Personalberaterin Bernadette Büsgen gibt Tipps fürs Verhalten im Auswahlverfahren – inhaltliche Vorbereitung ist das A und O.

Erst einmal ist die Freude groß: Das Unternehmen hat geantwortet! Und im Briefkasten hat der Bewerber keinen dicken A4-Umschlag mit seinen Unterlagen gefunden, sondern ein kleines, feines Einladungsschreiben. Doch nicht zum Bewerbungsgespräch - die Firma bittet zum Assessment-Center.

Assessment-Center (AC) sind Auswahltage, die oft für Hochschulabsolventen, aber auch für Bewerber auf Führungsjobs veranstaltet werden. Auszubildende und Kandidaten fürs duale Studium werden mitunter ebenfalls auf diese Weise getestet. Vor allem Beratungsunternehmen und Banken setzen ACs gern ein. "Und große Dax-Unternehmen", sagt Bernadette Büsgen, selbstständige Personalberaterin in Lübeck.

ACs seien immer eine Kombination aus Einzelaufgaben und Dialog- oder Gruppensituationen, erklärt Büsgen. Im Gegensatz zum Jobinterview könne man Verhalten und Können der Bewerber live erleben. "Der Fokus liegt im Assessment-Center auf den Soft Skills", sagt Bernadette Büsgen. Teamfähigkeit, Kommunikationsstärke, Führungsqualitäten - je nachdem, was in dem Job gebraucht wird, kann im AC geprüft werden.

In einer beliebten Gruppenaufgabe geht es zum Beispiel darum, Büros oder Urlaubszeiten zu verteilen. Büsgens Tipp: Bewerber sollten nicht versuchen, ihre Position auf Biegen und Brechen durchzusetzen. "Aber sie sollten auch nicht sofort Kompromisse anbieten." Am besten kommen meist die Kandidaten an, die alle Positionen der Beteiligten ausloten und eine Win-win-Situation herbeiführen.

"Bewerber sollten sich vor einem AC immer überlegen, was die Erfolgskriterien in der ausgeschriebenen Stelle sind", sagt Büsgen. "Wahrscheinlich werden die Aufgaben des ACs darauf ausgerichtet sein." So könnten die Kandidaten ein bisschen besser einschätzen, was sie erwartet.

Typische Übungen in den meist zweitägigen ACs sind die Selbstpräsentation, Diskussionen, Konfliktgespräche (zum Beispiel eine Kundenbeschwerde), der Postkorb (Aufgaben unter Zeitdruck nach ihrer Dringlichkeit sortieren). "Bei Berufseinsteigern gehört in der Regel immer die Gruppendiskussion dazu", sagt Bernadette Büsgen. "Man will sehen, wie sie zusammenarbeiten und wie die Einzelnen ihre Ideen einbringen." Ein gern gemachter Fehler: "Der Bewerber denkt, er muss das Alphatierchen sein", sagt Büsgen. "Aber es wird nicht unbedingt derjenige genommen, der den größten Redeanteil hat." Oft urteilten die Assessoren - die Beobachter im AC - auch: "Der profiliert sich nur auf Kosten der anderen."

Ein anderer häufiger Fehler sei es, einfach nur die Erwartungen des Unternehmens zu bedienen, erklärt die Personalberaterin. Es gehöre darum zur guten Vorbereitung, sich über seine innere Haltung klar zu werden. "Gehen Sie nicht als Schüler, der geprüft wird, ins AC, sondern auf Augenhöhe", sagt Büsgen. "Prüfen Sie: Geht das Unternehmen sorgfältig und wertschätzend mit mir um? Will ich für diesen Arbeitgeber tätig werden?"

Inhaltlich sollten Bewerber ähnlich gut vorbereitet sein wie aufs Jobinterview: wissen, wo ihre Stärken und Schwächen liegen, eine kurze Selbstvorstellung parat haben, über das Unternehmen Bescheid wissen, Gesprächssituationen geübt haben. "Fragen Sie vorher auch mal Bekannte, wie Sie beim ersten Treffen auf sie gewirkt haben", rät Bernadette Büsgen. Ähnlich werde es wahrscheinlich von den Veranstaltern des AC empfunden. Wer vorher im Freundeskreis auf Marotten hingewiesen wird, kann sich die nicht so schwerwiegenden vor dem wichtigen Termin noch abgewöhnen.