Top im Job: Woran internationale Teams oft scheitern, erklärt Coach Maria del Pilar Schwenn

Ein Deutscher schreibt gern eine E-Mail, wenn er etwas mitteilen will. Ein anderer Deutscher findet das auch völlig in Ordnung. Bei einem Spanier aber kommt die E-Mail nicht so gut an. "Spanier mögen es, wenn man zum Telefon greift", sagt Maria del Pilar Schwenn, selbst "halbe Spanierin" und als Unternehmensberaterin spezialisiert auf Führungs- und interkulturelle Themen.

Telefonieren Spanier oder Deutsche wiederum mit einem Finnen, fallen sie diesem regelmäßig ins Wort. "Denn in Finnland spricht man mit längeren Pausen - so lang, dass sie in anderen Kulturen schon als Satzende verstanden werden", erklärt Schwenn. "Genau darum funktionieren internationale Teams auch nur, wenn alle Beteiligten die Besonderheiten der anderen Kultur kennen und akzeptieren", sagt die Teamentwicklerin aus Fehmarn.

Internationale Teams sind heute nicht nur ein Thema für Großunternehmen, die ihre Projektgruppen über Landesgrenzen hinweg zusammensetzen. "Auch in kleinen Unternehmen arbeiten heute Deutsche, Türken, Polen und andere Nationen zusammen", sagt Schwenn. Doch gerade wenn es die geografischen Nachbarn sind, werde oft unterschätzt, wie wichtig es ist, alle Teammitglieder gut auf die Zusammenarbeit vorzubereiten. "In kleinen Unternehmen wird darauf fast gar nicht geachtet", sagt die Trainerin. Dort fehle oft auch das Geld, um einen externen Trainer ins Haus zu holen, der mit den Teammitgliedern an der kulturellen Sensibilität arbeitet.

"Aber als Führungskraft kann ich mir diese Informationen auch anderweitig holen", sagt Maria del Pilar Schwenn. Ob in Ratgeberbüchern oder in Gesprächen mit Manager-Kollegen: "Es geht doch vor allem darum, sensibel für die Kulturen zu sein."

Nachdem sich die Führungskraft über die Besonderheiten der Teammitglieder schlaugemacht hat, heißt die zweite Aufgabe: Regeln festlegen. "Gerade über die Art der Kommunikation muss man sich vorab abstimmen", sagt Schwenn. Dazu gehöre zum Beispiel, dass alle bereit sind, offen und verständnisvoll mit den anderen zusammenzuarbeiten. Außerdem müsse es in Meetings klare Rahmenbedingungen geben, etwa in Bezug auf die Redezeit und den höflichen Umgang (z. B. niemandem ins Wort fallen).

"Wenn internationale Teams scheitern, dann meistens durch das Nichtwissen um die unterschiedlichen Kulturen", sagt Maria del Pilar Schwenn. Gerade die asiatische Art des Umgangs, bei der nicht offen kritisiert werde, sei für Europäer schwer nachzuvollziehen.

Aber auch in Europa gibt es genug Anlass für Missverstehen: "So bestehen zum Beispiel zwischen Spaniern und Franzosen noch Animositäten, deren Ursprünge im Spanischen Bürgerkrieg liegen und die in der Zusammenarbeit durchaus heute noch zu Schwierigkeiten führen können", sagt Schwenn. "Auch solche geschichtlichen Hintergründe sollte ein Teamleiter kennen." Ihr Tipp: die Mitarbeiter aus dem Ausland reihum einmal von ihrem Land erzählen zu lassen. "Das öffnet alle Beteiligten für die andere Kultur und hilft, sich in den anderen einzudenken."

Probleme können auch dadurch entstehen, dass sich mehrere Fremdsprachler zusammen in Englisch versuchen. "In den verschiedenen Ländern wird Englisch aber durchaus unterschiedlich gelehrt", sagt Maria del Pilar Schwenn. "Das führt dazu, dass manche Begriffe auch mit unterschiedlichen Bedeutungen belegt sein können." Sie rät darum dazu, in Meetings, bei denen besonders schwerwiegende Entscheidungen anstehen, ruhig einmal Übersetzer hinzuzuziehen.