Nach einer erfolgreichen Bewerbung folgt die nächste Bewährungsphase - die ersten 100 Tage im neuen Job müssen gut überstanden werden.

Berlin. In der ersten Woche gleich den Urlaub eingereicht? Über die Kollegin mit den roten Schuhen gelästert? Ein schlechter Einstand. Denn nicht nur bei Politikern entscheiden die ersten 100 Tage im neuen Amt über Top oder Flop. Auch jeder Arbeitnehmer muss sich im ersten Vierteljahr im Unternehmen zunächst einmal beweisen. "In der Regel kann man nach drei Monaten sehr gut erkennen, ob jemand ins Team passt und ob er die richtige Qualifikation mitbringt", sagt Karl-Heinz List, Arbeitsrechtler und Personalberater in Prezelle, Lüchow-Dannenberg. Fachwissen sei dabei nicht alles: "Man erwartet auch, dass sich jemand engagieren und in die Gruppe einbringen kann."

Sabine Breitbart arbeitet in Hamburg als Beraterin in Sachen beruflicher Lebenslauf. Die Autorin von Karriereratgebern sagt: "Bewerber machen sich am Anfang viele Gedanken darüber, ob sie überhaupt gut genug für den Job sind und stürzen sich damit viel zu sehr auf die fachliche Komponente. Dabei gerät schnell in Vergessenheit, dass sie eigentlich zunächst einmal die neuen Kollegen kennenlernen sollten." Wie integriere ich mich ins Team, wie lerne ich die internen Arbeitsabläufe am schnellsten kennen, und wer sind die Entscheidungsträger? Das sind laut Breitbart die Fragen, die Jobneulinge zunächst einmal klären sollten.

Managementtrainer Johannes Stärk aus München rät Arbeitnehmern, von Anfang an alle ihnen zur Verfügung stehenden Informationen zu sammeln. Internet und Intranet seien dafür ebenso gute Quellen wie Handbücher und Mitarbeiterzeitschriften. "Knifflig ist es aber, möglichst früh an Insiderwissen zu kommen, denn das steht nicht in einer Imagebroschüre", sagt der Berater. Da helfe nur, die Ohren zu spitzen und mit den Kollegen zu sprechen. "Nur wer weiß, wer mit wem in der Abteilung kann und wer mit wem nicht, der kann seine Themen bei dem richtigen Ansprechpartner platzieren." Stärk rät deshalb dazu, sich möglichst schnell ein soziales Netzwerk aufzubauen, zum Beispiel in der Kaffeepause oder nach Feierabend. "Man sollte sich zunächst einmal immer bei den Leuten persönlich vorstellen und nicht nur per E-Mail kommunizieren."

Doch gerade junge Menschen verstecken sich häufig an ihrem Arbeitsplatz. "Die meisten Berufsanfänger haben das Problem, dass sie am Anfang zu abwartend und zurückhaltend sind", sagt Sabine Breitbart. Wer aber ein natürliches Interesse zeigt, Fragen stellt und seine Mitarbeit anbietet, kann im neuen Team schnell punkten.

"Offen für neue Aufgaben sein, aber den Kollegen nicht die Arbeit wegnehmen", rät Karriere-Coach Johannes Stärk. "Denn man sollte auf jeden Fall auch Respekt vor der Arbeit der Kollegen zeigen, die ja durch ihre längere Tätigkeit im Unternehmen erst einmal automatisch einen Informationsvorsprung haben." Gerade Hochschulabsolventen würden Gefahr laufen, Kollegen und Vorgesetzte stattdessen mit ihrem theoretischen Wissen zu überhäufen.

Dass die ersten 100 Tage tatsächlich über Erfolg und Misserfolg im Unternehmen entscheiden glaubt Breitbart in dieser Absolutheit dennoch nicht. "Es muss sich ja erst einmal herausstellen, wo die persönlichen Stärken sind, und da haben die Berufsanfänger auf jeden Fall noch eine Schonfrist", sagt sie. "Anders als von neuen Führungskräften wird von ihnen auch gar nicht erwartet, dass sie schon in den ersten Wochen Akzente im Unternehmen setzen."