Berlin. BWLer sind für viele Jobs geeignet. Sie sollten sich spezialisieren, Fremdsprachen lernen und früh Kontakte zu Unternehmen knüpfen.

Mit 900 anderen Studenten in der Statistik-Vorlesung sitzen, Seminare im Live-Stream verfolgen, weil der Raum zu klein ist, nach einem freien Platz in der Mensa suchen müssen – mit seinem Studienanfang in Halle war Caspar Lotz (23) nicht glücklich.

Dort hatte er sein Studium der Betriebswirtschaftslehre (BWL) begonnen. BWL ist eines der beliebtesten Studienfächer in Deutschland: Das Statistische Bundesamt zählte im Wintersemester 2016/2017 etwa 238.000 BWLer unter den insgesamt 2,8 Millionen Studenten in Deutschland.

Wechsel an eine private Hochschule

Dementsprechend voll sind viele der – kostenfreien – staatlichen Universitäten und Hochschulen. Caspar Lotz entschied sich für einen Wechsel an die private Hochschule Fresenius in Berlin. „Es war alles viel familiärer“, sagt er. „So habe ich viel mehr gelernt.“ Die monatlichen Gebühren dafür betrugen 750 Euro.

Der klassische BWL-Bachelor dauert meistens drei Jahre. „Im Grundstudium, also den ersten drei Semestern, haben wir die Basics gemacht“, sagt Lotz. „Es ging um Güter und Produktionsfaktoren, um die Abläufe in einem Betrieb.“

Spezialisierung im Hauptstudium

Im Hauptstudium, ab dem vierten Studienhalbjahr, sollten sich die Studenten spezialisieren. Zur Auswahl standen unter anderem Steuern, Personalwesen und Logistik.

Caspar Lotz geht fürs Master-Studium nach Frankreich.
Caspar Lotz geht fürs Master-Studium nach Frankreich. © privat | privat

Lotz wählte internationales Management und Marketing. Sein neues Wissen konnte er schnell anwenden, denn Teil des Studiums war eine Kooperation mit dem Start-up JobUFO. „Dafür haben wir neue Marketingstrategien entwickelt“, erinnert sich Lotz.

Das Jungunternehmen bietet eine App an, über die Berufsanwärter das Anschreiben durch ein Video ersetzen können. „Wir haben uns damit auseinandergesetzt, für welche Berufsgruppen so eine Bewerbungsart interessant sein könnte“, erzählt der 23-Jährige.

Masterstudium, weil es Spaß macht

Mit dem Bachelorabschluss fühlt er sich gut gerüstet für den Arbeitsmarkt. Trotzdem will er noch ein Masterstudium anschließen. „Viele meiner Freunde haben direkt mit dem Bachelor einen Job gefunden. Aber ich studiere gern“, sagt Lotz.

Außerdem werde der Wettbewerb immer stärker. „Da kann es helfen, wenn ich mich weiter spezialisiere.“ Eine Zusage hat der 23-Jährige bereits: In Grenoble in Frankreich wird er sich noch einmal intensiver mit Management und Marketing befassen.

Sanfter Einstieg in den Job dank dualen Studiums

Theresa Haala-Hirt (32) hat einen anderen Weg in den Beruf gewählt. Sie hat an der Beuth Hochschule für Technik dual studiert. „Das bedeutet, dass ich zehn Wochen in einem Unternehmen gearbeitet habe und dann wieder Lernphasen an der Hochschule hatte“, erklärt Haala-Hirt.

„So habe ich verschiedene Firmen und Branchen kennengelernt. Meine letzten praktischen Phasen habe ich bei der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin verbracht.“

Und dort ist sie auch geblieben: Seit sieben Jahren arbeitet sie bereits als Managerin im Bereich Marketing/Kommunikation bei dem Traditionsunternehmen, das handgefertigtes Porzellan herstellt.

Kunden einen Einblick ins Unternehmen geben

Dort kümmert sich die Betriebswirtin um Medienanfragen, spricht mit Kooperationspartnern und erstellt ein hauseigenes Magazin. „Ich sammle Geschichten darüber, was bei uns passiert ist, damit die Kunden einen Einblick hinter die Kulissen bekommen und unsere Mitarbeiter kennenlernen“, berichtet sie.

Theresa Haala-Hirt, Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin.
Theresa Haala-Hirt, Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin. © Sven Lambert | Sven Lambert

Der Berufseinstieg sei ihr nach dem Abschluss sehr leicht gefallen – was sie zu einem Großteil dem dualen Aufbau ihres Studiums zuschreibt. „So konnte ich den Berufsalltag schon kennenlernen und zum Beispiel an Logistikprozessen mitwirken.“

„Das klassische BWL-Studium ist sehr theorielastig“, sagt Professorin und Studienfachberaterin Karoline Barthel von der Beuth. „Das duale Studium ist dagegen praktisch orientiert.“ So könnten Studenten die Abläufe in einem Unternehmen besser verstehen.

Absolventen in der Wirtschaft sehr gefragt

Das vergrößert auch die Berufschancen. Oft würden die Studenten direkt übernommen, sagt Barthel. „Wir hören von unseren Absolventen, dass sie in der freien Wirtschaft sehr gefragt sind durch ihre Erfahrung.“ Natürlich hängen die Berufsaussichten auch von der Wahl des individuellen Schwerpunkts ab.

Aktuell seien BWL-Absolventen im Bereich Wirtschaftsinformatik und im Marketing beliebt, sagt Professorin Barthel. Vorteilhaft sei auch die internationale Ausrichtung eines Studiums.

Professorin Yvonne Schoper lehrt an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Internationales Management und bestätigt, dass Auslandserfahrungen und vielfältige Sprachkenntnisse wichtiger werden.

Mittelständler ticken oft anders als Konzerne

„Die Studierenden müssen die kulturellen Unterschiede im Management kennenlernen“, erklärt sie. „Wenn ein Mittelstandsunternehmen zum Beispiel bisher nur national tätig war, muss man das Personal, die Logistikprozesse, das Marketing, den Einkauf ganz anders organisieren, um international arbeiten zu können.“

Professorin Yvonne Schoper, Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin.
Professorin Yvonne Schoper, Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin. © privat | privat

Englisch als Geschäftssprache wird bei Berufseinsteigern vorausgesetzt. Man arbeite oft mit Teammitgliedern aus aller Welt zusammen, sagt Schoper.

Sie rät, sich außer Englisch eine weitere Sprache anzueignen: „Asien ist ein wichtiger Handelspartner, daher empfehle ich, Chinesisch zu lernen. Auch Spanisch und Französisch sind gut.“

Seltene Expertise ist gefragt

Fachlich sollten BWLer sich frühzeitig spezialisieren. „Am besten in Gebieten, die weniger häufig sind, zum Beispiel in der Software-Programmierung“, so die Wissenschaftlerin. „Damit sticht man aus der Masse heraus. Je ausgefallener, desto besser.“

Dem Trend zur Spezialisierung entspricht auch die Tatsache, dass immer mehr Kombinationsstudiengänge angeboten werden. Dazu gehören Wirtschaftsinformatik, Wirtschaftsingenieurwesen oder Wirtschaftsmathematik.

Bernd Stange (45) ist seit 14 Jahren Regionalleiter bei einem Hersteller für Küchenutensilien und studiert berufsbegleitend im fünften Semester Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Fresenius.

Nebenberufliches Lernen für den Masterabschluss

In seinem Job ist er der Ansprechpartner für die Store Manager und betreut die Zweigstellen in Berlin und Hamburg. Abends und an Wochenenden sitzt er oft im Hörsaal. „Wirtschaftspsychologie ist die Schnittmenge zwischen den Menschen und der Wirtschaft“, erklärt Stange.

„Im stationären Handel passiert zum Beispiel eine Menge zwischen einem Kunden und einem Verkaufsberater. Ich möchte besser ver­stehen, was ein Kunde sich wünscht, aber auch, was meine Mitarbeiter von mir verlangen.“

Lernen, wie man Mitarbeiter motiviert

Fürs Studium entschied er sich, weil ihm Weiterbildungen und Seminare nicht mehr genug waren. Aktuell lernt der 45-Jährige in einem Kurs zum Wirtschaftszeitgeschehen, wie er ­seine Mitarbeiter führt und ­motiviert.

Stange schätzt die Chancen auf dem Arbeitsmarkt mit einem kombinierten ­Studienfach als gut ein und ­erklärt: „In der Personalabteilung geht es beispielsweise darum, die richtigen Mitarbeiter zu finden. Hier sind oft Betriebswirte angestellt. Aber jemand aus der Wirtschaftspsychologie mit den Kenntnissen darüber, was gutes Personal ausmacht, könnte durch sein Fachwissen viel besser entscheiden, welche Bewerber zum Unternehmen passen.“

Berufsaussichten verbessern

Trotz der Belastung neben dem Job will Bernd Stange auch noch ein Masterprogramm ­absolvieren – so wie viele Studenten, die nach dem Bache­lorabschluss ihre Berufschancen weiterentwickeln wollen.

Simon Müller (28) gehört auch dazu. Er studiert im zweiten Semester Innovation Management, Entrepreneurship and Sustainability an der Technischen Universität (TU). In diesem Studiengang geht es vor allem um nachhaltige Unternehmensgründung.

„Ich habe vorher schon einen klas­sischen BWL-Master angefangen, der war mir aber zu theoretisch“, sagt Müller. Nach dem Bachelorstudium habe er sich jedenfalls noch nicht bereit fürs Berufsleben gefühlt, erzählt der 28-Jährige. Durch sein jetziges Studium wisse er, dass er selbst eine Firma gründen möchte.

Fach- und Führungskarrieren mit BWL-Abschluss

„Ein Master ist eine sehr gute Ausgangsposition mit vielfältigen Karrieremöglichkeiten“, sagt Christiane Willmann (43) aus der Personalabteilung der Firma Sonnen, eines Unternehmens der Energiebranche. „Das gilt sowohl für Fach- als auch Führungskarrieren. Bei uns arbeiten Betriebswirte beginnend von Berufsanfängern bis zur Geschäftsführung.“

Das Technologieunternehmen, das für Stromversorgung mit erneuerbaren Energien steht, setzt den Masterabschluss aber nicht voraus, um schnell in leitende Positionen zu kommen. Führungsfähigkeiten würden erst im Betrieb erlernt, sagt Willmann.

„Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenzen sowie Leidenschaft, Kreativität, Neugier und Energie sind entscheidende Faktoren für eine erfolgreiche Laufbahn in einem Unternehmen.“