Serie, Teil 1: Das 1 x 1 der Büropolitik. Wer hat was zu sagen und wer kann gut mit wem?

Hamburg. Sie öden uns an. Oder sie regen uns auf. So richtig glauben wir ihnen ohnehin nicht mehr. Nein, nicht die Politiker. Die sicher auch. Aber gemeint sind die Kollegen. Die Wichtigtuer, Besserwisser, Arbeitsverweigerer, Zicken, Intriganten, Karrieristen, Schleimer, Zyniker, Hypochonder, Machos, Vamps, Langweiler, Petzen und Choleriker. Kurzum, all die netten Menschen, mit denen wir Tag für Tag unsere Zeit am Arbeitsplatz verbringen. Und das ist, wenn man die Urlaube abzieht, mehr wache Zeit als wir mit unseren Partnern oder Kindern verbringen.

Deutschlands Kult-Chef Bernd Stromberg trifft also den Nagel auf den Kopf, wenn er zu seinen Mitarbeitern sagt: "Wir sind hier doch alle eine große Familie." Was er wirklich meint, ist: "Wir sitzen hier jeden Tag unfreiwillig aufeinander und können nichts daran ändern. Machen wir das Beste draus." Das ist wie in einer Regierungskoalition. So richtig mögen tun sich die Wenigsten, aber irgendwie muss man ja zusammenarbeiten und gemeinsame Ziele erreichen. Womit wir wieder bei der Politik wären.

Wer beruflich Karriere machen oder vielleicht auch nur möglichst wenig beim Büroschlaf gestört werden will, der muss wissen, wer in der Firma oder Abteilung was zu sagen hat und wer mit wem gut kann oder eben nicht. Neben dem erforderlichen fachlichen und methodischen Know-how ist dieses Wissen das A und O für den persönlichen Erfolg im Büro. Echtes Herrschaftswissen, das für die alltägliche Diplomatie zwischen Kaffeeküche und Kantine unerlässlich ist.

Büropolitik ist die Kunst des Machbaren im hierarchischen Gefüge einer Organisation. Niccolò Machiavelli, der berühmte florentinische Staatsphilosoph, definierte schon vor fast 500 Jahren: "Politik ist die Summe der Mittel, die nötig sind, um zur Macht zu kommen und sich an der Macht zu halten und um von der Macht den nützlichsten Gebrauch zu machen."

Der letzte Teil von Machiavellis Definition wird übrigens gern unterschlagen. Es geht nämlich nicht um blanken Opportunismus zum Zwecke der eigenen Karriere. Sondern es geht vor allem darum, ein Gespür für die wirklichen Machtverhältnisse im Organigramm der Firma zu entwickeln, zu wissen, wem man ganz vertraulich was mitteilen sollte, damit es möglichst schnell an geeigneter anderer Stelle wieder ankommt. Und das kann natürlich dem eigenen Aufstieg dienen, aber auch ganz pragmatisch dem Wohl der Firma.

"Erfolg im Management heißt Ziele durchsetzen", sagt Marc Oliver Opresnik, Professor für Betriebswirtschaft an der FH Lübeck und gemeinsam mit dem Lüneburger Professor Jürgen Lürssen Autor des Ratgebers "Die heimlichen Spielregeln der Karriere" (Campus). Um seine Ziele durchzusetzen, so Opresnik, "benötigen Sie zur Durchsetzung Ihres Willens Macht".

Diesen Begriff hat der Soziologe Max Weber wie folgt erklärt: "Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruht." Die Bedeutung des Wortes Macht sei also sehr weit auszulegen, erläutert Opresnik: "Jedes Mal, wenn Sie das Verhalten eines anderen nach Ihrer Absicht beeinflussen, wenn der andere also dem folgt, was Sie sagen, dann üben Sie Macht aus."

Natürlich sind Vorstandsvorsitzende oder Geschäftsführer mächtig. Aber eine clevere Sekretärin kann ebenfalls geschickt Macht ausüben. Denn sie kontrolliert Anrufe, Urlaubspläne und Abrechnungen. Und wer gut mit der Sekretärin des Chefs kann, verfügt auch wieder über informelle Macht. Büropolitik ist ein vielseitiges Geflecht.

Lesen Sie am nächsten Wochenende: Eine Typologie der Kollegen - und wie Sie mit Ihnen umgehen