Warum es oft sinnvoll ist, gründlich nachzudenken und langsam zu handeln - das diskutierten die Teilnehmer des 11. Pawlik Sales Congress in Hamburg.

Hamburg. "Ein Schläger und ein Ball kosten zusammen 1,10 Euro. Der Schläger kostet einen Euro mehr als der Ball. Wie viel kostet der Ball?" Eine einfache Rechenaufgabe. Scheinbar einfach. Die rund 250 Manager im Hamburger Hotel Gastwerk kamen erheblich ins Grübeln, als Joachim Pawlik, Vorstandschef der Pawlik Sales Consultants AG, die Teilnehmer des 11. Sales Congress mit dieser Frage begrüßte.

Pawlik verwies damit auf den Psychologen und Nobelpreisträger für Wirtschaft, Daniel Kahneman, dessen aktuelles Buch "Schnelles Denken, langsames Denken" heißt. Sehr anschaulich stellt Kahneman dar, dass unser Gehirn mit zwei verschiedenen Denksystemen arbeitet - einem intuitiven, blitzschnellen System 1 und dem analytischen, langsamen System 2.

Pawlik leitete so auf das Kongressthema "Langsam - Die Balance der Geschwindigkeiten" hin. "In unserem zunehmend hektischeren Berufalltag hat sich gewiss jeder schon einmal gefragt, ob diese unbedingte Eile in vielen Fällen überhaupt einen Sinn macht", sagte Pawlik. "Denn die reine Geschwindigkeit ist kein Gradmesser für Effektivität und Effizienz. Doch auch konzentrierte Langsamkeit kann unmöglich auf Dauer zum Erfolg führen."

Der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer, Ex-Puma-Chef Jochen Zeitz, Hirnforscher Manfred Spitzer, der Publizist Roger Willemsen, der Autor Rolf Dobelli sowie Extremsportler Joey Kelly gaben dem Thema völlig unterschiedliche Facetten.

Anhand eines Zitats aus Oscar Wildes "Das Bildnis des Dorian Gray" erklärte Klaus Töpfer, dass Zeit im 19. Jahrhundert als Indikator für Reichtum galt. "Heute ist Zeitmangel ein Statussymbol." Eindringlich forderte Töpfer das Publikum auf, sich nicht von kurzfristigen Notwendigkeiten beherrschen zu lassen. "Wenn wir aufhören zu denken, wenn jemand sagt, etwas sei alternativlos, dann haben wir eine schwierige Zukunft vor uns. Das Wort ,alternativlos' ist ein Offenbarungseid der Kurzfristigkeit." Töpfer plädierte dafür, die langfristigen Folgen von Entscheidungen genau abzuwägen: "Nachhaltigkeit ist eine Verlängerung der Zeitachse."

Das Thema Nachhaltigkeit berührt auch Jochen Zeitz existenziell: Er orientiert sich als Person und als Unternehmer an der Regel "Du erntest, was du säst". Wer der Erde mehr nimmt, als er ihr gibt, verstoße gegen das grundlegende ökologische Prinzip, das gleichzeitig das "Kernstück einer ökonomischen Gleichung" sei. Zeitz zog daraus in seiner aktiven Zeit als Vorstandsvorsitzender die Konsequenzen: "Bei Puma haben wir zum Teil völlig umdenken müssen, um zu lernen, besser innerhalb der Zyklen und Gesetze der Natur zu wirtschaften." Diese Vorstellung setze eine Symbiose von Wirtschaft und natürlichen Ressourcen voraus, welche die Natur erhalte, statt sie zu verdrängen, betonte Zeitz. Dabei müsse die Natur genauso bewertet werden wie wirtschaftliches Wachstum. Ein ökofreundlicher Kapitalismus setze auch voraus, dass habgieriges Wirtschaften berichtigt und beseitigt werden müsse. Mit seiner 2008 gegründeten Stiftung fördert Zeitz inzwischen innovative Konzepte zum Thema Umweltschutz im Einklang mit Gesellschaftsentwicklung, Kultur und Handel.

In einer rasanten Kulturgeschichte der Zeit skizzierte der wortmächtige Schnellsprecher Roger Willemsen unser dialektisches Dilemma im Verhältnis zur Zeit: "Aus Angst, das Leben zu verpassen, beschleunigen wir das Leben immer mehr - und verpassen den Augenblick." Alles, was sinnlich wahrnehmbar sei, woran wir uns später erinnern, gehöre jedoch in den Augenblick, den wir bewusst wahrnehmen.

Rolf Dobelli, Autor des Bestsellers "Die Kunst des klaren Denkens", führte dem Hamburger Publikum klassische Denkfehler vor. Zum Beispiel unseren Hang zum "Action Bias" (auf Deutsch etwa: Überaktivität). Menschen neigen in einer unklaren Situation nicht zum Abwarten, sondern zum Handeln. Etwa der Torhüter, der beim Elfmeter immer in eine Ecke hechtet, obwohl ein Drittel der Schüsse in die Mitte gehen, oder der Arzt, der auch bei unklarem Krankheitsbild ein Medikament verschreibt. Dieser Hang zur Aktivität sei Teil unseres genetischen Erbes, so Dobelli: "Blitzschnelles Reagieren war in der Steinzeit überlebenswichtig. Doch unsere heutige Welt ist anders: Sie belohnt scharfes Nachdenken gegenüber hektischer Aktivität."

Dass schnelle Lösungen nicht immer richtig sind, beweist übrigens die eingangs von Joachim Pawlik gestellte Rechenaufgabe. Die meisten Menschen bepreisen den Ball spontan mit "10 Cent", sogar sehr viele Menschen, die für besonders intelligent gehalten werden und an Eliteuniversitäten studieren. Sie irren alle. Sie sind auf System 1 hereinfallen - der oft gepriesenen Intuition. System 2 kann das leicht beweisen: Wenn der Ball 10 Cent kostet und der Schläger einen Euro mehr, dann kostet der Schläger 1,10 Euro und beides zusammen 1,20 Euro. Also lautet die richtige Lösung: 5 Cent.