Berlin. Firmen profitieren von Selbstorganisation, erklären die Autorinnen. Ihr Werk ist wichtig, bleibt aber abstrakt, urteilt der Rezensent.

Hinter den Kulissen ist eine Revolution im Gange: Daimler will Tausende Arbeitsplätze in eine Schwarmorganisation umwandeln, im Verlagshaus Haufe Umantis wählen die Mitarbeiter ihre Chefs, die Otto Group setzt auf Co-Working-Spaces, und das Start-up Blinkist organisiert sich nach Holocracy-Regeln (Holokratie = Struktur, die transparente Entscheidungsfindung unter Beteiligung aller ermöglicht).

Vom Konzern bis zum Start-up – die traditionelle Organisation mit ihren Machtstrukturen, Berichtswegen, Abteilungen und Bereichen hat ausgedient. Was kommt danach?

„Soziokratie“ von Barbara Strauch und Annewiek Reijmer.
„Soziokratie“ von Barbara Strauch und Annewiek Reijmer. © Verlag Vahlen | Verlag Vahlen

Experimente gibt es viele, handfeste Erfahrungen wenige. Hier kommt das Buch „Soziokratie“ von Barbara Strauch und Annewiek Reijmer ins Spiel (Vahlen Verlag, 208 S., 29,80 Euro).

Der niederländische Ingenieur und Unternehmer Gerard Endenburg setzte ab den 1970er-Jahren im elterlichen Betrieb ein soziokratisches Organisations- und Managementkonzept um. Es wird inzwischen überall auf der Welt kopiert.

Soziokratie ist eine Form der Selbstorganisation im Unternehmen. Unter anderem wird dabei die hierarchische Organisationspyramide durch ineinandergreifende Kreise ersetzt. Per Soziokratie hat Endenburg das von seinen Eltern geerbte Unternehmen saniert.

Die Inhalte bleiben abstrakt

Leider verkauft das Buch eine großartige Idee arg unter Wert. Der Text ist über weite Strecken abstrakt, beschreibt nüchtern das Regelwerk und bleibt eng an den holländischen Fachtermini.

Außerdem machen Wortungetüme wie „Soziokratische Kreisorganisationsmethode“ und das Gender-Deutsch den Text schwer lesbar.

Besser selbst organisiert

Selbstorganisation ist der tayloristischen Arbeitsteilung des Industriezeitalters überlegen. Das hat sich herumgesprochen. Soziokratie ist ein bewährtes Erfolgskonzept mit 30-jähriger Geschichte.

Das Regelwerk und die Prinzipien sind gut durchdacht, durch Erfahrung verfeinert und in der Praxis bewährt. Das erste Soziokratie-Buch in deutscher Sprache ist ein Tipp für alle, die über innovative Organisationsformen nachdenken.