Der Bielefelder Horst Oberquelle lehrt heute als Professor dort, wo er vor 43 Jahren schon studierte - und demonstrierte

Vor 43 Jahren betrat er das erste Mal den Campus der Universität Hamburg. Damals waren Computer noch große Schränke, durch die viele Magnetbänder rotierten. Heute sitzt Prof. Dr. Horst Oberquelle vor einem vergleichsweise winzigen Mac in seinem Zimmer am Informatikum in Stellingen.

Ein Regal voller Bücher und Aktenordner zeugt von der langen Zeit, die Oberquelle hier verbracht hat. Vom ehemaligen Studenten der Informatik ist er mit den Jahren zum Lehrenden und Fachbereichsleiter aufgestiegen. Nun hat er nur noch ein Semester an der Universität Hamburg vor sich, bevor er in den Ruhestand geht.

Den Bielefelder zog es für das Studium in die Hansestadt. "Für mich war das ein Experiment," sagt der 64-Jährige. Oberquelle hatte keine klare Vorstellung vom Studium, er kam aus einer Familie ohne Akademiker, die auf dem Land lebte. Sein Vater war zu See gefahren. Deshalb war auch für ihn der Studienort Hamburg gerade noch akzeptabel - wenn auch weit weg von zu Hause.

Dass er einmal sogar Hochschullehrer werden würde, hätte er sich damals noch nicht vorstellen können. "Ich wusste nicht einmal, was so jemand überhaupt macht," sagt er schmunzelnd.

Die damalige Atmosphäre im Studiengang Informatik beschreibt Oberquelle als sehr kollegial. Es war die Zeit der Studentenproteste. "Damals war es völlig normal, dass man an den großen Vollversammlungen im Audimax teilgenommen und in Brokdorf demonstriert hat," sagt Oberquelle. Ein Jahr bevor er mit dem Studium begann, war das für die Studentenbewegung der 1960er-Jahre berühmte Transparent "Unter den Talaren - Muff von 1000 Jahren" im Audimax der Universität Hamburg enthüllt worden. Die Studenten protestierten damit gegen elitäre und überholte Strukturen der damaligen Hochschulpolitik.

Horst Oberquelle baute damals selbst die Fachschaft des Studiengangs mit auf und bildete Arbeitsgemeinschaften. Im Vergleich zur damaligen Zeit fällt ihm auf, dass sich heute immer weniger Studenten freiwillig engagieren. "Die Studenten haben heute viel weniger Zeit, wirklich Dinge zu tun, die ihnen Spaß bereiten," sagt der Hochschullehrer bedauernd.

Ein Grund hierfür sei aber auch das neue Bachelor-/Master-System. "Heutzutage muss jedes Modul einzeln geprüft werden. Wir hatten als Studenten bis zum Vordiplom eigentlich gar keine Klausuren," sagt Oberquelle. So blieb dem Studierenden Zeit, um sich zu engagieren, aber auch, um Kontakte zu knüpfen. Einige davon sind Horst Oberquelle bis heute erhalten geblieben.