Karteikarten ins Altpapier! Mit effektiven Methoden und der Situation angepasstem Wissenserwerb bleibt einfach mehr Stoff hängen.

Die einen fangen erst kurz vor einer Prüfung an und liefern am Ende eine Spitzenleistung ab. Andere büffeln wochenlang. Doch wenn es darauf ankommt, ist der Kopf leer. Dümmer sind diese Studenten bestimmt nicht. Sie machen einfach Fehler beim Lernen oder haben noch nicht die passende Strategie für sich gefunden.

Hanna Hardeland ist Lerncoach und hat bei Studenten vor allem drei typische Fehler ausgemacht: zu spät anfangen, sich der falschen Lerngruppe anschließen oder Power Pressing machen. „Das ist, wenn man erst ganz knapp vor der Klausur mit dem Lernen beginnt“, erklärt Hardeland. „Dann hat man den Stoff nur kurzfristig aufgenommen und nicht nachhaltig gelernt.“ Kein Wunder also, wenn sich das hektisch Angelesene zur Prüfung bereits wieder verflüchtigt hat. Ganz abgesehen davon, dass es ja eigentlich nicht Sinn des Studiums ist, nur punktuell für Tests und Prüfungen zu lernen.

Wissenschaftliche Texte sollte man nicht wie einen Roman lesen

Dabei, den Stoff zu lesen und auch zu verstehen, können zwei Strategien helfen, sagt Lernforscher Andreas Gold. Bei der sogenannten reduktiven Variante verkürzt man den Inhalt vor dem Lernen auf das Wesentliche. „Man kann die wichtigsten Stellen unterstreichen und als Zusammenfassung notieren“, sagt Gold. Doch was ist wesentlich und was überflüssig? Gold rät, auf die Überschrift zu achten. „Steht da zum Beispiel: ,Die Kriegsschuldfrage 1914‘, sollte ich den Text unter diesem Aspekt lesen.“ Allerdings nicht wie einen Roman: „Wissenschaftliche Texte muss man querlesen“, sagt Hardeland.

Das Gegenteil zum reduktiven ist das elaborative Lernen. Dabei bearbeiten Leser einen Text so, dass sie zu den Infos eigenes Wissen beisteuern. Prüflinge sollten sich dafür selbst Fragen stellen, rät Psychologie-Professor Frank Fischer. Warum ist das so? In welchen Fällen ist diese Aussage zutreffend? Wie kam der Autor zu dieser Feststellung? So gelinge es, neues Wissen mit bereits vorhandenem zu verknüpfen – die beste Methode, um Erlerntes im Gedächtnis zu behalten. Die wichtigsten Fakten notieren sich Studenten dann in Form einer Zusammenfassung des jeweiligen Kapitels. Dabei sollten sie eigene Formulierungen wählen – und nicht einzelne Sätze aus dem Lernmaterial wortwörtlich übertragen. „So kann ich mich selbst überprüfen, ob ich alles verstanden habe“, sagt Fischer.

Lernstoff prägt sich ein, wenn man einen persönlichen Bezug dazu herstellt

Lerncoach Hardeland empfiehlt, den eigenen Bezug zur Materie zu finden. Ob der privater Natur ist oder auf den späteren Beruf referiert, sei dabei egal. Wer im Personalmanagement-Studium zum Beispiel die wichtigsten Punkte im Verlauf eines Mitarbeitergesprächs lernen soll, tut gut daran, sich vorzustellen, wie er selbst ein solches Mitarbeitergespräch führt – anstatt immer wieder seine zwölf Karteikarten mit den zwölf wichtigsten Kriterien durchzublättern und auswendig zu lernen. Überhaupt die Karteikarten: „Damit erwirbt man träges Wissen“, sagt Hanna Hardeland. „So kann man keine Anwendungsaufgaben lösen.“ Immerhin, mitunter, bei Fachbegriffen oder Vokabeln, seien sie dennoch sinnvoll.

Wer sich Reihenfolgen, Aufzählungen oder Gliederungen merken muss, greift am besten auf die Routenmethode zurück, rät Lerncoach Martin Krengel. Dazu denken sich Studenten eine Abfolge von Orten oder Stationen aus. Das können zum Beispiel Häuser sein, die auf dem Weg zum Supermarkt liegen. Jeden Punkt des Lernstoffs verteilen sie dann auf ein Haus. „Haben wir die Route mit den festgelegten Stationen im Kopf, fällt uns schnell auch das Schlüsselwort dazu ein“, sagt Krengel.

Wichtig ist zu berücksichtigen, auf welche Art Prüfung man sich eigentlich vorbereitet. „Viele lernen immer gleich – egal, ob sie das Wissen am Ende in schriftlicher oder mündlicher Form wiedergeben müssen“, kritisiert Lerncoach Krengel. Dabei sei es gerade vor mündlichen Prüfungen wichtig, Wissen auch vortragen zu können. Er rät, den Stoff vor Kommilitonen zu präsentieren. Das Üben gebe Sicherheit. Und es hat noch einen anderen Vorteil: „Der Zuhörer kann schon während des Vortrags Fragen einwerfen, die der Rezipient beantworten muss.“ Eine gute Vorbereitung. Schließlich kann diese Situation auch in der Prüfung drohen.

Weil sich das Gehirn nur 45 Minuten am Stück konzentrieren könne, müssten Studenten außerdem beim Lernen immer wieder Pausen einlegen, sagt Krengel. Und wer den Kopf nicht frei hat – sprich: traurig, verliebt oder gestresst ist – kann gar nicht vernünftig lernen. „Ich empfehle dann, den Tag sein zu lassen und sich erst einmal seiner Emotionen bewusst zu werden“, sagt Hanna Hardeland. „Das hilft.“