Berlin. Lebensmitteltechnologen verantworten die gesamte Herstellung eines Produkts. Das reicht von den Inhaltsstoffen bis zur Etikettierung.

Bis ein Produkt im Supermarkt steht, muss viel passieren. Wer Lebensmitteltechnologie studiert hat, weiß das. Lebensmitteltechnologen lernen alles, was von der Entwicklung bis hin zum fertigen Produkt nötig ist – egal ob es um den Zuckergehalt geht oder um das Etikett auf der Verpackung.

„Während ich durch die Supermarktregale gehe, frage ich mich immer: Was steckt da dahinter?“, sagt Henrike Schulz. Sie hat Lebensmitteltechnologie an der Technischen Universität (TU) Berlin studiert. Seit 2012 arbeitet die 30-Jährige bei Florida Eis. „Mir fiel der Berufseinstieg nach dem Studium leicht“, sagt sie.

Vorteile der mittelständischen Firmen

Zunächst war sie bei dem Berliner Eishersteller im Qualitätsmanagement tätig. Inzwischen ist die 30-Jährige Betriebsleiterin. Schulz schätzt es, in einem mittelständischen Unternehmen zu arbeiten.

Lebensmitteltechnologin Henrike Schulz ist Betriebsleiterin bei Florida Eis.
Lebensmitteltechnologin Henrike Schulz ist Betriebsleiterin bei Florida Eis. © Lea Diehl | Lea Diehl

Durch ein Praktikum, das sie während ihres Studiums in einem Konzern absolvierte, kann sie vergleichen. „In einem großen Unternehmen ist man oft sehr austauschbar. Außerdem sind Entscheidungswege oftmals sehr lang.“

Schulz hat direkt nach dem Studium eine Stelle gefunden. Aber nicht allen ergeht es wie ihr. „Der Einstieg ist am schwierigsten“, sagt Bianca Burmester von Foodjobs, einer Jobbörse für die Lebensmittelbranche.

Dennoch sind die Aussichten für Lebensmitteltechnologen im Großen und Ganzen gut. „46 Prozent finden sofort im Anschluss an das Studium einen Job“, sagt Burmester. Knapp 90 Prozent fänden innerhalb eines halben Jahres ihre erste Stelle.

Auch Maschinenbau und Verbände sind Arbeitgeber

Dabei sind die Einsatzorte vielfältig. „Lebensmitteltechnologen können nicht nur in der Lebensmittelherstellung unterkommen, sondern auch in der Wirtschaft und Lehre, im Maschinenbau, in Verbänden bis hin zum Handel,“ sagt Burmester.

Sogar Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die im Ernährungsbereich tätig sind, können die Expertise der Spe­zialisten gebrauchen. Besonderer Mangel herrsche im Absatz: „Wer kommunikativ ist, sollte in den Vertrieb gehen, dort werden Lebensmitteltechnologen händeringend gesucht.“

Als Betriebsleiterin bei Florida Eis hat Henrike Schulz in verschiedensten Bereichen zu tun. Sie schätzt es, dass sie im Studium als Generalistin ausgebildet wurde. „Im Studium zu kurz gekommen ist jedoch die Personalführung“, merkt die 30-Jährige heute.

Wenn man eine Führungsposition übernimmt, müsse man selbstverständlich auch das können, sagt sie.

Am liebsten entwickelt Schulz aber Neues. Die Lebensmitteltechnologie sei ein Bereich, der sich stetig wandele und sich an aktuelle Entwicklungen anpassen müsse. „Da wird es nicht langweilig.“ So würden etwa umweltgerechte Lebensmittel immer stärker nachgefragt.

Produktion muss aktuellen Trends folgen

„Momentan sind wir dabei, nachhaltigere Verpackungen zu entwickeln“, erzählt sie. Und auch wenn es um den Verkauf der Produkte geht, müsse man aktuellen Trends folgen.

Gerade läuft bei Florida Eis die Testphase für die „Smart Box“, wie Schulz begeistert erzählt. Die Kühlbox zeigt an, wie viel Eis sich noch darin befindet. Und die Kunden könnten über eine App nachschauen, wo es beispielsweise noch Florida-Vanilleeis gibt. So etwas zu entwickeln macht ihr Spaß.

Auch Levke Opfermann denkt sich gern Neues aus. Die 27-Jährige arbeitet in der Produktentwicklung von Wilhelm Reuss. Das Lebensmittelwerk mit Betriebsstätten in Berlin und Winsen (Luhe) stellt süße Brotaufstriche, Dessertsaucen und Schokomassen für die Weiterverarbeitung in der Industrie her.

Lebensmitteltechnologin Levke Opfermann arbeitet in der Produktentwicklung des Lebensmittelwerks Wilhelm Reuss.
Lebensmitteltechnologin Levke Opfermann arbeitet in der Produktentwicklung des Lebensmittelwerks Wilhelm Reuss. © Lea Diehl | Lea Diehl

Am schönsten sei es, ein Produkt von Anfang bis Ende zu begleiten. „Die meisten spezialisieren sich auf Produktentwicklung“, sagt sie. „Da kann man kreativ sein.“ Oft gehe es in der Produktentwicklung auch darum, vorhandene Produkte anzupassen. „Wenn ein Kunde kommt und sagt, der Markt schreit nach Zuckerreduktion, liegt es an uns, den Zuckergehalt zu ändern.“

Spezialisierung auf Molkereiprodukte

Opfermann hat an der Hochschule Anhalt in Köthen studiert. Während des Studiums spezialisierte sie sich zunächst auf Molkereiprodukte. „Ich habe erst recht spät gewusst, dass ich in die Süßwarenindustrie will“, sagt sie.

Lebensmitteltechnologen gibt es in allen Bereichen, in denen es um Nahrung geht. Außer in der Süßwaren- und Molkereibranche sind sie zum Beispiel auch in der Brot- und Backwarenbranche tätig. Und auch in der Getränkeindustrie arbeiten Lebensmitteltechnologen.

„Wer sich früh festlegt, hat es wahrscheinlich leichter, eine Stelle zu finden“, sagt Levke Opfermann – auch wenn sie selbst trotz des Wechsels von der Molkerei- in die Süßwarenbranche keine Probleme beim Berufseinstieg hatte. „In Berlin gibt es viele Unternehmen der Süßwarenindustrie“, erzählt sie.

Dass sie nach dem Abschluss in der Hauptstadt gelandet ist, hatte aber auch mit ein bisschen Glück zu tun: Schließlich sei Berlin attraktiv und ziehe auch aus anderen Städten viele Lebensmitteltechnologen an.

Praktische Erfahrungen sammeln

Bei Wilhelm Reuss begann Opfermann zunächst als Elternzeitvertretung. Anschließend wurde sie übernommen. Dass der Berufseinstieg bei ihr schnell klappte, hänge wohl mit ihren praktischen Erfahrungen zusammen, glaubt sie.

An ihrem Studium schätzte sie vor allem den Praxisanteil. Sowohl ihre Bachelor- als auch ihre Masterarbeit hat sie in einem Unternehmen geschrieben, außerdem sammelte sie Erfahrung während mehrerer Praktika.

„Wenn man mich im Nachhinein fragt, war der Master nicht unbedingt erforderlich“, sagt sie rückblickend. Eine Ausbildung vor dem Bachelor halte sie inzwischen für sinnvoller, wegen der zusätzlichen praktischen Erfahrung, die man dadurch habe. „Die hilft später ungemein“, betont Opfermann. „Jedes Unternehmen will Berufserfahrung.“

Auch Bianca Burmester von Foodjobs sagt: „Ich empfehle immer erst die Ausbildung und dann das Studium.“ Wer vor dem Studium eine Ausbildung gemacht hat, habe keine Schwierigkeiten, nachher einen Job zu finden.

Außerdem wisse er gleich, worauf er sich einlässt. „Man weiß dann, wozu man das Studium macht.“ Aber natürlich hat auch ein Masterabschluss seine Vorteile. „Damit steigt man höher ein, wenn man sich die Gehaltsstatistiken anschaut.“

Ausbildung an Fachschule in Solingen

Martina Reali (24) von Lemke Marzipan ist den Ausbildungsweg gegangen. Nach dem erweiterten Hauptschulabschluss machte sie eine Ausbildung als Süßwarentechnologin an der ZDS – Zentralfachschule der Deutschen Süßwarenwirtschaft in Solingen.

„Früher hieß die Ausbildung noch Fachkraft für Süßwarentechnik“, sagt sie. Heute gibt es an der Fachschule die Ausbildung zur Fachkraft für Lebensmitteltechnik und die Ausbildung zum Süßwarentechnologen.

Reali erinnert sich gern an ihre Ausbildung zurück. „Das ist ein echtes Handwerk.“ Dort lerne man auch, per Hand Pralinen herzustellen. „Das nützt mir heute vor allem privat“, sagt Reali und lacht. In ihrem Berufsalltag erledigen Maschinen die Herstellung der Süßwaren.

„Ausbildungsbetriebe haben alle Lehrstände“, sagt Arbeitsmarktexpertin Burmester, egal ob es um Süßwaren oder andere Produkte geht. „Ein Unternehmen wird eher einen Lebensmitteltechnologen finden als eine Fachkraft für Lebensmitteltechnik.“

Gerade die Fleischindustrie suche momentan. „Als Fachkraft ist man natürlich eher im Labor und macht die Handlangerarbeiten“, sagt Burmester. „Wenn man studiert hat, kommt man eher an die hohen Positionen.“

Doch auch nach einer Ausbildung gibt es Aufstiegschancen. Martina Reali beispielsweise absolviert zurzeit einen Lehrgang zur Industriemeisterin mit Fachrichtung Lebensmittel. „Weil ich noch mehr wissen will, man hört ja nicht auf zu lernen“, sagt sie.

Weiterbildung mit staatlicher Prüfung

Nach dem Meister kann sie noch den staatlich geprüften Lebensmitteltechniker machen und sich dadurch weiterqualifizieren.

Für ihre Ausbildung hat sich Reali entschieden, nachdem sie in den Sommerferien bei Lemke zum Probearbeiten war. „Ich kannte den Beruf vorher gar nicht“, erzählt sie. Ein Bürojob kam für sie aber ohnehin nicht infrage: „Ich wollte ein bisschen mehr Action.“

In dem Job müsse man vor allem flexibel sein, sagt Reali – und bereit sein, in Schichten zu arbeiten. „Wir fangen morgens um sechs Uhr an“, erzählt sie. Dann wird als Erstes die „Verkostung“ aufgebaut.

Was an einem Tag produziert wird, wird am nächsten geprüft. Und so beginnt Martina Reali ihren Arbeitstag oft mit einem Stückchen Nougat oder Marzipan.

Die 24-Jährige arbeitet bei Lemke Marzipan in der Qualitätssicherung, und sie kümmert sich auch um die Überwachung der laufenden Produktion. „Manchmal wird es stressig“, sagt sie. Und an den Maschinen ist es sehr laut.

„Aber es ist toll zu sehen, wie die Nougatcreme aus dem Hahn läuft, und zu wissen, dass man selbst dafür gesorgt hat.“