Wildeshausen. Das Tischler-Handwerk bleibt körperlich anstrengend. Doch die Entwürfe bearbeiten die Holzexperten heute fast nur noch am Computer.

Marc Depken arbeitet ausschließlich mit Holz. Über zu wenig Abwechslung kann er sich trotzdem nicht beklagen. „Man macht jeden Tag etwas anderes“, sagt der 21-Jährige. Depken beendet gerade seine dreijährige Ausbildung zum Tischler. Schon während der Schulzeit hat er in der Tischlerei im niedersächsischen Wildeshausen gearbeitet. Ein Studium kam für ihn nicht infrage: Er wollte nach dem Abitur lieber etwas Praktisches machen.

Tischler stellen Möbel, Fenster und Türen her. Sie sägen, hobeln und schleifen, behandeln Oberflächen und verschrauben oder verleimen Teile zu fertigen Produkten. Auch Parkett verlegen gehört zu ihren Aufgaben. Sie arbeiten in den Werkstätten ihres Arbeitgebers, in Wohnungen und Büros sowie auf Baustellen, wo sie zum Beispiel Treppen und Türen einbauen.

Je größer ein Betrieb, desto technisierter

Wer Tischler werden will, braucht vor allem die Bereitschaft, „etwas mit den Händen zu tun“, sagt Andrea Terwolbeck-Maasoumy, Teamleiterin im Bereich Holz- und Bautechnik an der Kerschensteiner-Schule in Delmenhorst. Aber das ist nicht alles. Vor allem in größeren Betrieben werde die Arbeit mit digitaler Technik immer wichtiger, erzählt die Studienrätin. Zum Beispiel werden am Computer Modelle von Entwürfen erstellt.

Marc Depken arbeitet in einem kleinen Betrieb, der viele unterschiedliche Aufträge übernimmt. So lernt er die ganze Palette der Tischleraufgaben kennen, fertigt beispielsweise Möbel genauso wie Haustüren an. Dem 21-Jährigen gefällt, sich auf die Wünsche der Kunden einzustellen. „Der eine will was Rundes, der andere will was Eckiges.“

Tischler sollten eine gewisse körperliche Belastbarkeit mitbringen, sagt Depken. Wenn man zierlich gebaut ist, sei der Job schwierig. Tatsächlich falle es vielen Auszubildenden anfangs schwer, acht Stunden oder länger aktiv zu sein, erklärt Andrea Terwolbeck-Maasoumy. „Daran muss sich der Körper auch erst einmal gewöhnen.“ Mathematisches Verständnis und räumliches Vorstellungsvermögen seien ebenfalls wichtig.

Zwischenmenschlich muss es stimmen

Claudia Klemm von Tischler Nord, dem Verband des Tischlerhandwerks in Niedersachsen und Bremen, empfiehlt Schülern, in jedem Fall vor Beginn einer Lehre ein Praktikum zu absolvieren – am besten in dem Betrieb, in dem sie anschließend gern ihre Ausbildung beginnen würden. Gerade bei einer Anstellung in einem kleinen Betrieb müsse es zwischenmenschlich stimmen, sagt die Wirtschaftspsychologin. Das ist offenbar nicht immer der Fall, denn die Abbrecherquote bei Tischlern ist hoch. In den vergangenen Jahren hat ein gutes Viertel der Auszubildenden im ersten Lehrjahr seinen Vertrag wieder gelöst.

„Einige haben falsche Vorstellungen von dem Beruf und denken an den reinen Möbelbau“, erklärt Claudia Klemm. Andere erwarten, dass im Arbeitsalltag viel Kreativität gefragt sei – was aber weniger der Fall ist, als viele vermuten. Außerdem klaffen häufig der Anspruch von Jugendlichen an eine moderne Arbeitswelt und die Strukturen in alteingesessenen Tischlereien auseinander. Hier müssten auch die Betriebe umdenken, findet Klemm.

Viele Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt

Das ist wichtig, weil Nachwuchs gebraucht wird. „Das Handwerk braucht Fachkräfte. Wir freuen uns, dass die Zahl der neuen Ausbildungsverträge in unseren Betrieben wieder leicht gestiegen ist – gegen den allgemeinen Trend“, erklärt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Trotzdem blieben viele Ausbildungsplätze unbesetzt.

Dabei hätten ausgebildete Tischler hervorragende Berufsaussichten, sagt Claudia Klemm vom Berufsverband. Da derzeit viele Tischler in Rente gehen, bestünde sogar die Aussicht, einen Betrieb zu übernehmen. „Dem Handwerk geht es richtig gut. Überall werden Fachkräfte gesucht.“

Auszubildende erhalten zwischen 500 und 800 Euro

Während Berufsanfänger mit knapp 2000 Euro Einkommen rechnen können, seien 2500 Euro für erfahrene Tischler ein guter Richtwert, so die Expertin. Als Meister könne man bis zu 4000 Euro verdienen. In der Ausbildung starten Lehrlinge laut Arbeitsagentur im ersten Jahr mit 490 bis 640 Euro und steigern sich im dritten Jahr auf 625 bis 815 Euro.

Die meisten Auszubildenden haben einen mittleren Bildungsabschluss. Abiturienten sind zu 22 Prozent vertreten. Sie nutzen die Ausbildung oft als Grundlage für ein Ingenieur- oder Architekturstudium (s. Info). Manche schließen einen Meisterkurs oder Ausbildungen zum staatlich geprüften Holztechniker oder Gestalter im Handwerk an. Marc Depken weiß schon, wie es für ihn weitergeht: Sein Betrieb wird ihn übernehmen. „Mein Gedanke ist erst mal, noch ein bisschen Berufserfahrung zu sammeln und dann den Techniker oder die Meisterschule dranzuhängen“, erklärt er.