Wenn Ihnen im Job jemand über den Mund fährt, hilft weder Wegducken noch Lospoltern. Was der Rhetoriktrainer rät.

Gewiss haben Sie eine ähnliche Situation schon mal erlebt: Sie präsentieren bei einem Meeting eine Problemlösung. Doch kaum haben Sie Ihre Ideen in der Runde vorgestellt, sagt ein Kollege: "Das ist doch die reine Theorie. In der Praxis funktioniert das nicht." Oder ein anderes Beispiel: Sie sagen Ihrem Chef, dass Sie künftig mittwochs eine Stunde früher nach Hause müssen. Und der erwidert unwirsch: "Ich kann nicht jedem eine Extrawurst braten."

Vermutlich reagieren Sie in solchen Situationen wie die meisten Menschen - entweder perplex oder Sie möchten am liebsten sofort wütend lospoltern: "Das ist unverschämt. Sie ..." Atmen Sie lieber erst zwei-, dreimal tief durch, wenn ein Gesprächspartner Sie mit Killerphrasen "attackiert" - und reagieren Sie erst dann darauf. Sonst manövrieren Sie sich allzu schnell in eine schlechte Gesprächs- oder Verhandlungssituation.

Gegen verbale "Angriffe" sollte man sich wappnen. Killerphrasen werden umgangssprachlich auch "Totschlagargumente" genannt. Denn sie drücken uns an die Wand, und unser Gesprächspartner gewinnt die Oberhand. Um angemessen zu reagieren, müssen Sie solche Scheinargumente schnell erkennen und wissen, wie man sie entkräftet.

Generell gilt: Killerphrasen gehen nicht auf Aussagen und Argumente ein. Diese werden vielmehr pauschal beiseitegewischt - begründet mit einem Vorwurf wie: "Sie haben von der Praxis keine Ahnung." Erstellen Sie am besten eine Liste der Killerphrasen, die Ihre Kunden, Kollegen und Vorgesetzten oft verwenden, und überlegen Sie sich passende Antworten und Reaktionen. Ganz wichtig ist es, erst einmal Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. Wenn Sie auf eine Killerphrase gekränkt oder verunsichert reagieren, bedeutet dies bei einem Meeting: Ihr Vorschlag ist vom Tisch. Und wenn Sie wütend reagieren, eröffnet dies Ihrem Gesprächspartner die Chance, kühl zu erwidern: "Seien Sie nicht gleich pikiert, wenn ich mal meine Meinung sage." Fragen Sie stattdessen, wenn Sie auf eine Killerphrase nicht vorbereitet sind oder diese Sie verletzt, zurück: "Was veranlasst Sie zu dieser Einschätzung?" So gewinnen Sie Zeit, um sich eine angemessene Reaktion zu überlegen.

Entscheidend ist es für eine passende Reaktion auch, die Motivation des Gesprächspartners zu analysieren. Werden Killerphrasen benutzt, gilt es grundsätzlich zwei Situationen zu unterscheiden. Ihr Gegenüber setzt die Killerphrase gezielt als Waffe ein - um Sie aus dem Konzept zu bringen. Oder der Kollege benutzt die Phrase eher unbewusst - etwa weil ihm Ihr Vorschlag nicht schmeckt oder er gerade im Stress ist. Bevor Sie reagieren, denken Sie also darüber nach, ob Ihr Gesprächspartner Sie attackieren möchte oder nicht. Was zutrifft, können Sie nur anhand der Situation und Ihrer Beziehung entscheiden.

Platziert Ihr Gesprächspartner die Killerphrase gezielt, um Sie schachmatt zu setzen, können Sie zur Attacke übergehen - etwa, indem Sie die Aussage Ihres Gegners ins Lächerliche ziehen. Auf den Vorwurf, Ihr Vorschlag sei nicht praxistauglich, könnten Sie etwa erwidern: "Stimmt, ich habe wenig Praxiserfahrung. Schließlich arbeite ich erst seit acht Jahren als Buchhalterin." Doch Vorsicht, das provoziert eine offene Konfrontation. Gehen Sie nur zum Gegenangriff über, wenn Sie überzeugt sind, dass ein klärendes Gewitter nötig ist.

Sinnvoller ist es in der Regel, den Partner zu "nötigen", seine Aussage zu begründen. Auf den Vorwurf mangelnder Praxistauglichkeit können Sie zum Beispiel ruhig und sachlich erwidern: "Herr Mayer, ich sehe das aufgrund meiner Position anders. Könnten Sie mir erläutern, warum mein Vorschlag aus Ihrer Warte nicht realisierbar ist, obwohl er die Vorzüge a, b und c hat." So bringen Sie Ihren Kontrahenten in die Defensive. Zugleich nennen Sie nochmals die Argumente für Ihren Vorschlag. Und Sie verschaffen sich Zeit zum Nachdenken. Weigert sich Ihr Kontrahent, auf Ihre Rückfrage sachlich einzugehen, ist er in den Augen der anderen Besprechungsteilnehmer der böse Bube. Nötigen Sie Ihren Gesprächspartner dazu, seinen Einwand zu begründen und sich rational mit Ihrem Vorschlag zu befassen.

Oft setzen Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte Killerphrasen auch ein, weil sie selbst unter (Zeit-)Druck stehen. Oder weil ihnen eine Idee wirklich unrealistisch erscheint. Das macht die Killerphrasen nicht weniger gefährlich. Grundsätzlich sollten Sie in einer solchen Situation so reagieren, als ob eine Person Sie gezielt attackiert. Da Ihr Partner Ihnen aber wohlgesonnen ist, müssen Sie weniger Energie darauf verwenden, den (unbewussten) "Angriff" zu parieren.

Signalisieren Sie Ihrem Gesprächspartner Verständnis für seine erste, spontane Reaktion. Sagen Sie zum Beispiel: "Herr Mayer, ich verstehe, dass Ihnen mein Vorschlag auf Anhieb wenig praktikabel erscheint. Denn wir haben mit diesem Vorgehen noch wenig Erfahrung." Das zeigt Ihre Kooperationsbereitschaft. Danach können Sie den Einwand entkräften.

Unser Gastautor Ingo Vogel arbeitet seit zwölf Jahren als Rhetorik- und Verkaufstrainer. Sein Spezialthema: "Emotionales Verkaufen". Der studierte Ingenieur ist auch als Buchautor und Vortragsredner erfolgreich.