Klaus Falinski ist Vertriebsleiter bei Carlsberg. Er bezieht seine Mitarbeiter in die Arbeitsorganisation ein. Hier erfahren Sie wie.

Wer Mitarbeitern mehr Verantwortung gibt, wird von ihnen mit Motivation und Engagement belohnt, beweist ein Projekt bei Carlsberg Logistik.

Hamburger Abendblatt:

Herr Falinski, Sie haben vor drei Jahren bei der Carlsberg Deutschland Logistik die weisungsgebundene durch partizipative Führung ersetzt, also mehr Teilhabe der Mitarbeiter eingeführt. Warum?

Klaus Falinski:

Die Entscheidung basierte in erster Linie auf der Erkenntnis, dass ich als Führungskraft zum Engpassfaktor geworden war. Zwei Führungskräfte waren gegangen, deren Arbeit ich zusätzlich bewältigen musste. Ich konnte die anstehenden Entscheidungen schon aus Zeitgründen nicht in der Schnelligkeit treffen, wie es wünschenswert gewesen wäre. Gleichzeitig wusste ich, dass meine Mitarbeiter das Potenzial mitbringen, Verantwortung zu übernehmen und wichtige Entscheidungen selbstständig zu treffen.

Wie haben Sie den Veränderungsprozess in Gang gesetzt?

Falinski:

Wir haben zunächst Kernkompetenzen innerhalb der Logistik definiert. Hierfür wurden zehn Schlüsselaufgaben beziehungsweise Kompetenzzentren identifiziert. Darunter fallen Bereiche wie Lager und Verladung, Export, Gefahrgut oder Auftrag und Kunde. Diesen Zentren haben wir entsprechende Kompetenz-Manager aus unserem Team zugeordnet, die für diese Aufgaben besonders geeignet waren oder hier ihre besondere Stärke sahen.

Wie genau sieht die Arbeitsorganisation dieses Kompetenz-Managements aus?

Falinski:

Mit mir sind sechs Manager für sämtliche Entscheidungen in den zehn Zentren zuständig. Für jeden Bereich werden ein Hauptverantwortlicher und ein Stellvertreter benannt. Gemeinsam legen wir für jedes Zentrum Jahresziele und Kennzahlen fest. Wichtig ist, dass jeder dieser Kompetenz-Manager die anstehenden Entscheidungen im Zusammenhang mit seinen Aufgaben selbstständig trifft.

Wie haben Sie die Stärken und Talente der Mitarbeiter identifiziert?

Falinski:

Wir haben zunächst zwei Workshops mit dem gesamten Team unter Leitung eines externen Coaches an entlegenen Orten Norddeutschlands durchgeführt, an denen wir uns nicht aus dem Weg gehen konnten. Beim einen stand das Thema "kooperative Führung und Vorbildfunktion" im Fokus, beim anderen "Change Management". Hier haben wir zunächst die fachliche Qualifikation und persönliche Eignung der Mitarbeiter herausgearbeitet und anschließend überlegt, wie sie diese Fähigkeiten in den verschiedenen Kompetenzzentren einbringen können.

Welche Hürden mussten Sie nehmen?

Falinski:

Wir haben mit einigen Dingen der Vergangenheit aufgeräumt, die einer erfolgreichen Teamarbeit entgegenstanden. Zunächst haben wir alle Probleme auf den Tisch gelegt, die sich im Laufe der Vergangenheit eingeschlichen hatten. Das betrifft beispielsweise die Gesprächkultur, bei Diskussionen dem Gegenüber ins Wort zu fallen. Das hat das Arbeitsklima ebenso vergiftet wie das Verhalten, morgens grußlos an den Büros der anderen Mitarbeiter vorbeizugehen oder zu denken, allein der Chef sei für das Betriebsklima verantwortlich, nach dem Motto: Hat der schlechte Laune, haben wir sie auch.

Welche Konsequenzen haben Sie aus der Analyse der Ist-Situation gezogen?

Falinski:

Wir haben uns neue und klare Regeln gegeben mit dem Ziel, den Umgang miteinander, das Arbeitsklima und damit die Motivation und das Arbeitsergebnis zu verbessern. Wichtig ist, dass jeder sich darauf einlässt und mitmacht. Mitarbeiter, die dies nicht wollten, sind heute nicht mehr im Team.

Wie sieht das Regelwerk aus?

Falinski:

Oberster Grundsatz lautet: "Ich bin okay, du bist okay", sprich: Wir akzeptieren jeden im Team so, wie er ist. Und wir begegnen uns mit Respekt. Dazu gehört es, sich zu grüßen und gegenseitig zu helfen, vor allem auch, nicht schlecht über andere zu reden. Besonders wichtig ist mir, dass wir gegenseitig Feedback geben - ob es ein Lob oder eine Kritik ist. Wir haben uns auch geeinigt, einmal getroffene Entscheidungen des Teams zu akzeptieren und nicht hintenherum zu torpedieren oder die Diskussion darüber neu anzufachen. Das ist leider in der Vergangenheit zu oft geschehen und hat zu erheblichen Reibungsverlusten geführt.

Wie beurteilen Sie das Ergebnis bislang?

Falinski:

Ich bin mehr als zufrieden. Unsere Mitarbeiter sind sehr viel selbstbewusster, kompetenter und damit zufriedener und leistungsbereiter geworden.

Was ist Ihre wichtigste persönliche Erkenntnis in diesem Prozess?

Falinski:

Es ist ganz einfach: Wer seinen Mitarbeitern vertraut, ihnen Fehler zugesteht und ihre Meinung schätzt, schafft die besten Voraussetzen für ein motiviertes und eigenständiges Arbeiten. Ich rate auch jedem, vor allem die Stärken der Mitarbeiter zu fördern und nicht ständig an ihren "Schwächen" herumzudoktern. Ich habe auch wahrscheinlich zu viele Seminare besucht, die meine "Schwächen" ausbügeln sollten. Das bringt alles nichts.