Die Berufsunfähigkeitsversicherung soll Arbeitnehmer im Ernstfall absichern. Doch die Hürde ist der Gesundheitscheck

Die Situation ist eine der schlimmsten, die sich Berufstätige vorstellen können: eine lange Krankheit, ein schwerer Unfall - und keine Möglichkeit, weiter im bisherigen Job zu arbeiten. Um dann nicht von staatlicher Hilfe abhängig zu werden, schließen viele eine private Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Doch die Versicherer benötigen Zeit, um im Ernstfall die Situation zu prüfen. Und häufig gibt es Streit um den Gesundheitscheck.

Wenn er erkrankt, sollte der Betroffene seine Versicherung so früh wie möglich über die wahrscheinliche Berufsunfähigkeit informieren: "Wenn absehbar ist, dass ich meine berufliche Tätigkeit auf Dauer nicht mehr ausüben kann", sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten in Henstedt-Ulzburg. Was "auf Dauer" bedeutet, stehe im Vertrag.

Una Großmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft zitiert eine gängige Definition: Die meisten Versicherer zahlen, wenn "die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung und Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann".

Über die ersten anderthalb Jahre der Krankheit muss sich ein Angestellter meist keine Gedanken machen. Sechs Wochen lang ist sein Arbeitgeber verpflichtet, Lohn oder Gehalt fortzuzahlen, dann erhält er Krankengeld von seiner Krankenversicherung, mindestens 70 Prozent des Einkommens. Selbstständige müssten sich für diesen Fall mit einer privaten Krankentagegeldpolice absichern, sagt Großmann. Wenn sie in einer gesetzlichen Krankenkasse sind, müssen sie einen Aufschlag zahlen.

Geht es dann daran, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlen soll, tauchen allerdings häufig Schwierigkeiten auf. Boss rät Betroffenen darum dazu, sich professionelle Unterstützung zu holen, wenn sie Leistungen anfordern wollen. Ein Rechtsanwalt könnte das sein, ein behördlich zugelassener Versicherungsberater (nicht zu verwechseln mit dem Versicherungsmakler), die Verbraucherzentralen oder der Bund der Versicherten. Geprüft werde die Berufsunfähigkeit anhand von Fragebögen an den Versicherten und seinen Arzt sowie meist zusätzlich mithilfe eines Gutachters.

Probleme entstünden auch, wenn Versicherte beim Abschluss des Vertrags nicht alle Fragen des Gesundheitschecks ehrlich beantwortet haben. Die sogenannte Risikoüberprüfung, diene dazu, die "Wahrscheinlichkeit eines Schadensfalls" einzuschätzen, erklärt Großmann. Vorhandene Krankheiten wie Rückenleiden, die zu Berufsunfähigkeit führen können, erhöhen die Prämie oder führen dazu, dass das Unternehmen einen Kunden ablehne, sagt Boss. "Da sind die Versicherer pingelig."

Trotzdem wäre es falsch, beim Gesundheitscheck zu lügen oder etwas aus Nachlässigkeit nicht anzugeben, so verlockend das sein mag. "Mit meinem Vertrag erlaube ich der Versicherung im Schadensfall alle Angaben einzuholen", sagt Bianca Boss. Man sei dann sozusagen ein gläserner Mensch. Wer zum Beispiel wegen eines Rückenleidens berufsunfähig wird, physiotherapeutische Anwendungen aber beim Gesundheitscheck nicht genannt hat, für den kann es schwierig werden, an Leistungen zu kommen.

Darum rät Boss dazu, sich für die Risikoprüfung Zeit zu nehmen. "Am besten gehe ich mit meinem Hausarzt durch, welche Termine ich in den vergangenen Jahren hatte." Gut sei, wenn der Versicherer nur Krankheiten der vergangenen fünf Jahre abfrage. Manche wollten aber auch Auskunft über zehn Jahre haben. Für wen es noch nicht zu spät ist, dem empfiehlt Verbraucherberaterin Boss, den Vertrag in einem Alter zu unterzeichnen, in dem noch keine Krankheiten aufgetreten sind. "Eigentlich kann ich das schon als Schüler, ab 15 Jahren."