Berlin. Sänger leben von der Musik, aber nicht nur vom Musizieren. Viele arbeiten auch als Dozenten an der Hochschule oder als Gesangslehrer.

Judy Niemack ist eine US-amerikanische Jazzsängerin. Sie arbeitet als Fachbereichsleiterin Gesang am Jazz-Institut Berlin (JIB). Seitdem es im Fernsehen Gesangsshows wie „The Voice“ gibt, interessieren sich viel mehr Menschen für Gesang, hat sie festgestellt. Und sie beginnen viel früher, an ihrer Stimme zu arbeiten. Über den Beruf des Sängers sprach Judy Niemack mit Dagmar Trüpschuch.

Berliner Morgenpost: Frau Niemack, was bedeutet es, Sänger zu sein?

Judy Niemack: Das Hauptsächliche, was Sänger ausmacht – und das ist zeitlos – ist, dass sie in der Lage sein müssen, Erfahrungen und Gefühle durch Singen auszudrücken. Das ist ihre Aufgabe.

Können Sänger allein von einer guten Stimme leben?

Fast alle Absolventen des JIB finanzieren ihr Leben mit Musik. Das heißt aber nicht, dass sie nur von Konzerten und dem Verkauf von CDs leben können. Das ist fast unmöglich, es sei denn, man ist sehr berühmt.

Judy Niemack leitet den Fachbereich Gesang am Jazz-Institut Berlin.
Judy Niemack leitet den Fachbereich Gesang am Jazz-Institut Berlin. © Janis Wilkins | Janis Wilkins

Sie lehren neben ihren Auftritten beispielsweise Gesang an Musikschulen und an Universitäten. Unsere Absolventen gehen viele Wege: Einer ist zum Beispiel Musical-Star geworden, ein anderer Popsänger, eine andere Schauspielerin, andere singen in einer Big Band. Sie gehen raus in die Welt und machen ihren Weg. Wir bereiten sie im Studium darauf vor.

Wie genau machen Sie das, was lernen Ihre Studenten?

Das Studium dient primär der künstlerischen Weiterbildung, ähnlich wie in der klassischen Musik. Wir haben am JIB aber auch eine Lehrveranstaltung Musikbusiness. Hier können die Studierenden unter anderem Marketing lernen.

Sie können auch in unseren Studios Demo-Tapes aufnehmen und Youtube-Videos drehen, um sich und ihre Bands zu promoten. Ein Universitätsabschluss garantiert jedoch keine Musiker-Karriere.

Er hilft den Studierenden, später einen Job zu bekommen, wie beispielsweise eine Professur an einer Universität. Festivalveranstalter fragen nicht nach einem Universitätsabschluss.

Was ist das Wichtigste, das Sänger lernen müssen?

Für mich als Gesangslehrerin natürlich die Stimmtechnik. Ich habe zum Beispiel Oper studiert und mit 17 Jahren angefangen zu singen. Und ich habe immer noch eine volle Stimme – ich weiß, wie wichtig Technik ist. Sie ist relevant, um die Stimme zu bewahren, denn die Stimme ist das Instrument und das Kapital der Sänger.

Zudem müssen die Studierenden herausbekommen, ob sie auch wirklich etwas zu sagen haben und ob sie wirklich Künstler sein wollen. Wir unterstützen sie, ihre Individualität auszudrücken und ihren Weg zu finden.

Wie kommen Sänger vom Hörsaal auf die Bühne?

Normalerweise fangen sie schon nach dem zweiten Jahr an zu performen. Ich unterstütze sie dabei, zu Jam-Sessions zu gehen, lade Vertreter von Plattenfirmen zu unseren Gesangsabenden ein.

Unsere Sänger stellen schon Kontakte in die Musik- und Jazzwelt her, bevor sie ihr Studium abschließen. Netzwerken ist in der Jazzwelt absolut wichtig, denn die Szene ist klein.

Welche Unterschiede gibt es in der Ausbildung zwischen Jazz- und Opernsängern?

Es sind unterschiedliche Techniken, Jazz oder Oper zu singen. Man braucht sehr viel Zeit, die Technik und die klassische Musik zu erlernen.

Im Jazz trainieren wir die Stimmen zwar auch sehr gut, aber wir nutzen ein Mikrofon. Wir fokussieren uns zum Beispiel auf individuellen Ausdruck und Improvisation. Wir brauchen nicht das Stimmvolumen eines Opernsängers, um ein Symphonieorchester zu übertönen.