Francine Witthöft wird zur Kraftwerkerin ausgebildet. Künftig sitzt sie im Dreischichtbetrieb an den Steuerknüppeln

Den Neubau des Kraftwerks Moorburg vor Augen studiert Francine Witthöft in ihrem neuen Büro Unterlagen zur Turbinensteuerung. Bis ihr neuer Arbeitsplatz fertig ist, werden noch etwa zwei Jahre vergehen. Diese Zeit wird die angehende Kraftwerkerin auch benötigen, um sich mit der komplexen Technik vertraut zu machen.

Witthöfts Berufsweg begann 2004 mit einer Ausbildung zur Elektronikerin für Betriebstechnik, die sie bei der Vattenfall-Vorläuferin HEW absolvierte. "Dort waren die Möglichkeiten für Elektronikerinnen sehr gut. Man konnte in jedem Bereich der Energieerzeugung eingesetzt werden", sagt Witthöft. Sie habe immer etwas Technisches machen wollen. Ein Bürojob kam für sie nicht infrage. "Vor zwei Jahren wurden dann Kraftwerker zur Ausbildung für das neue Werk in Moorburg gesucht", sagt die 23-Jährige. Nun ist sie gemeinsam mit 30 anderen mittendrin in der dreijährigen Weiterbildung.

"Als Kraftwerkerin überwacht, steuert und regelt man die gesamte Anlage vom Leitstand aus", beschreibt Witthöft ihren späteren Job. "Außerdem geht man seine Runden, guckt ob alles in Ordnung ist, nimmt Störungen auf und sorgt für deren Beseitigung. Wir sind vor Ort dafür verantwortlich, Strom zu produzieren und das Kraftwerk störungsfrei zu betreiben. Auch die Freischaltung für Reparaturen fallen in unseren Bereich."

Natürlich funktioniert jedes Kraftwerk ein wenig anders, weil sich über die Jahre die Technologien weiterentwickeln. Die angehenden Kraftwerker werden deshalb auch speziell für das neue Werk Moorburg ausgebildet. "Im ersten Jahr war ich noch im Kraftwerk Wedel, jetzt kann ich mir das Wissen hier aneignen", sagt Witthöft. "Man kann in der Bauphase noch Dinge sehen, die nach der Fertigstellung verdeckt sind. Das ist sehr hilfreich."

Der praktische Teil der Qualifizierung zum Kraftwerker endet mit einer IHK-Prüfung im laufenden Betrieb. Für die Teilnehmer heißt das, dass sie damit bis zur Inbetriebnahme des Kraftwerks 2013 warten müssen. Sehr wichtig sind Vorkenntnisse aus einer vorangegangenen Ausbildung in einem Metall- oder Elektroberuf. Als schulische Voraussetzungen gelten ein guter Realschulabschluss oder Abitur.

Im Verlauf der Ausbildung müssen die angehenden Kraftwerker verschiedene Qualifizierungen erwerben. "Meinen Betriebswärter habe ich schon erlangt. Damit darf ich bereits Industrieanlagen, etwa den Kessel in einer Kaffeerösterei, fahren, habe aber noch keine Berechtigung, ein Kraftwerk zu führen", erklärt Francine Witthöft. Als E-Kraftwerkerin brauche man zudem noch verschiedene Schaltberechtigungen, wie die kleine Schaltberechtigung für Schaltungen unter 1000 Volt.

Auch an Simulatoren wird geübt. Für das richtige Bedienen eines Leitstandes etwa gibt es einen Simulator im Kraftwerk Wedel. Dort lernen die angehenden Kraftwerker, wie sie auf Störfälle richtig reagieren können.

Francine Witthöft reizt vor allem die Vielfalt des zukünftigen Berufs: "Hier sind alle Techniken realisiert, die ich in der Ausbildung kennengelernt habe. Vom Kessel über die Turbine und den Generator bis hin zu Rauchgas-Entschwefelung und Wasserreinigung. Und ich sitze dann später an den Steuerknüppeln für die gesamte Anlage", begeistert sie sich. Abwechslung sei jedenfalls garantiert, denn ein Kraftwerk laufe nicht immer Volllast. Das sei abhängig vom aktuellen Strombedarf. Da gebe es viel zu regeln. Passt die Wasserreinigung? Funktioniert die Entschwefelung? Mal sitzt man in der Leitwarte vor den unzähligen Monitoren, die die einzelnen Kreisläufe schematisch abbilden, mal sei man draußen, um Anlagenteile vor Ort zu kontrollieren.

Dass später ein Dreischichtbetrieb auf sie wartet, schreckt die junge Frau nicht. "So kommt kein Alltagstrott auf." Auch der Tatsache, dass sie im Kollegenkreis die einzige Frau sein wird, sieht die 23-Jährige gelassen entgegen: "Wir haben hier ein gutes Miteinander, da spielt das Geschlecht keine große Rolle." In ostdeutschen Kraftwerken sei der Frauenanteil in diesem Bereich jedoch deutlich höher. Der Job sei also durchaus etwas für Frauen.