Gesetze und Verordnungen: Bis Unternehmen begehrte Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten einstellen können, vergehen häufig mehrere Monate.

Not macht erfinderisch - Fachkräftemangel ebenso. Viele Hamburger Unternehmen finden auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht mehr die Mitarbeiter, die sie benötigen, doch selbst in den EU-Nachbarländern werden sie nicht immer fündig. Deswegen bemühen sich Firmenchefs und Personalleiter mittlerweile in Nicht-EU-Ländern um Fachkräfte. Dabei sind jedoch einige Hürden zu überwinden.

"Wir wollen drei, vier Programmierer und einen Produktionsleiter aus Kaliningrad nach Hamburg holen", sagt Konstantin Nikulin, Geschäftsführer der Onlinespiele-Firma Intenium, die derzeit 70 Mitarbeiter beschäftigt. Nikulin hat mit der Personal-Rekrutierung in Drittländern bislang gute Erfahrungen gemacht. Vor fünf Jahren gab er Alla Khramtsova - damals 25 Jahre alt, mit zwei Hochschulabschlüssen ausgestattet und bereits Chefin einer großen ukrainischen Software-Firma - einen Arbeitsvertrag. Heute ist die Osteuropäerin bei Intenium Vice President Business Development.

+++Deutsche Regierung wirbt offensiv um Fachkräfte+++

Seit Monaten will Nikulin sein Entwicklungsteam aufstocken. "Doch in Deutschland und den EU-Ländern finden wir die richtigen Leute nur sehr schwer, obwohl wir intensiv suchen und bereit sind, sofort einige anzustellen", sagt der Intenium-Chef. Um die geeigneten Fachkräfte zu finden, hat sich Nikulin eingehend in Russland umgesehen. Mit Erfolg. "Doch bis wir von dort jemanden nach Hamburg geholt haben, dauert es drei Monate und auch länger", sagt Nikulin. Wer einen Kandidaten aus Russland oder einem anderen Nicht-EU-Land wie Indien, China, Kanada oder Brasilien auf einen vakanten Arbeitsplatz nach Deutschland holen will, muss mehrseitige Formulare beim deutschen Konsulat einreichen, die Ausländerbehörde einschalten und die Genehmigung der lokalen Arbeitsagentur einholen. Diese schaltet außerdem die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) in Duisburg ein, weil kein Nicht-EU-Ausländer ohne Aufenthaltsgenehmigung und Arbeiterlaubnis in Deutschland beschäftigt werden darf.

Nikulin: "Die Mitarbeiter in den Behörden würden den Ablauf selbst gerne beschleunigen, müssen sich aber an Gesetze und Verordnungen halten."

+++Nur willkommen heißen reicht nicht+++

Das bestätigt Beate Raabe von der ZAV. In den ersten vier Monaten des Jahres wurde nach ihrer Statistik über 600 Maschinenbau- und Elektrotechnik-Ingenieuren und fast 300 Softwareprogrammierern aus Drittstaaten der Zuzug nach Deutschland bewilligt. Die zunehmende Mitarbeiter-Rekrutierung aus Nicht-EU-Staaten ist von der ZAV nur schwer zu bewältigen. Die Folge daraus: Je mehr Anträge eingehen, desto länger dauert es, bis ein Argentinier oder Australier in Barmbek oder Bergedorf am Schreibtisch sitzen kann. Nach Erfahrungen von Beate Raabe könnten Personaler das Prozedere etwas beschleunigen, wenn sie ihren Kandidaten eine Übersichtsliste mit den verlangten Formularen und Papieren gäben. Informationen dazu stehen auf der ZAV-Website unter "Informationen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer". Petra Andres, Personalmanagerin beim Ingenieurdienstleister Cades Digitech, hat bereits Dutzende indische Fachkräfte nach Deutschland geholt. "In Russland und Indien arbeiten die Ämter extrem langsam", sagt sie.

Doch auch in hierzulande wiehere hier und da der Amtsschimmel. Andres rät Personalern deshalb, dem ausländischen Neuling für den Hürdenlauf durch deutsche Behörden einen deutschsprachigen Kollegen zur Seite zu stellen. Hat sie in Indien einen geeigneten Kandidaten gefunden, schickt Andres die erforderlichen Unterlagen. Die wichtigsten sind der Arbeitsvertrag, das Diplomzeugnis, der Lebenslauf und die Stellenbeschreibung.

Zudem braucht sie von der Arbeitsagentur in Deutschland die Zustimmung, die eine Vorrangprüfung nach Paragraf 39 des Aufenthaltsgesetzes durchführen muss. Erst dann kann die Ausländerbehörde grünes Licht geben. Danach vergehen noch mal acht bis zwölf Wochen oder mehr, bevor der Mitarbeiter in das Unternehmen nach Deutschland kommen darf.

Hilfreich sei es, sagt Petra Andres, einen spezialisierten Rechtsanwalt auf die Verträge schauen zu lassen, damit diese wirklich wasserdicht sind.