Berlin. Viele Modedesigner arbeiten selbstständig. Sie brauchen nicht nur tolle Ideen, sie müssen sich und ihre Arbeit auch vermarkten können.

Als Teenager habe sie oft nichts Passendes zum Anziehen gefunden, sagt Marie Schmunkamp. „Daher habe ich mit 14 Jahren angefangen, meine Kleidung selbst zu nähen.“ Ein Glück für sie: Der damalige Bekleidungsnotstand legte den Grundstein für einen erfolgreichen Berufsweg. Heute entwirft und schneidert die 26-jährige Modedesi­gnerin für ihr eigenes Label Atelier Nuno.

Geboren wurde Schmunkamp im niedersächsischen Lohne bei Oldenburg. Im benachbarten Twistringen absolvierte sie eine Ausbildung zur Schnei­derin. Im Alter von erst 21 Jahren war sie nach Abschluss der Meisterschule in Dortmund bereits Handwerksmeisterin.

Doch das reichte ihr nicht. „Ich wollte Modedesign studieren“, erzählt sie und bewarb sich an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (HTW). Schmunkamp bekam einen der begehrten 44 Studienplätze, die jeweils zum Sommer- und Wintersemester vergeben werden.

Auswahlgespräch mit Professoren geführt

„Ich musste meine Mappe und ein Sketchbook mit meinen Entwürfen und Ideen einreichen“, erinnert sie sich. „Sketchbook“ nennt man in der Branche seinen Skizzenblock. Anschließend sei sie mit etwa 60 weiteren Bewerbern zu einem Eignungstest eingeladen worden.

Die Kandidaten mussten einen Entwurf für ein Kleidungsstück anfertigen und anschließend ein Auswahlgespräch mit den Professoren bestreiten. Drei Wochen später hatte Marie Schmunkamp ihre Zusage fürs Bachelorstudium an der HTW. Nach dem siebten Semester machte sie ihren Abschluss.

Eigenes Atelier im Wedding

Das Masterstudium mit weiteren drei Semestern wollte Schmunkamp aber nicht mehr anschließen – sie wollte sich endlich selbstständig machen und auf dem Markt beweisen. Seit einem Jahr hat die Designerin und Schneidermeisterin nun ihr eigenes Atelier in Wedding, bildet sogar schon Lehrlinge aus.

„Vieles funktioniert über Nische“, sagt die 26-Jährige. Und diese hat Schmunkamp für sich gefunden. Die Modedesignerin hat sich auf von Japan inspirierte Kleidung spezialisiert. „Meine Designs orientieren sich zum Beispiel an japanischen Schuluniformen“, erklärt sie. Sie seien auch in Deutschland im Alltag „absolut tragbar“.

Für den originalen Look bezieht Schmunkamp ihre Stoffe aus Japan. Allein von ihrer Mode kann sie aber noch nicht leben. Darum „bekommt der Kunde bei mir auch noch die klassische Maßanfertigung oder eben mal nur seine Hose umgenäht“.

Schneiderlehre plus Hochschulstudium

Isabel Vollrath hingegen verdient schon gut mit ihren Entwürfen. Die 38-Jährige hat Modedesign an der Weißensee Kunsthochschule studiert. Davor absolvierte auch sie eine Schneiderlehre – in Baden-Baden.

Anschließend arbeitete sie ein halbes Jahr lang bei Couturier Stefano Nicolao in Venedig. Die Eindrücke von dort verarbeitet sie bis heute in einigen ihrer Entwürfe.

Seit drei Jahren zeigt die erfolgreiche Designerin ihre Kollektionen bei der Berlin Fashion Week im Rahmen des „Vogue Salons“, der von der gleichnamigen Zeitschrift organisiert wird. Dort sollen aufstrebende Designer aus Deutschland gefördert und international in der Modebranche vernetzt werden.

Netzwerke sind wichtig für Selbstständige

Nicolas Mezes ist Student der Kunsthochschule Weißensee.
Nicolas Mezes ist Student der Kunsthochschule Weißensee. © Anna Klar | Anna Klar

„Kontakte sind das A und O in der Branche“, bestätigt Nicolas Mezes. Der 26-Jährige studiert im sechsten Semester an der Weißensee Kunsthochschule. Er ist Schneidermeister. Und auch er hat den Wunsch, sich eines Tages mit seinem eigenen Label selbstständig zu machen.

Was er dafür braucht, weiß Isabel Vollrath aus eigener Erfahrung: Begeisterung für Mode und Durchhaltevermögen seien der Schlüssel zum Erfolg. „Es steckt sehr viel Liebe, Leidenschaft und Idealismus dahinter“, sagt Vollrath. „Wer das nicht hat, wird es in diesem Beruf schwer haben.“

Motivation von innen heraus

Disziplin und die Motivation, etwas Eigenes erschaffen zu wollen, seien weitere Attribute, die Studenten auf dem Weg ins Modedesign mitbringen müssen. „Wie ein Maler, der die weiße Leinwand sieht und aus innerem Antrieb sein Bild malt“, erklärt Isabel Vollrath.

„Man braucht vor allem einen langen Atem, wenn man es mit dem eigenen Label schaffen will“, sagt Professor Horst Fetzer, der an der HTW im Studiengang Modedesign lehrt. „Denn es dauert im Schnitt gut drei bis fünf Jahre, bis man davon leben kann, wenn überhaupt.“

So sei es nicht nur wichtig, tolle Ideen für Mode zu haben, die Kleidung nähen zu können, sich für Stoffe und Schnitte zu begeistern. „Man muss seine Mode und auch sich selbst gut vermarkten können“, fügt er an.

Marketing und Produktmanagement

Aus diesem Grund liegt der Schwerpunkt im Studiengang Modedesign an der HTW nicht nur auf dem Entwerfen und Herstellen von Kleidung. Die Studierenden werden auch in den Bereichen Marketing und Produktmanagement ausgebildet.

Wichtig sei darüber hinaus ein gutes Netzwerk, sagt Fetzer. Und Digitalkenntnisse brauche man auch – etwa im Umgang mit der Software, mit der man Kleidung entwerfen kann. Nicht zuletzt gehört auch ein Händchen für die sozialen Medien dazu. Als selbstständiger Designer könne man auf sie nicht verzichten, betont der HTW-Professor.

UdK legt Schwerpunkt aufs Künstlerische

Das sieht seine Kollegin Valeska Schmidt-Thomsen, die Modedesign an der Universität der Künste (UdK) lehrt, ähnlich. „Das Studium an der UdK legt seinen Schwerpunkt auf eine künstlerisch-konzeptionelle Gestaltung, doch ohne gutes Marketing hat man es als selbstständiger Desi­gner sehr schwer“, erklärt sie.

Valeska Schmidt-Thomsen ist Professorin an der UdK Berlin.
Valeska Schmidt-Thomsen ist Professorin an der UdK Berlin. © Anna Klar | Anna Klar

An dieser Stelle hilft das Career & Transfer Service Center, das Studenten und Alumni der Modedesign-Studiengänge an UdK und Weißensee Kunsthochschule mit Rat und Tat zur Seite steht. „Es bietet Workshops und individuelle Beratung und unterstützt bei Fragen zu Existenzgründung, Steuern und Portfolio“, so Schmidt-Thomsen. Darüber hinaus berate es auch über Förderprogramme.

Gebühren an der Mediadesign Hochschule

Wer eine noch intensivere Betreuung während seiner Ausbildung wünscht, kann Modedesign auch an einer staatlich anerkannten privaten Einrichtung studieren, zum Beispiel an der Mediadesign Hochschule. Dort ist das Studium nicht unentgeltlich, sondern kostet rund 670 Euro im Monat.

Doch die Studenten können Bafög bekommen, und die Hochschule vergibt Stipendien. „Bei uns ist es kleiner und geht familiärer zu“, sagt Jutta Mettenbrink, Professorin für Modedesign. „Bei lediglich zwölf Studenten im Jahrgang kann keiner in der Gruppe verschwinden“, erklärt sie.

Die Mediadesign Hochschule kooperiert mit Firmen. „Viele Studenten knüpfen schon im Studium oder im Praktikum wichtige Kontakte, die nicht selten eine Anstellung zur Folge haben“, sagt Mettenbrink.

Arbeit für Modeketten oder Werbeagenturen

Wo genau sie nach ihrem Studium landen, ist für Studenten des Modedesigns nicht vorgezeichnet. Sie können selbstständig arbeiten, bei Bekleidungsunternehmen tätig werden – oder sie arbeiten als Einkäufer für Modeketten, als Berater bei Modezeitschriften, begleiten Fotoshootings für Werbung und Kataloge.

Josefine Fitzner (28) zum Beispiel hat nach ihrem Bachelor- und Masterabschluss an der HTW beim Online-Shop Outfittery angefangen, einem Berliner Start-up für Männermode. Inzwischen ist sie Teamleiterin.

„Ich wusste schon beim Studium, dass ich zwar mit Mode arbeiten möchte, aber kein eigenes Label will“, sagt sie. Auch sie sei kreativ in der Mode tätig, „aber in einer anderen Art und Weise und mit gutem Festgehalt“.

Kostümassistentin beim Film

Auch Lisa Mann (31) zieht im Moment die Anstellung der Selbstständigkeit vor. Sie arbeitet beim Film. Die Absolventin der UdK (Bachelor und Master) ist als fest angestellte Kostümassistentin bei einer Filmproduktionsfirma tätig. „Ich genieße auch die finanzielle Komponente einer Festanstellung in der Kostüm- und Modebranche“, sagt sie.

Lisa Mann hat einen Masterabschluss in Modedesign und arbeitet als Kostümassistentin beim Film.
Lisa Mann hat einen Masterabschluss in Modedesign und arbeitet als Kostümassistentin beim Film. © Anna Klar | Anna Klar

Sie habe zwar mit dem Gedanken gespielt, sich als Desi­gnerin selbstständig zu machen, die Idee aber verworfen. „Dafür bin ich zurzeit nicht gemacht“, erklärt sie und freut sich über die Vielfalt ihres Studiums, die ihr die Arbeit beim Film ermöglicht. Dort sorgt sie dafür, dass ein Charakter genau die Kleidung und Ausstattung bekommt, die seine Rolle unterstreicht.

„Film war immer mein Hobby“, sagt sie. „Ich bin hier nicht per Zufall gelandet.“ Nur einen Haken hat ihr Job: „Die Arbeitszeiten sind extrem flexibel, oft wird auch nachts gedreht“, sagt Lisa Mann. Aber dafür entschädigt sie am Ende das fertige Produkt auf der Leinwand.

Ausbildung an der Modeschule Berlin

Es gibt neben den Studiengängen auch einen Ausbildungsweg, der in die Modebranche führt. Am Oberstufenzentrum (OSZ) Bekleidung und Mode in Kreuzberg können Schüler nach dem mittleren Schulabschluss (MSA) eine Ausbildung als Modedesigner oder als Assistent für Mode und Design machen. Angeboten werden auch drei Ausbildungen, die in den Beruf des Nähers und Schneiders führen.

Schulgeld muss am OSZ Bekleidung und Mode nicht gezahlt werden. Für die Ausbildung zum Modedesigner setzen die Verantwortlichen voraus: modisches Interesse, gute Wahrnehmungsfähigkeit, zeichnerisches Talent, Kreativität, Eigeninitiative, Teamfähigkeit und handwerkliches Geschick. Am 13. Juni 2018 findet ab 19 Uhr die Abschlussmodenschau „Confusion“ statt.

osz-bekleidung-mode.de