“Nerds“, Spezialisten der IT-Branche sind zurzeit besonders gefragt. Allein bei den Hamburger Spiele-Herstellern könnten 500 Mitarbeiter eingestellt werden.

Des einen Freud, des anderen Leid: Auch in der IT gilt dieser Spruch. "Für Arbeitgeber wird es zunehmend schwieriger, geeignete Mitarbeiter zu finden", sagt Dierk Ladendorff, Sprecher der Fachgruppe Personalentwicklung bei der Initiative Hamburg@work. "Für Arbeitnehmer dagegen sieht der Markt fantastisch aus. Die Nachfrage ist zurzeit besonders hoch."

Laut Handelskammer zählen in Hamburg gut 9000 Unternehmen zur Branche Informationstechnologie und Telekommunikation (ITK). Sie beschäftigen 45 000 Mitarbeiter. Tendenz steigend, denn immer mehr Arbeits- und Lebensbereiche werden digitalisiert. Der Branchenverband Bitkom rechnet fürs Jahr 2011 bundesweit mit 10 000 neuen Stellen - Ende dieses Jahres wären dann 858 000 Menschen in der ITK tätig. In einer Bitkom-Umfrage äußerten aber auch 59 Prozent der Arbeitgeber, der Mangel an hoch qualifizierten Spezialisten hemme ihr Wachstum.

Ein Schwerpunkt der Hamburger digitalen Wirtschaft sind Spiele ( www.gamecity-hamburg.de ). "Man geht davon aus, dass dort auf Anhieb 500 Fachkräfte eingestellt werden könnten", sagt Ladendorff, der Projektleiter beim Service Digitale Arbeit der KWB Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung ist. Gebraucht werden in den rund 200 Firmen Programmierer für Online- und Casual Games, für Android- und iPhone-Apps. Jährlich wächst die Zahl der Spiele-Hersteller um zehn Prozent. "Alles, was mit Programmieren zu tun hat, ist zurzeit sehr gefragt", sagt Ladendorff. Darüber hinaus gibt es Jobs im E-Commerce bei Handelsunternehmen und in Agenturen, die die Shops bauen, in Unternehmensberatungen, Web-Agenturen, der Telekommunikation und bei Datenverarbeitungsdiensten, etwa Anbietern von Archivierungssystemen.

Bei Adobe (100 Mitarbeiter in Hamburg) werden vor allem Programmierer, Interface Designer, Software- und Produktentwickler gesucht. "Das variiert", sagt Projektmanager Fabian Padge. Fachkräfte zu finden sei ein bisschen schwerer geworden, bestätigt er. Einerseits liege das an der verbesserten wirtschaftlichen Lage, andererseits habe Hamburg einen leichten Standortnachteil. "In der Region München zum Beispiel sind mehr große Player ansässig." Da wechselt ein Experte einfacher mal von einer Firma in die andere.

Der hohe Bedarf an IT-Kräften spiegelt sich in den Gehältern wider. "Besonders gut verdienen SAP-Experten", sagt Tim Böger, Inhaber der Vergütungsberatung PersonalMarkt in Hamburg. "SAP ist weit verbreitet, erklärungsbedürftig, muss immer wieder individualisiert werden." Und es seien gerade große Unternehmen, die SAP einführten. "Entsprechend gut kann in diesem Bereich verdient werden." Laut PersonalMarkt bekommen SAP-Berater zwischen 50 000 und 73 000 Euro Jahresgehalt. Ebenso gehörten Software-Projektleiter mit 65 000 Euro pro Jahr (im Median, d. h. 50 Prozent verdienen mehr, 50 Prozent weniger) zu den gut situierten ITlern. Als Führungskraft in der Branche sind sogar Gehälter zwischen 75 000 und 110 000 Euro zu erzielen. "Leiter verdienen immer mehr, auch Spezialistenwissen macht diesen Vorsprung nicht wett", sagt Tim Böger.

Freie Stellen, gutes Geld - ein interessantes Feld für den Nachwuchs. "Egal, ob mit Studium oder Lehre, wer jetzt fertig wird, findet auch einen Job", sagt Böger. Ältere ITler sieht er indes in derselben Falle wie gestandene Ingenieure: "Wenn sie ihr Knowhow nicht frisch halten, werden sie im Fall der Arbeitslosigkeit nichts Neues finden."

"Ich kann nur jedem Jugendlichen, der eine Begabung für Zahlen hat, raten, sich nach einem passenden Beruf in der IT umzusehen", sagt Dierk Ladendorff. "Der Arbeitsplatz wird ihm für 15 Jahre sicher sein - und in welcher Branche kann man das heute noch sagen?"

Ob Studium oder Ausbildung, beeinflusst die Chancen nicht. Eher die Ausrichtung: Als angehende Fachinformatiker können Azubis zwischen zwei Schwerpunkten wählen. Als Fachinformatiker Anwendungsentwicklung haben sie beste Aussichten. Mit der Richtung Systemintegration nicht so: "Alles, was mit Netzwerk-Administration zu tun hat, stagniert", sagt Ladendorff.

Bei den Hochschulabsolventen stehen Wirtschaftsinformatiker bei Arbeitgebern hoch im Kurs. In der Metropolregion seien auch die Absolventen des Studiengangs Medieninformatik der Fachhochschule Wedel sehr gefragt. Und voraussichtlich werden es auch die Absolventen des Fachs E-Commerce sein, glaubt der Arbeitsmarkt-Experte. Dieser Studiengang wurde in Wedel 2011 erst eingerichtet.

Doch der Nachwuchs ist ein bisschen zögerlich. Ladendorff: "Die IT ist immer noch mit dem Image 'Nerd' belegt. Gerade junge Frauen hält das ab." Dies Vorurteil wollen Firmen am Talent Day Medien + IT (s. Kasten) abbauen. Auch Fabian Padge wird dabei sein und zusammen mit Adobe-Kollegen jungen Besuchern erklären, welche Berufsbilder es im Unternehmen gibt. "Von uns werden Produktmanager dabei sein, Softwareentwickler, Grafiker - wir wollen die Breite der Möglichkeiten zeigen und sind gespannt auf die Teilnehmer."