Der Unternehmensberater und BWL-Professor Martin Klaffke im Interview über die Ansprüche der Generation Y an ihre Jobs.

Berlin. Man nennt sie Millennials oder Generation Y - junge Leute zwischen 25 und 30 Jahren. Sie haben früh gelernt, dass sie als Käufer umworben werden. Und erwarten dieselbe exklusive Behandlung von potenziellen Arbeitgebern.

Hamburger Abendblatt: Sie haben untersucht, wie sich Millennials am Arbeitsmarkt verhalten. Zunächst einmal - wer sind eigentlich genau die Millennials?

Martin Klaffke: Das sind jene, die in den 80er-Jahren geboren und in den 90ern groß geworden sind. Sie sind heute 25 bis 30 Jahre alt und machen rund 20 Prozent der Erwerbsbevölkerung aus - Tendenz steigend. Diese Generation stellt zwar keine homogene Gruppe dar, teilt aber gewisse Werte und Erfahrungen. Millennials sind mit digitaler Technologie und in einer emotional stimulierten Werbewelt aufgewachsen. Ihnen wurde vermittelt, dass sie in dieser Welt Premiumkunden sind und eine große Anzahl an Wahlmöglichkeiten haben.

Wie wirkt sich das aufs Berufsleben aus?

Klaffke :Diese Generation kann und will die Arbeitsbedingungen verhandeln. Das Gefühl, wählen zu können, umworben zu sein manifestiert sich auch im Arbeitsmarkt. Millennials haben hohe Erwartungen an Arbeitgeber.

Wie sehen die aus?

Klaffke: Sie erwarten eine andere Art der Führung, Entwicklungs- und Selbstverwirklichungsmöglichkeiten und sinnstiftende Tätigkeiten. Zudem legen sie Wert auf Transparenz, eine technische Ausstattung, wie sie sie aus dem Privaten gewöhnt sind, und Work-Life-Balance. Restriktive Arbeitsbedingungen wirken sich negativ auf die Wahrnehmung des Arbeitgebers aus.

Eine andere Führung werde erwartet, sagen Sie. Wie soll die sein?

Klaffke: Individuelle Wertschätzung und Aufmerksamkeit für die Person sind zentral. Führungskräfte müssen lernen, regelmäßig Feedback zu geben. Denn Millennials sind in den sozialen Medien zu Hause und gewohnt, vielfältige Rückmeldungen zu bekommen oder zu geben - etwa als "Like it" bei Facebook. Führung muss weggehen von reinen Zielvereinbarungen mit Prämien. Millennials erwarten von ihrer Führungskraft Inspiration und Sinnvermittlung. Das belegen Studien: Vorgesetzte haben es in der Hand, ob ein Mitarbeiter sich an den Arbeitgeber bindet und für ihn die "extra Meile" geht.

Wie sieht eine gelungene Work-Life-Balance für Millennials aus?

Klaffke: Sie betrachten Leistung und Genuss nicht als Antipoden, sondern wollen Lebensfreude auch während der Arbeit empfinden und Zeit sinnvoll entsprechend der eigenen Vorstellungen eigenverantwortlich einsetzen. Privat- und Berufsleben werden zukünftig noch stärker miteinander verschmelzen. So ist es beispielsweise schwer vermittelbar, warum Facebook oder andere soziale Medien im Firmen-Internet gesperrt sind. Sie erwarten Technologiefreundlichkeit und freien Informationszugang von der Organisation, in der sie arbeiten.

Für Firmen heißt das: Je mehr Technologie, desto interessantere Bewerber?

Klaffke: Eben nicht. Wenn Arbeitgeber denken, dass sie umso besser bei Millennials ankommen, je mehr Technik-Gimmicks sie haben, liegen sie falsch. Millennials erwarten nicht nur modernste Kommunikationstechnik, ihnen geht es um Vertrauen, Transparenz und Übernahme von Verantwortung für die Gesellschaft. Das haben die meisten Unternehmen noch nicht ausreichend erkannt.

Wie wirbt man denn als Unternehmen "richtig" um die Millennials?

Klaffke: Employer Branding wird an Bedeutung gewinnen, also die Methode, sein Unternehmen als attraktive Marke darzustellen. Unternehmen, die emotionale Elemente in ihre Marke einflechten, Persönlichkeit zeigen und nicht nur mit guter Bezahlung und Leistungsorientierung argumentieren, werden Vorteile haben, wenn sie als Arbeitgeber auf sich aufmerksam machen wollen. Wichtig ist dabei jedoch, die Marke an motivierenden Werten auszurichten und diese im Unternehmen auch real zu leben. Erkennen Millennials, dass alles nur schöner Werbeschein ist, werden sie die längste Zeit im Unternehmen gewesen sein.

Die Forderungen der Millennials sind ja hoch, was haben die Arbeitgeber davon?

Klaffke: Die sozialen Kontakte der Millennials sind für Unternehmen ein Wahnsinnspotenzial. Wenn beispielsweise in einem Projekt spezifische Aufgaben zu lösen sind, kann ein Millennial über sein Netzwerk andere Experten einbeziehen. Andererseits haben Arbeitgeber aber auch keine Wahl. Sie müssen sich wandeln - einfach weil Millennials irgendwann die Mehrheit der Berufstätigen stellen und Nachwuchskräfte immer knapper werden.