6500 Deutsche arbeiten über den Globus verstreut in internationalen Organisationen. Rechtsexperten werden überall gebraucht – auch Referendare

Washington und Brüssel, Den Haag, Barbados und Paris, Manila und Nairobi. Die Liste mehr oder weniger exotischer Orte, an denen internationale Organisationen ihren Sitz haben, ist lang. So verschieden wie die Orte sind auch die Themen, die sich die rund 200 Institutionen, in denen Deutschland Mitglied ist, auf die Fahnen geschrieben haben: Vom Fledermausschutz bis zur Verfolgung von Völkermord und Kriegsverbrechen reicht die Bandbreite. Handelsabkommen, Gesundheit, Flugsicherheit oder Kinderrechte, der Schutz geistigen Eigentums oder Entwicklungszusammenarbeit – die Vielfalt der Gebiete wächst dank der Globalisierung stetig.

Die Herkunft der Mitarbeiter dieser Organisationen ist genauso bunt wie die Aufgaben. Auch aus Deutschland kommen viele von ihnen. „Rund 6500 Deutsche sind in internationalen Organisationen tätig“, sagt Julie Tumler, die im BFIO, dem „Büro Führungskräfte zu internationalen Organisationen“ der Bundesagentur für Arbeit als Beraterin arbeitet. In aller Regel seien dies Akademiker.

Wie viele davon ganz konkret einen juristischen Hintergrund haben, wird allerdings nicht erfasst. „Klar ist aber, dass alle internationalen Organisationen grundsätzlich Bedarf an Juristen haben, weil es überall Rechts- und Personalabteilungen gibt“, sagt Julie Tumler. „Außerdem befassen sich viele Institutionen mit juristischen Themen – wie etwa der Internationale Strafgerichtshof, der Europäische Gerichtshof oder internationale Friedensmissionen.“ Auch beim Europarat sowie bei der Europäischen Kommission seien viele Juristen tätig.

„Wir bekommen rund 3000 Anfragen im Jahr“, sagt Julie Tumler. „Etwa 500 bewerben sich dann tatsächlich bei einer internationalen Organisation. Wie viele schließlich dort einen Job bekommen, ist aber schwer zu sagen.“ Vorausgesetzt werden ausgezeichnete akademische Leistungen und Fremdsprachenkenntnisse. Es hilft, Experte für ein seltenes Fachgebiet zu sein.

Speziell Juristen haben die Möglichkeit, über ihr Referendariat in die Welt der internationalen Organisationen einzusteigen. Zum Beispiel Fiona Burkert: „Ich habe bei der Weltbank in Washington meine Wahlstation gemacht“, sagt die 29-jährige Juristin. Dort habe sie bei der „Integrity Vice Presidency“ gearbeitet, einer Abteilung, die sich mit der Korruptionsbekämpfung in weltbankfinanzierten Projekten beschäftigt.

Ihr Kollege Manuel Goetzendorf, der dort ebenfalls seine Wahlstation absolviert hat, ergänzt: „Der Abteilungsleiter ist ein deutscher Jurist, der bereits einige Erfahrung mit dem Einsatz von Referendaren hat. Das ist äußerst vorteilhaft, da er die jungen deutschen Mitarbeiter gezielt einzusetzen weiß und ein erfolgreiches Programm für die Ausbildung von Rechtsreferendaren etabliert hat.“

So spannend beide ihre Referendarzeit in der „durch und durch international geprägten US-Hauptstadt“, wie Goetzendorf schwärmt, auch fanden – der Preis dafür ist hoch. „Washington D.C. ist sehr teuer. Gerade die horrenden Mietkosten belasten das ohnehin schon schmale Referendarskonto extrem“, sagt Goetzendorf. „Wer zentrumsnah wohnen möchte, zahlt für ein kleines möbliertes Zimmer in einer WG schnell einmal 1500 Dollar.“

Das Bewerbungsverfahren für Referendare ist vergleichsweise formlos – eine E-Mail mit Lebenslauf und Zeugnissen genügt, bei Interesse der Organisation folgt ein auf Englisch abgehaltenes Telefoninterview. Je mehr Praktika, Auslandserfahrung oder spezielle Kenntnisse ein Kandidat vorweisen kann, desto interessanter ist er für eine internationale Organisation. Fiona Burkert etwa hat ein Auslandssemester in Riga (Lettland) verbracht und einen Abschluss als Master of Laws der University of Connecticut School of Law.

Flexibilität muss sein, denn ein großer Teil der „Berufseuropäer“ hat nur befristete Verträge. „Wer bei internationalen Organisationen arbeitet, zieht häufig um und wechselt auch mitunter die Organisation“, sagt Julie Tumler vom BFIO. „Es sei denn, er ist in europäischen Institutionen in Brüssel tätig.“

Doch egal ob in Festanstellung oder mit Zeitvertrag, ob EU oder Weltbank, ob Einsatz in Europa, Amerika oder Afrika – was die Mitarbeiter eint, fasst Bidjan Nashat, ein junger deutscher Jurist bei der Weltbank in Washington, zusammen: „Man trifft viele sehr gut ausgebildete Menschen aus der ganzen Welt, beschäftigt sich mit anspruchsvollen Themen und versucht immer, mit seiner Arbeit die Welt ein wenig besser zu machen.“