Die Trainerin hat einen Blick dafür, was Menschen ohne Worte ausdrücken. Sie sagt: Wer sich mit diesen Zeichen auskennt, kommuniziert erfolgreicher.

Abendblatt: Sie sind Expertin für das Thema Körpersprache - was erzählt ein Körper denn?

Lisa Jacobs: Mehr als uns lieb ist! Man kann sagen: 80 Prozent drückt der Körper mit seiner Haltung und Stimme aus, 20 Prozent nur durch die eigentlichen Worte.

Abendblatt: Was gehört zur Körpersprache?

Jacobs: Das ABC der Körpersprache reicht von der Mimik, dem Blickkontakt über Körper- und Armhaltung, dem Stand bis hin zur Gestik. Jeder hat sein persönliches und individuell erworbenes Repertoire. Darum kann man Körpersprache auch nicht auf einzelne, angeblich bedeutsame Gesten reduzieren. Der Körper drückt sich durch unser gesamtes Auftreten aus - dazu gehört auch, mit welchem Engagement und mit welcher Überzeugungskraft wir vor unserem Gesprächspartner oder vor dem Publikum stehen. Das ist die persönliche Ausstrahlung. Die kann man nicht nur üben, die kommt von innen.

Abendblatt: Der Körper ist also immer ehrlich?

Jacobs: Ja. Der Körpersprache-Guru Samy Molcho hat es so formuliert: "Die Zunge kann lügen, der Körper nie." Der Körper drückt aus, was man fühlt. Natürlich kann man sich eine bestimmte Haltung antrainieren. Aber ich finde das nicht richtig. In meinen Seminaren geht es darum zu erfahren, wie man mit Unterstützung der individuellen Körpersprache zielgerichtet kommunizieren kann, anstatt zu manipulieren.

Abendblatt: Lenkt Körpersprache auch mal vom Gesagten ab?

Jacobs: Genau dann, wenn die verbale Sprache nicht zu dem passt, was der Körper sagt. Dann achtet das Gegenüber noch viel mehr auf die Körpersprache - und das lenkt von den Worten ab. Das kennt doch jeder: Da steht ein Redner, offensichtlich in Rhetorik gut geschult. Aber: Während seines Vortrags reibt er die ganze Zeit die Fingerspitzen aneinander. Das ist nicht stimmig zu einem sicheren, starken verbalen Ausdruck. Und wir reagieren darauf, indem wir den Worten des Redners nicht mehr folgen können. Man kann nicht nicht reagieren auf die Körpersprache. Man nimmt sie immer wahr.

Abendblatt: Was trainieren Sie in Ihrem Seminar?

Jacobs: Zunächst einmal lernen die Teilnehmer das ABC der Körpersprache und entdecken, was zu ihrem eigenen Repertoire gehört. Dazu arbeiten wir mit Video. So entdeckt man, was man unbewusst von sich zeigt - und was vielleicht negativ beim Gegenüber ankommt. Es gibt bestimmte Haltungen und Bewegungen, die immer eine blockierende Reaktion des Gegenübers auslösen, etwa wenn ich ihm meinen Handrücken zeige. Damit signalisiere ich Abstand, Distanz.

Abendblatt: Und die Folge ist?

Jacobs: Wenn Sie abblocken, etwa mit verschränkten Armen dastehen, können Sie den anderen schwer öffnen und behindern die Kommunikation. Selbst wenn das Armeverschränken zu Ihrem natürlichen Ausdruck gehört und keine Ablehnung signalisieren soll - es kommt aber so beim anderen an. Bestimmte Haltungen sind einfach schlechte Angewohnheiten. Nehmen wir an, jemand zieht immer unkontrolliert eine Augenbraue hoch: Das wirkt kritisch und arrogant. Wenn einem das bewusst wird, kann man es sich auch wieder abgewöhnen.

Abendblatt: Was sind sonst noch typische Fehler?

Jacobs: Fehler sind ungünstige Gestiken - zum Beispiel Handbewegungen, die von oben nach unten gehen. Das ist immer eine erniedrigende, schlagende Geste. Oder der gezeigte Finger: Das ist und bleibt eine Waffe. Wenn man verbal aber von Zusammenarbeit spricht, passt das nicht. Für eine gute Kommunikation muss ich meinem Gegenüber auf allen Ebenen klare Signale senden.

Abendblatt: Wem nützt es, sich mit seiner Körpersprache auseinanderzusetzen?

Jacobs: Das kann jeder nutzen, um sich die Kommunikation mit anderen Menschen zu erleichtern, Führungskräfte zum Beispiel. Denn Erfolg ist nicht mit Druck und Macht zu erreichen, sondern durch Öffnung, Selbstbewusstsein und klarem Agieren. Wenn ich meine eigene Kraft blockiere, kann ich nicht andere motivieren, Grenzen zu überschreiten und Neues zu wagen.

Abendblatt: Wissen Sie eine einfache Übung, die die Macht der Körpersprache verdeutlicht?

Jacobs: Versuchen Sie mal in einer krummen Haltung - so wie Charlie Brown sie in der Zeichentrickserie hat, Kopf runter, Schultern nach vorn - allein mit der Stimme laut zu werden und zu sagen: "Ich bin großartig!" Das geht nicht.

Abendblatt: Woran liegt es, wenn Verkäufer falsch wirken, wenn sie lächeln?

Jacobs: Dann lachen die Augen nicht mit und man sieht nur ein in Verkaufstrainings erlerntes Vertreter-Grinsen. Um authentisch zu lächeln, muss man die innere Motivation haben, sich zu öffnen.

Abendblatt: Und die kommt von ganz allein?

Jacobs: Das ist wie im Sport. Man kennt die Technik und übt sie. Und das tut dem Körper von außen nach innen gut. Wer eine depressive Körperhaltung einnimmt, bekommt tatsächlich depressive Stimmungen. Es gibt verschiedene Studien, die beweisen, dass man allein durch das Gefühl, das einem ein gutes Stehen gibt, an Ausstrahlung gewinnt. Das ist reine Technik.