Mit Speed-Dating will die Arbeitsagentur langwierige Bewerbungsprozesse umgehen. Wir waren beim Flirt für eine neue Stelle dabei

Hamburg. Normalerweise sind es Singles, die sich gegenübersitzen. Aber an diesem Tag geht's nicht darum, den Traummann oder die Traumfrau zu finden. Eher den Traumjob - denn genau wie in der Liebe scheint die Suche nach dem passenden Arbeitsplatz manchmal endlos. Und deshalb hat die Hamburger Agentur für Arbeit zum Casting geladen. Was bereits in vielen deutschen Städten erfolgreich gestartet wurde, wird nun erstmals auch in Hamburg veranstaltet: Speed-Dating für Arbeitssuchende - eine innovative Art, Arbeitsplätze zu vermitteln. Seit Jahren wird mit Speed-Dating bereits der Liebe auf "die Sprünge geholfen". Nun soll dieses Konzept auf die Berufswelt übertragen werden, denn auch auf dem Arbeitsmarkt geht es schließlich um zwischenmenschliche Beziehungen, um Partnerschaften, die nach Möglichkeit lange halten sollen.

In kürzester Zeit können beide Seiten herausfinden, ob's passen könnte

Damit Bewerbungsprozesse in Zukunft gezielter ablaufen und somit wertvolle Arbeitszeit gespart werden kann, soll Job-Speed-Dating Arbeitsschenden und Arbeitgebern die Chance geben, schnell miteinander in Kontakt zu kommen. Die Vorteile liegen dabei auf beiden Seiten: Die Arbeitgeber lernen viele potenzielle Mitarbeiter in kurzer Zeit kennen und können entscheiden, bei wem anschließend ein ausführliches Gespräch oder ein Probearbeiten lohnt. Die Teilnehmer dagegen haben die Möglichkeit, durch ihre Persönlichkeit und ihr Auftreten die Betriebe direkt auf sich aufmerksam zu machen und ihr Interesse an einer Zusammenarbeit nicht nur auf dem Papier zu bekräftigen.

Der Einladung der Agentur für Arbeit sind an diesem Tag elf Bewerber in die Geschäftsstelle Mitte in der Kurt-Schumacher-Allee gefolgt. Sie hoffen nun, mit dieser Veranstaltung ihr neues (Arbeits-)Glück zu finden. Es ist kurz vor 15 Uhr. Auf wen die Arbeitssuchenden gleich treffen werden, wissen sie nicht. Nur dass die vier Unternehmen aus dem Gastronomiebereich stammen, steht fest, denn alle Kandidaten sind ausgebildete Köche. Trotz großer Nachfrage sind viele Bewerber im Bereich Gastgewerbe auf der Suche nach geeigneten Arbeitsplätzen.

Ein möglicher Grund für die unbesetzten Stellen: Die meisten Betriebe schalten nach wie vor Stellenanzeigen in Zeitungen und Online-Portalen. "Man lädt einen Bewerber aufgrund seiner aussagekräftigen Unterlagen zum Vorstellungsgespräch ein, nimmt sich dafür mindestens eine halbe Stunde Zeit, stellt aber eigentlich schon nach wenigen Sekunden fest: Der passt gar nicht zu uns. So verrinnt einfach viel zu viel kostbare Arbeitszeit, bis ein geeigneter Kandidat gefunden ist", erklärt Olaf Albers von Dinea Gastronomie.

Diese neue Plattform vereinfache den Bewerbungsprozess, meint Albers. "In kurzer Zeit sehe ich viele Bewerber und kann anschließend gezielt entscheiden, wer für ein zweites, intensives Gespräch infrage kommt."

Die erste Runde zum Job-Speed-Dating wird eingeläutet. Fünf Minuten haben Arbeitgeber und Arbeitssuchender jetzt Zeit, um sich kennenzulernen. In den Gesprächen kommt man gleich zum Wesentlichen, langes Vorgeplänkel fällt in Anbetracht der wenigen Minuten weg. Im Schnellverfahren werden Lebensläufe durchgegangen, Fragen gestellt und beantwortet, die Motivation des Einzelnen unter die Lupe genommen. "Man merkt schnell, mit welcher Einstellung die Kandidaten an die Sache herangehen und ob jemand die Stelle wirklich haben möchte", erklärt Olaf Albers.

Weil es so schnell geht, muss die Vorbereitung sehr präzise sein

"Die Kürze der Gespräche ist definitiv ein Vorteil", findet Andre Sobkowiak. "Denn umso früher merkt man, ob der Betrieb das Richtige für einen ist oder nicht", sagt der 25-jährige Koch. Dem stimmt Andreas Berg von der Restaurantkette Maredo zu: "Ich kann mir schnell ein Bild von der Person machen und einschätzen, ob sie für ein Probearbeiten in einem unserer Steakhäuser infrage kommt." Beim Job-Speed-Dating müssen sich die Bewerber also gut verkaufen können. Das Rennen machen meist diejenigen, die schnell überzeugen. Schüchterne und zurückhaltende Kandidaten haben es dagegen eher schwer. Der erste Eindruck entscheidet.

Auch wenn der Rahmen etwas lockerer ist, beim Job-Speed-Dating ist eine gute Vorbereitung wichtig. Beide Seiten müssen im Gespräch zügig auf den Punkt kommen. Ein gepflegtes Äußeres gehört wie bei jedem anderen Vorstellungsgespräch selbstverständlich dazu.

Die Glocke ertönt. Ein neuer Partner, ein neuer Versuch. Zu viel dürfen die Teilnehmer allerdings nicht erwarten. Ein richtiges Bewerbungsgespräch ersetzt das Job-Speed-Dating normalerweise nicht. Das kommt bei Interesse der Firmen im Anschluss. Wie bei Dinea Gastronomie. Zwei Bewerber haben beeindruckt und sollen nun ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen in den kommenden Tagen zusenden. Dann wird entschieden, ob es vielleicht bei einem der beiden Kandidaten tatsächlich "gefunkt" hat.