Entlang der Lieferkette gibt es Jobs für Ungelernte, Gesellen und Akademiker. Die Logistik ist die drittgrößte Branche in Deutschland

Ostern ohne Schoko-Hasen? Undenkbar. Doch damit die Süßigkeiten rechtzeitig in den Regalen des Handels liegen, muss die wohldurchdachte logistische Versorgungskette ("Supply Chain") funktionieren.

Daran beteiligt sind Menschen mit den unterschiedlichsten Ausbildungen. Die Kette reicht vom studierten Supply-Chain-Manager, der an der Schnittstelle von IT und Logistik dafür sorgt, dass alle Glieder perfekt ineinandergreifen, über Fachkräfte für Lagerlogistik und Speditionskaufleute bis hin zu Lkw-Fahrern und Lagerarbeitern.

Trotz Automatisierung bewegen sich die Pakete nicht von selbst

Planung ist alles in der Lieferkette. Das Einkaufsteam der Hamburger Drogeriekette Budnikowsky zum Beispiel beginnt mit der Arbeit am Ostergeschäft, sobald das des Vorjahres ausgewertet worden ist. In der Produktion lösen die Ostergesellen quasi den Weihnachtsmann ab. Die Osterhasen von Alnatura etwa, die später in den Budni-Regalen landen, werden im Dezember und Januar bei einem Bio-Hersteller in Nürnberg produziert.

"Dort werden sie in Kartons verpackt, auf Euro-Paletten gestapelt und an das Alnatura-Verteilzentrum im südhessischen Lorsch geliefert", erklärt Michael Quitmann, Logistikleiter von Budnikowsky. Von da aus geht es per Lkw zum Budni-Logistikzentrum in Hamburg-Allermöhe, wo die Waren von Fachkräften für Lagerlogistik in Empfang genommen, sofort über ihren Strichcode identifiziert und kontrolliert werden. Anschließend fährt die Palette automatisch über ein Fördersystem ins Hochregallager und wird dort vollautomatisch eingelagert.

Steht die Auslieferung an, werden die Osterartikel über ein "Pick-by-Light-Verfahren" aus dem Regal geholt. Dabei leuchten Signallampen am Lagerfach auf, die den Kommissionierern - meist Fachkräfte mit einer Ausbildung in der Lagerwirtschaft - anzeigen, wo wie viel Ware für welche Filiale entnommen werden muss. Gut zusammengeschnürt gehen die Osterartikel dann gemeinsam mit der alltäglichen Budni-Lieferung auf Paletten auf Tour. Strichcodes sorgen dafür, dass per Scanner leicht abgelesen werden kann, welche Palette in welche Filiale gehört.

"Eine effiziente Supply Chain und perfekt aufeinander abgestimmte interne und externe Logistikprozesse gelten über alle Branchen hinweg inzwischen als entscheidender Wettbewerbsvorteil", sagt Arno Schaefer, Geschäftsführer des Hamburger Logistik Instituts (HLI). Das HLI sieht sich als Bindeglied zwischen Forschung und Praxis und hat sich die Förderung von Innovationen zum Ziel gesetzt.

Forscher arbeiten daran, einen Scanner zu entwickeln, der von fern funktioniert

Großes Optimierungspotenzial sieht Arno Schaefer etwa in der RFID-Technologie ("Radio Frequency Identification") - einem berührungslosen Identifikations-System. Es könnte beim Transport von Waren eine Menge Zeit sparen, denn per RFID können alle Strichcodes aller Waren in einem Container auf einmal erfasst werden. Einzelne Codes an einzelnen Paletten oder Kartons zu suchen und zu scannen, wird dadurch überflüssig. Angesichts der fortschreitenden Globalisierung gewinnt RFID stetig an Bedeutung.

Doch wie störungsanfällig ist die Supply Chain eigentlich? "Wir müssen gar nicht an Erdbeben oder Tsunamis denken, ein schlichter Streik bei der Bahn führt bei der Just-in-Time-Warenverfügbarkeit zu echten Problemen", sagt Detlef Aßmus, Mitglied der Geschäftsleitung am HLI und Regionalgruppensprecher der Bundesvereinigung Logistik. "Da ist Improvisationstalent gefordert."

An Hochschulen können Fächer mit Logistik-Schwerpunkt gewählt werden

An den Hochschulen wird deshalb eifrig geforscht. Es werden Szenarien durchgespielt, die Möglichkeiten aufzeigen, Warenflüsse noch sicherer und kostengünstiger zu gestalten. Dazu bietet etwa die Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg den siebensemestrigen Bachelorstudiengang "Logistik/ Technische BWL" und den dreisemestrigen Masterstudiengang "International Business and Logistics" an. Auch an der TU Harburg kann man etwas über Lieferketten lernen: Im sechssemestrigen Studiengang "Logistik und Mobilität", der zum Bachelorabschluss führt oder in vier Semestern im Masterstudiengang "Logistik, Infrastruktur und Mobilität".

Für Absolventen solch logistisch orientierter Studiengänge sehen die Berufschancen gut aus. Besonders im mittleren und höheren Management ist zunehmend ein wissenschaftlich fundiertes Verständnis von Abläufen in IT und Logistik gefragt. "Die Ansprüche sind in den vergangenen Jahren gestiegen", betont Logistik-Experte Detlef Aßmus. Doch er betont auch: "Die Logistik ist ein unglaublich breites Feld und bietet auch für niedrig Qualifizierte Arbeitsplätze. Packstücke bewegen sich nicht von selbst."

Und wie sieht es für Schulabgänger aus, die sich für eine duale Ausbildung interessieren? "Hier wird von den Unternehmen kräftig gesucht", sagt Fin Mohaupt, Leiter der Aus- und Weiterbildungsberatung in der Handelskammer Hamburg. "Die Branche hat einen beträchtlichen Anteil an den jährlich abgeschlossenen Ausbildungsverträgen." 2010 waren es gut 800. Die meisten Lehrlinge hatten eine dreijährige Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik gewählt. Auch die zwei Jahre dauernde Ausbildung zum Fachlageristen war gefragt. Weiter sind es Kaufleute für Spedition und Logistikdienstleistung, die in der Branche Fuß fassen.

Auch für dieses Jahr zeichnet sich in der Online-Lehrstellenbörse der Handelskammer eine deutliche Nachfrage ab. Zwar werden nach wie vor die meisten Ausbildungsplätze im Handel angeboten, doch dann folgt bereits mit deutlich mehr als 200 Ausbildungsangeboten der Bereich "Verkehrs- und Transportberufe".

Ausbildungsexperte Mohaupt von der Handelskammer möchte deshalb eine Zielgruppe aktivieren, die sich bislang wenig angesprochen fühlt. "Mädels, meldet euch! Die Logistik hat auch für Frauen attraktive Jobs zu bieten. Die Mär von der Spedition mit den harten Jungs stimmt doch gar nicht!"