Warum benutzen wir die Körpersprache? Was bedeuteten Gesten überhaupt? - Über diese Fragen diskutieren bis zum Freitag 300 Fachleute.

Frankfurt (Oder). Bei Spaniern sind die Gesten im Gespräch nicht wegzudenken. Deutsche dagegen setzen ihre Handbewegungen deutlich sparsamer ein - soweit das Vorurteil. Was es mit den Gesten überhaupt auf sich hat, darüber diskutieren bis Freitag etwa 300 Fachleute in Frankfurt (Oder).

Kaum ein Gespräch kommt nach der Beobachtung von Experten ohne Gesten aus. "Der Körper spricht einfach mit", sagt Sprachwissenschaftlerin Cornelia Müller von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Wie entstehen Gesten, warum werden sie eingesetzt und wie sehen sie in unterschiedlichen Sprachen aus? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die internationale Gestenforschung, die Müller nach eigenen Angaben selbst mitbegründet hat.

Der Mensch kehrt die Handfläche nach oben, um eine Meinung zu unterstreichen. Er formt mit den Händen einen Kreis und krümmt die Finger, um einen komplexen Sachverhalt darzustellen. So machen es viele Leute. Die meisten Politiker dagegen sind Müller zufolge so trainiert, dass sie möglichst wenig gestikulieren. "Viele Gesten gelten in Politikerkreisen als Mangel an Eloquenz." Auch solche Themen sind Bestandteil der Forschung.

"Das Feld der Gestenforschung hat sich mittlerweile etabliert", sagt Müller. Systematisch begonnen worden sei damit Mitte der 1990er Jahre. "Frankfurt (Oder) ist in Deutschland das Zentrum der Forschung, international ist es eines der größten." Nun gelte es, die Ergebnisse in die Gesellschaft zu tragen. Zum Beispiel habe sich herausgestellt, dass Gesten Kindern dabei helfen, Dinge schneller zu verstehen. Auch könnten Schulungen unter der Leitung von Fachleuten dazu beitragen, dass sich etwa Ärzte und ihre Patienten besser verständigen können, sagt die Sprach-Professorin.

An der Forschung über die Gesten seien neben Linguisten auch Neurologen und Experten für Gebärdensprache beteiligt. Die Gestenforscher haben außerdem eine eigene Gesellschaft, die International Society for Gesture Studies (ISGS). "Auf der Konferenz ist es das erste Mal, dass sich Experten für Gesten und Gebärden gemeinsam austauschen", betont Müller.

Mit ihrem Team in Frankfurt (Oder) habe sie in den vergangenen Jahren herausgefunden, dass es zwei Arten von Gesten gibt. Einerseits ahmten Hände etwas nach, zum Beispiel eine Bewegung. "Das ist wie eine szenische Darstellung eines Ereignisses." Andererseits werde die Hand selbst zu einem Gegenstand, zum Beispiel zu einer Zahnbürste. Gesten ließen sich trainieren, betont Müller. "Sie erkennen jeden Moderator, der eine Geste eingeübt hat." Die Hände bewegten sich dann nicht spontan, sondern deutlich später als das Gesagte, das sie unterstreichen sollen.

Sie selbst habe eine Studie mit Spaniern und Deutschen gemacht. Der Eindruck, dass in Spanien mehr gestikuliert werde als hierzulande, entstehe nur dadurch, dass die Bewegungen der Mittelmeeranrainer weit ausholender seien als die der Deutschen.