Berufsporträt: Andreas Kalinowski spürt mit feinen Sinnen dem Aroma nach

Einfachen grünen Bohnen tolle, unverwechselbare Aromen zu entlocken - das entfacht jeden Tag aufs Neue Andreas Kalinowskis Ehrgeiz. Die Röstung bestimmt zu einem Großteil den Geschmack des Kaffees. Das Spektrum reicht von spritzig, frisch über dumpf, süßlich oder pikant und würzig bis zu rauchig. Jeder Röster könne etwas anderes aus dem Produkt herausholen, sagt Kalinowski. "Allein deshalb gibt es kaum ein spannenderes Produkt."

Der 24-Jährige ist Chefröster in der Speicherstadt Kaffeerösterei. Jetzt wirft er einen Blick auf die Temperaturanzeige am Trommelröster. Darin werden die Bohnen langsam erhitzt. Innerhalb von 20 Minuten steigt die Temperatur auf 215 Grad. Ein Knacken signalisiert, dass sich Proteine und Zucker in den Bohnen verbinden. Genau in diesem Moment zieht Kalinowski Proben aus der Trommel und prüft die Röstung: Die Farbe der Bohne muss stimmen, die Mittelkerbe hell leuchten. Wenige Sekunden entscheiden über Unter- oder Überröstung. "Bei uns ist das Rösten noch richtiges Handwerk."

Die Speicherstadt Kaffeerösterei produziert jährlich 120 bis 140 Tonnen Kaffee. Unter den rund 40 verschiedenen Spezialkaffees sind auch Raritäten, wie KopiLuwak oder KopiTongkonanToraja aus Indonesien, die im Handel rund 200 Euro pro Kilo kosten. Die Röstungen finden auf 40 Quadratmetern zwischen Jutesäcken und Kaffeepaketen mitten im Café der Speicherstadt Rösterei statt, wo die Hausmarken auch ausgeschenkt werden. Das Gros geht jedoch in den Handel von Deutschland über Österreich bis nach Russland und die Ukraine.

Im Café der Rösterei hat Kalinowski vor fünf Jahren als Aushilfe hinter dem Tresen angefangen - parallel zu seiner Ausbildung zum Feinmechaniker. "Ich habe schnell guten Kaffee zu schätzen gelernt", sagt er. Und sich mehr und mehr für das Produkt interessiert. Ein Jahr später brach er seine Lehre ab, um in der Kaffeerösterei eine neue Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann zu beginnen. "Da Röster kein Lehrberuf ist, habe ich diesen Weg eingeschlagen", sagt Kalinowski. Heute leitet er die Produktion.

Der Röster braucht einen guten Geschmacks- und Geruchssinn und Leidenschaft für Kaffee, aber auch technisches und betriebswirtschaftliches Wissen. Denn zum Job gehört nicht nur das Rösten. Kalinowskis Arbeitstag startet mit der Verkostung der Sorten für den Ausschank. Danach geht es an die Tagesplanung mit dem Schichtleiter. Anhand der Bestellungen wird entschieden, wann der Bestand aufgefüllt werden muss. Ein Teil der Bohnen wird über Importbüros oder direkt von Kaffeefarmen gekauft. Der Rest an den Kaffeebörsen in New York oder London. Ist der Tageskurs zu hoch, wartet Kalinowski einen besseren Preis ab. Pro Kilo lassen sich so 30 bis 50 Cent sparen.

Später kontrolliert er die Produktion. "Dann fasse ich bei Bedarf auch bei der Warenverpackung mit an", sagt der Röstmeister. Anschließend beginnt das Rösten der unterschiedlichen Sorten. Die Maschinen kennt Kalinowski aus dem Effeff. Schäden repariert er meist selbst. Dabei helfen die Kenntnisse aus der Feinmechaniker-Lehre.

Am Nachmittag geht es in den Verkostungsraum: Importbüros schicken laufend Muster, die probiert werden müssen. "Das schult den Geschmackssinn, um die 800 bis 1000 Aromen ausdrücken und interpretieren zu können", sagt Kalinowski. Sorten die er gut findet, werden ins Sortiment aufgenommen. Der Röster stellt auch selbst neue Mischungen zusammen.

Rund 80 Länder am Äquator produzieren Rohkaffee. "Je nach Höhenlage und Farm unterscheiden sich die Qualitäten aber stark." Auf der Suche nach exquisiten Sorten reisen die Inhaber der Rösterei darum mehrmals im Jahr in die Anbaugebiete. Auch Röstmeister Kalinowski war kürzlich zwei Wochen mit in Kenia und hat dort 20 Farmen besucht. Von Hamburg aus telefoniert und mailt er regelmäßig mit den Kunden und Produzenten in Europa, Afrika, Asien und Südamerika, nicht nur um Angebote und Aufträge abzuwickeln. "Es ist wichtig, Informationen zu den unterschiedlichen Vorlieben der Länder auszutauschen, nur so kann man den Geschmack der Kunden treffen", sagt Kalinowski.