Wer von seiner Firma entsendet wird, muss abwägen - neue Erfahrungen gegen ein oft unstetes Leben.

Bernd Schäfer packt mal wieder seine Koffer und Kisten. Ein paar Bücher, Fotos, Klamotten. Der 35-Jährige hat sein Hab und Gut auf das Nötigste reduziert. Zum dritten Mal in sechs Jahren schickt ihn sein Arbeitgeber ins Ausland. Dieses Mal geht es in den Osten der USA. Schäfer arbeitet für einen großen deutsch-amerikanischen Computerchiphersteller.

Nachdem die Talfahrt der deutschen Exportwirtschaft beendet zu sein scheint, steigt die Zahl der Unternehmen, die ihre Mitarbeiter ins Ausland schicken. Einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) zufolge setzt jedes vierte international tätige Unternehmen zwischen 100 und 500 deutsche Mitarbeiter an Standorten im Ausland ein. Von den 51 an der Studie beteiligten Firmen, hat jede zehnte sogar mehr als 500 Mitarbeiter in die Fremde geschickt.

Wer erfolgreich auf internationalen Märkten mitspielen will, den dürfen Ländergrenzen nicht schrecken. Ganz gleich, ob Pharmaindustrie, Automobilhersteller, Bauindustrie oder Logistik-Branche: In allen Sparten verlangen Großkonzerne von ihren Arbeitnehmern, für die eigene Firma ins Ausland zu gehen. Vorteile gibt es für Chefs und Angestellte. Die Unternehmen profitieren vom Wissen ihrer Mitarbeiter vor Ort und versprechen sich eine effizientere Zusammenarbeit. Die Mitarbeiter locken ordentliche Gehälter, Auslandserfahrung und die Hoffnung, auf der Karriereleiter nach oben zu steigen.

Schäfer zieht es ins Ausland , seit er für den Computerchiphersteller arbeitet. Eine Mischung aus Neugier und die Aussicht auf eine schnelle Karriere haben ihn gelockt. Sein Arbeitgeber hat es ihm leicht gemacht: Nicht nur die Organisation des Alltags in einem unbekannten Land hat die Firma übernommen. Auch für die Rückkehr ist vorgesorgt. Wenn Schäfer nach einem Jahr zurückkommt, ist ihm ein Job in ähnlicher Position sicher.

Der ständige Ortswechsel geht jedoch auch an Schäfer nicht spurlos vorbei. "Kontakte in Deutschland muss man pflegen", sagt er. Ewig will er nicht unterwegs sein, aber hätte er das Auslandsangebot seines Chefs nicht angenommen, wäre er sicher nicht so schnell zum Projektleiter aufgestiegen.

Donnerstagabend in einer Bar in Brüssel. Nur wenige Schritte vom Europäischen Parlament entfernt kommen Europas akademische Wanderarbeiter zum Feierabend-Bier zusammen. Kerstin Werner (Name geändert) ist zum ersten Mal beim europäischen After-work-Treff. Die 45-Jährige hat sich gerade eines der traditionellen Würzbiere bestellt. Werner wird umringt von spanischen, italienischen, britischen oder anderen deutschen Gleichgesinnten.

Sie arbeitet für das Europa-Büro einer großen Bank. Kerstin Werner hat schon einige Auslandsstationen hinter sich. Über acht Jahre hat sie in Pakistan und Indien gelebt und in der Entwicklungshilfe gearbeitet. Vor fünf Jahren wollte sie den Absprung aus Asien schaffen und wieder zurück nach Europa. Als die Bank ihr ein Angebot machte, zögerte Werner nicht lange, auch wenn der Job Ortswechsel vorsieht.

Frankfurt, Brüssel, Luxemburg. "Die ständige Umzieherei ist anstrengend", sagt Werner. Neue Wohnung, neue Kollegen, Behördengänge: Die ersten Wochen in einer neuen Stadt zerren an den Nerven. Aber auf dem Gehaltszettel kann sich die Arbeit im Ausland sehen lassen. Zuschläge und Gehaltserhöhungen sind lukrativ. Außerdem weiß Werners Chef, dass er sie flexibel einsetzen kann.

Gleich nach dem Studium hat es die Betriebswirtin ins Ausland gezogen. Ob das der richtige Zeitpunkt war, darüber ließe sich streiten, sagt sie. Bereut hat sie es aber nicht. Auch wenn sie häufig unter der Trennung ihrer Familie leidet. Mann und Kinder leben heute in Frankfurt. Jeden Freitagnachmittag packt sie ihre Tasche und schließt sich dem Zug der Auslandspendler an.

Beim richtigen Zeitpunkt für den Job im Ausland gehen die Meinungen auseinander. Beraterin Gesa Krämer von Brookfield Relocation Services ist überzeugt, dass ein Auslandseinsatz gerade am Anfang der Karriere sinnvoll ist. Selbst mit kleinen Kindern ist Arbeiten in der Fremde einfacher. Beim Karrierezentrum der Agentur für Arbeit wird empfohlen, erst mit fünf bis zehn Jahren Berufserfahrung Stadt oder Land für den Job zu wechseln.

In einem Punkt sind sich jedoch alle einig. Sowohl vor dem ersten Arbeitstag in der Fremde als auch bei der Rückkehr auf den heimischen Arbeitsmarkt sollten die sogenannten Expats so wenig wie möglich dem Zufall überlassen. Umzugs- oder Visakosten sowie Aufgabenprofil sollten vor der Entsendung vertraglich festgelegt werden.