nach dem Abschluss ist die Übernahme sicher

„Das duale Studium erscheint mir dafür Erfolg versprechend.“ Läuft alles gut, hat Gaston Jacob in vier Jahren eine feste Stelle als Ingenieur bei der RTW.

Auch Patrick Wetzold (21) hat die Garantie, nach dem Ende seines Studiums im September 2019 übernommen zu werden – erst einmal für ein Jahr. Er hat sich für die praxisintegrierende Studienform und das Fach Konstruktion und Fertigung an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) entschieden.

HWR-Student Patrick Wetzold ist Student an der HWR und gleichzeitig Azubi bei den Berliner Wasserbetrieben.
HWR-Student Patrick Wetzold ist Student an der HWR und gleichzeitig Azubi bei den Berliner Wasserbetrieben. © Privat | Privat

Den Arbeitsvertrag hat er mit den Berliner Wasserbetrieben abgeschlossen, die zurzeit fünf duale Studiengänge anbieten. Jedes Semester besteht aus einer zwölfwöchigen Studien­phase und einer ebenso langen Praxisphase. Am Ende des sechssemestrigen Studiums hat Patrick Wetzold einen Abschluss als Bachelor of Engeneering.

„Wenn man sich für ein duales Studium entscheidet, muss man früher als andere anfangen, sich zu informieren“, sagt Wetzold. Denn es gelte ja nicht nur den Ausbildungsstart zu berücksichtigen, sondern auch die Einschreibefristen an den Hochschulen zu beachten.

HWR mit 2000 dualen Studienplätzen

Über die Plattform ausbildungplus.de des BIBB stieß er auf das Angebot der HWR, die nach eigenen Angaben mit mehr als 2000 Studienplätzen das größte Angebot für dual Studierende in Berlin und Brandenburg hat.

18 duale praxisintegrierende Studienprogramme in den Bereichen Wirtschaft und Technik in Zusammenarbeit mit etwa 700 Unternehmen bieten den Studierenden die Verknüpfung von akademischem Wissen und praktischer Berufserfahrung.

In der Ausbildung: Mit Kollegen auf Außeneinsätzen

Das Angebot der HWR sagte Wetzold zu. Er suchte sich einen Ausbildungsbetrieb, der mit der HWR kooperiert, und landete bei den Berliner Wasserbetrieben. Das war im Jahr 2016. Seitdem begleitet Patrick Wetzold seine Kollegen auf Einsätze. Er wird aber auch in der Ingenieurabteilung des Fachbereichs Planung und Bau eingesetzt.

Wetzold schaut den Schlossern in der Schweißwerkstatt über die Schulter und arbeitet in der Fertigung, wo er etwa Spindelmuttern für Getriebe herstellt. Darüber schrieb er auch einen Praxistransferbericht, der in jedem Semester fällig ist und sich immer auf die aktuelle Tätigkeit bezieht.

Duales Studium: Das Gelernte gleich in der Praxis anwenden

„Es ist ein unschlagbarer Vorteil, die Theorie mit der Praxis verknüpfen zu können“, sagt Wetzold. Zurzeit ist er im Klärwerk Ruhleben und setzt sich dort mit der Anlagentechnik auseinander.

An der Hochschule beschäftigt er sich mit ingenieurwissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Grundlagen wie Mathematik und Informatik, mit technischen Themen wie Kons­truktion, Werkstoffkunde, erneuerbare Energien, Mess- und Regelungstechnik.

Vergütung ist ein Argument fürs duale Studium

Die dual Studierenden der Wasserbetriebe erhalten eine monatliche Bruttovergütung von 1018,26 Euro im ersten, 1068,20 Euro im zweiten und 1114,02 Euro im dritten Ausbildungsjahr. „Die Vergütung war für mich ein Grund, mich für das duale Studium zu entscheiden“, sagt Wetz­old.

Mit diesem Gehalt hat er allerdings keinen Anspruch mehr auf Bafög, den in der Regel jeder dual Studierende einer Hochschule hat. Das Gehalt wird auf den Förderbetrag von 735 Euro monatlich angerechnet.

Außer der Beuth Hochschule und der HWR bietet auch die private FOM Hochschule für Ökonomie und Management duale Studiengänge an. Von BWL und IT über Psychologie und Gesundheit bis hin zu Ingenieurwesen und Recht hat die FOM 19 Bachelorstudiengänge im Programm.

Privates Studium ist kostenpflichtig

Im Gegensatz zu staatlichen Hochschulen ist ein Studium an der privaten Hochschule kostenpflichtig. Wer Glück hat, kann das Studium aber von seinem Arbeitgeber finanziert bekommen.

So wie Marius Bäsler. Der 25-Jährige studiert seit Oktober 2017 Wirtschaftsinformatik – Business Information Systems an der FOM Berlin. Dies ist ein praxisintegrierender Studiengang, den die Hochschule gemeinsam mit der Deutschen Telekom entwickelt hat, um der Dynamik und Internationalisierung der IT-Branche gerecht zu werden.

Marius Bäsler studiert Wirtschaftsinformatik an der FOM.
Marius Bäsler studiert Wirtschaftsinformatik an der FOM. © Dagmar Trüpschuch | Dagmar Trüpschuch

Am Ende des sieben Semester umfassenden Studiums steht der Abschluss Bachelor of Science.

Zusätzlich zu den Studiengebühren, die die Telekom übernimmt, erhält Bäsler eine Ausbildungsvergütung. Die Vorlesungen an der FOM finden an zwei Tagen pro Woche statt, an den übrigen drei Tagen arbeitet er im Unternehmen.

Studium: Einige Module finden auf Englisch statt

Dort durchläuft er verschiedene Abteilungen auf der Managementebene. Er arbeitet beispielsweise als Operation Manager und stellt in dieser Position sicher, dass Prozesse im Unternehmen reibungslos laufen. Sein Arbeitsplatz ist am Computer. Telefonisch hält er Kontakt mit Kunden und managt die Termine mit externen Dienstleistern.

An der Hochschule erwirbt er neben technischem Fachwissen rund um Netzwerke, Programmierung, Applikationen und Datenbanken auch Expertise auf dem Feld der IT-Sicherheit. Einige Module finden auf Englisch statt.

Gutes Zeitmanagement ist die Voraussetzung

Der 25-Jährige hat bereits bis zur Masterarbeit – die er geschrieben, aber nie abgegeben hat – Biologie und Chemie auf Lehramt studiert. Das duale Studium hält er für eine angemessene Herausforderung und für gut vereinbar mit seinem Familienleben. „Die Klassen sind klein, die individuelle Betreuung ist super“, sagt er.

Doch nicht in jedem dualen Studium ist das so. Mitunter klagen Studierende über mangelnde Betreuung durch Hochschule oder Betrieb. Darum ist es wichtig, dass Interessenten die Bedingungen vorab kritisch unter die Lupe nehmen.

Gutes Zeitmanagement ist Voraussetzung

In jedem Fall brauchen dual Studierende ein gutes Zeitmanagement, um die Doppelbelastung gekoppelt mit wenig Freizeit zu meistern. Sie haben keine Semesterferien, sondern wie Auszubildende gesetzlich festgelegten Urlaub. Während andere Studierende im Entspannungsmodus sind, arbeiten die dual Studierenden im Unternehmen.

Seine Zukunft sieht Marius Bäsler positiv. Die Übernahmechancen bei der Telekom sind gut. „Als Wirtschaftsinformatiker mit Praxiserfahrung habe ich aber auch gute Chancen auf dem Markt.“ Darauf hoffen sicher alle der laut Stifterverband fast 100.000 dual Studierenden.