Stefanie Hehn ist als Deutschlands “Bester jüngster Sommelier“ ausgezeichnet worden. Meistens arbeitet sie im Service und berät Gäste.

Konzentriert riecht Stefanie Hehn an dem Burgunder in ihrem Glas. Dann nippt sie daran. "Kirsche, Wacholder, Schokolade", urteilt die 26-jährige Sommelière und schwenkt das Weinglas nochmals leicht in der Luft, um die Farbe zu begutachten und wie zäh der Burgunder fließt.

Hehn weiß, wovon sie spricht, gehört sie doch deutschlandweit zum erfolgreichsten Nachwuchs ihres Metiers. In diesem Jahr wurde sie mit dem Sonderpreis für den "Besten jüngsten Sommelier Deutschlands" ausgezeichnet. Für ihren Beruf braucht sie aber nicht nur einen guten Geschmacks- und Geruchssinn. "Auch Leidenschaft gehört unbedingt dazu", sagt Hehn, die in ihrem diesjährigen Urlaub in der Steiermark auch gleich fünf Winzer, eine Schnaps-Brennerei und eine Schokoladenfabrik besucht hat.

Ihre Begeisterung für Wein entdeckte sie während der Ausbildung zur Hotelfachfrau in einem Gourmetrestaurant in Bad Kissingen. Anschließend besuchte sie die Sommelierschule in Koblenz. Seit gut einem Jahr arbeitet sie im Hamburger Louis C. Jacob als Sommelière. "Egal wie lange man diesen Beruf ausübt, man lernt immer dazu", sagt Hehn. Schließlich baut heute fast jedes Land der Welt Wein an, auch solche in kühleren Gefilden wie Schweden oder Großbritannien. Abertausende von verschiedenen Rebsorten gibt es im Weinbau, allein in Portugal zum Beispiel sind es mehr als 400 Sorten.

Die meiste Zeit arbeitet die gebürtige Fränkin im Restaurant im Service. Bei ihrer Beratung beschränkt sie sich nicht nur auf Wein. "Wir empfehlen auf Wunsch zum Essen auch Bier, Mineralwasser oder Säfte sowie den Aperitif und Digestif", sagt Hehn. Zudem muss sie sich für die passende Empfehlung auch mit den Gerichten und deren Zubereitung auskennen. Dafür findet einmal monatlich eine Menü-Besprechung mit den Kollegen aus der Küche statt. Die Karte wird durchgegangen, und Hehn probiert einzelne Speisen zusammen mit unterschiedlichen Weinen. "Dann überlege ich bereits, welche Getränke und Weine zum Essen passen", sagt sie. Ein guter Sommelier darf nicht krüsch sein: "Es gibt fast nichts, was ich nicht mag, außer vielleicht Blauschimmelkäse", sagt Hehn. Aber auch den probiert sie immer wieder.

Das Wohl des Gastes steht im Mittelpunkt. "Als Dienstleister orientieren wir uns stets an seinen Wünschen", sagt Hehn. Bei der Beratung gehe es nie darum, jemanden zu bekehren, sondern lediglich darum, unterstützend zur Seite zu stehen. Auch weil einige Gäste schon sehr genau wissen, was sie wollen. "Man braucht Menschenkenntnis, Fingerspitzengefühl und einen gewissen Charme", sagt Stefanie Hehn. In fünf Minuten ist die Auswahl meist abgeschlossen. "Die Gäste haben dann auch Hunger und wollen sich keine langen Ausführungen über Weine und Speisen anhören", sagt Hehn.

Fachgerecht den Wein zu servieren gehört ebenso zu ihrem Job. Ein junger Rotwein wird dekantiert, damit sich seine Aromen an der Luft entfalten können. Bei einem sehr alten Rotwein hingegen können zu früh geöffnet die Aromen regelrecht in sich zusammenfallen.

Mit rund 20 000 Flaschen ist der Weinkeller des Louis C. Jacob einer der größten Hamburgs. Hehn führt ihn zusammen mit ihren beiden Kollegen. Dazu gehören auch die monatliche Inventur und das Bestellen neuer Weine. Zudem ist sie mitverantwortlich für die richtige Lagerung. "Meinen persönlichen Geschmack blende ich aus", sagt Hehn. Die Weine sollen zuerst zum Küchenstil und den Gerichten passen. Und auch der Preis muss stimmen. "Wir haben hier allerdings auch Portweine, die über 1000 Euro pro Flasche kosten."

Regelmäßig besucht die Sommelière Weingüter und Veranstaltungen wie die internationale Fachmesse ProWein. Stets ist sie auf der Suche nach einem besonderen Tropfen. "Bei einer Bordeaux-Verkostung probiere ich in zwei Stunden etwa 80 verschiedene Weine", sagt Hehn. Nicht nur Klassiker, auch neue Weine aus unkonventionellen Anbaugebieten verkostetet sie regelmäßig. "Man möchte die Gäste schließlich auch überraschen können", sagt Hehn.

Ihre Erfahrung kommt ihr inzwischen auch bei Auftritten vor Publikum zugute. Etwa wenn sie bei Verkostungen für Fachzeitschriften ihr Urteil abgeben soll oder Treffen und Seminare rund um das Thema Wein moderiert. Dabei organisiert sie mit den Kollegen auch Veranstaltungen, die im eigenen Haus stattfinden, wie etwa die jährliche Big Bottle Party, bei der rund 40 Spitzenwinzer aus der ganzen Welt im Louis C. Jacob zusammenkommen.

Unter Fachleuten hat sie sich längst einen Namen gemacht. Beim Servieren im Restaurant dagegen muss sie als junge Frau in ihrem Beruf auch heute manchmal noch mit Vorurteilen kämpfen: "Einige Herren fragen dann nach einem männlichen Kollegen mit mehr Erfahrung", sagt Hehn. Das müsse man als Profi aber mit Gelassenheit nehmen.