Tun Sie gutes für Ihren Körper: Wie Beschäftigte mehr Bewegung in ihren Alltag integrieren, erklärt Physiotherapeutin Imke Weidtman

Berlin. "Jede Bewegung ist besser als keine", sagt Physiotherapeutin Imke Weidtman. Wer anfangen will, seinem vom Büroalltag gebeutelten Körper etwas Gutes zu tun, braucht also erst mal kein umfangreiches Sportprogramm. "Viele denken, sie müssten komplett ihr Leben ändern", sagt Weidtman. "Aber das stimmt nicht, auch die kleinen Dinge helfen." Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich, schmerzende Hände, Rückenprobleme, Spannungskopfschmerzen und gereizte Augen - darüber klagen Schreibtischtäter am häufigsten. "Durch die Arbeitsverdichtung muss man heute mehr und konzentrierter arbeiten", sagt Weidtman. "Mitunter sitzt man dann so vertieft und regungslos vor dem Bildschirm, dass es einem erst auffällt, wenn Schmerzen auftreten."

Am Arbeitsplatz gebe es zwei Stellschrauben: Zum einen muss der Arbeitsplatz "gesund" eingerichtet sein. Dazu gehört etwa, dass der Stuhl beweglich und so hoch ist, dass Ober- und Unterschenkel möglichst einen leicht offenen Winkel bilden, der Tisch erlaubt, dass die Unterarme locker aufliegen können und der Blick auf den Bildschirm etwas nach unten geneigt ist.

Informationen dazu bietet etwa die Broschüre "So klappt die Bildschirmarbeit" der Initiative Neue Qualität der Arbeit ( www.inqa.de ).

"Zum anderen geht es darum, Bewegung in meinen Alltag zu integrieren", sagt Arbeitsplatzberaterin Imke Weidtman. Dazu gehöre, sich zwischendurch immer mal wieder zu dehnen und zu strecken, auf dem Stuhl zu wippen, beim Telefonieren aufzustehen, mittags einen kleinen Spaziergang zu unternehmen. Weidtman: "Das weiß jeder, aber keiner macht es."

Darum ist es ihr wichtig zu unterstreichen, dass man für den Anfang keine zu hohen Ansprüche an sich stellen sollte. "Viele Berufstätige scheitern daran", sagt Weidtman. Dann sei der Frust umso größer und die Belastung für den Körper noch einmal höher. Das abendliche Sportprogramm allein reiche übrigens nicht aus, um alle Fehlhaltungen des Tages auszugleichen, sagt Weidtman: "Man muss auch tagsüber gut mit sich umgehen."

Wer gemeinsam mit anderen seine aktive Pause macht, dem fällt es meist leichter, am Ball zu bleiben. Und es schützt auch vor dummen Sprüchen der Kollegen, wenn gleich mehrere mitmachen. Ideal sei es, wenn Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangingen, sagt die Physiotherapeutin.

Im Idealfall entwickeln Betroffene sogar Spaß an der Bewegung. Die Einstellung "Ich tue etwas für mich" sei vorteilhafter als ein "Ich muss jetzt was tun, sagt der Arzt". Weidtman rät auch dazu, mit weniger Angst auf vom Orthopäden diagnostizierte "degenerative Veränderungen" zu reagieren. "Der sogenannte Verschleiß, die altersentsprechenden Veränderungen an der Wirbelsäule sind normal." Sich zu schonen sei aber - von akuten starken Schmerzen abgesehen - der falsche Weg. "Sind Beschwerden chronisch, ist Schonung kontraproduktiv", sagt die Ergonomieexpertin. "Die Muskulatur wird unterfordert und bildet sich zurück."

Weidtmans Tipp fürs Durchhalten: "Eröffnen Sie nicht zu viele Baustellen auf einmal. Wer sich gleichzeitig vornimmt, schwimmen zu gehen, ein Fitnessstudio zu besuchen, Stress besser zu bewältigen und seine Ernährung umzustellen, wird höchstwahrscheinlich enttäuscht."

Außerdem rät sie zu Gewohnheiten: "Ein fester Termin in der Woche, eine Verabredung zum Sport, täglich fünf Minuten Ausgleichsübungen vor der Mittagspause - solche Rituale helfen dranzubleiben."