Arbeitslos? Dann werde ich Trainer, Consultant oder Coach! Doch wer dabei auf Dauer erfolgreich sein will, muss einige Regeln beachten.

Immer mehr Männer und Frauen bieten anderen Personen und Unternehmen ihre beratenden Dienste an - zum Beispiel als Management-, Vertriebs- oder IT-Berater. Oder als Karriere-, Finanz- oder Paarberater. Hinzu kommen die Angehörigen der klassischen Beratungsberufe wie Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, weshalb sich zunehmend die Frage stellt: Wer soll eigentlich all diese Beratungsleistungen kaufen?

Und die Zahl der Berater wird weiter steigen. Diese Prognose ist nicht gewagt. Denn so mancher Berufstätige, der im Zuge des aktuellen Personalabbaus vieler Unternehmen seine Stelle verlor, entschließt sich mangels beruflicher Alternative zu diesem Schritt. Hinzu kommt: Viele glauben, das Geld liege in diesem Markt auf der Straße - eine trügerische Hoffnung. Außerdem sind die Einstiegsbarrieren in diesen Beruf niedrig. Ein Computer und ein Schreibtisch im heimischen Wohnzimmer genügen vielfach, und schon kann jemand "Berater" auf seine Visitenkarte schreiben.

Die eigentlichen Schwierigkeiten beginnen meist erst nach dem Schritt in die Selbstständigkeit. Dann stellt manch ambitionierter "Jung-Berater" schon bald resigniert fest: "Verdammt, es gibt Hunderte von Mitbewerbern, die ähnliche Leistungen anbieten. Und wenn ich bei Unternehmen anrufe, höre ich stets: Kein Bedarf!" Entsprechend schnell sind viele Berater wieder vom Markt verschwunden, weil sie einfach nicht die nötigen Kunden finden.

Um die typischen Fallstricke bei der Existenzgründung als Berater umgehen zu können, haben wir acht Tipps zusammengestellt, was Sie - neben der erforderlichen fachlichen Kompetenz - für eine erfolgreiche Existenz als Berater brauchen.

Eine erkennbare Spezialisierung: "Die habe ich", sagen zum Beispiel viele Vertriebsberater. Doch verkaufen ist nicht gleich verkaufen. Beim Verkauf von Brötchen in einer Bäckerei sind andere Fähigkeiten als beim Verkauf von Fabrikanlagen nach China gefragt. Also sollten sich die Berater spezialisieren. Sonst besteht für Unternehmen kein Anlass, sie zu kontaktieren und zu engagieren. Dies gilt übrigens auch für Rechtsanwälte und Architekten. Denn auch die gibt es wie Sand am Meer.

Ein klares Profil: "Der passt zu mir/uns." Dieses Gefühl wollen Kunden haben, wenn sie einen Berater engagieren. Deshalb sollten Berater auch persönlich Profil zeigen. Denn während manche Kunden hemdsärmlige Typen bevorzugen, suchen andere professorale Eierköpfe. Und während manche vom Berater primär gestreichelt werden möchten, wünschen sich andere, dass er ihnen auch mal in den Hintern tritt.

Eine Marketing- und Vertriebsstrategie: Beratungsleistungen kaufen Kunden nicht so spontan wie ein Eis am Stiel. Der Kaufentscheidungsprozess erstreckt sich oft über Monate, teils sogar Jahre. Deshalb braucht jeder Berater eine Strategie, wie er zunächst die Aufmerksamkeit von Noch-nicht-Kunden wecken und sie dann Schritt für Schritt zur Kaufentscheidung führen kann. Sonst werden lauwarme Kontakte schnell wieder kalt.

Eine genau definierte Zielgruppe: Viele Berater glauben, wenn sie ihre Zielgruppe zum Beispiel mit der Formulierung "Führungskräfte in Unternehmen" beschreiben, dann sei diese eindeutig bestimmt. Doch es gibt Klein- und Großunternehmen, Dienstleistungs- und Produktionsunternehmen. Und die ticken teilweise völlig anders. Und nicht nur der Vorstandsvorsitzende von Siemens ist eine Führungskraft, sondern auch der Vorarbeiter einer Putzkolonne. Also muss die Zielgruppe schärfer definiert werden. Sonst ist keine gezielte Kundenansprache möglich.

Ein Beuteschema: Eine Katze weiß, dass es für sie vergebene Liebesmühe wäre, ein Wildschwein zu jagen. Also fängt sie Mäuse. Ein solches Beuteschema, das ihnen sagt, bei welchen Personen oder Organisationen sie eine realistische Chance haben, einen Auftrag zu erlangen, brauchen auch Berater. Sonst verpuffen ihre Marketingmaßnahmen wirkungslos.

Entwickelte "Produkte": Viele Berater geraten ins Schwitzen, wenn ein potenzieller Kunde beim telefonischen Erstkontakt sagt: "Wir haben folgendes Problem ... Was könnten Sie uns anbieten?" Dann antworten viele: "Das kann ich so nicht sagen. Da müssten wir uns erst mal treffen und analysieren ... Danach könnte ich Ihnen ein Angebot unterbreiten." Dazu haben die (Noch-nicht-)Kunden in der Regel keine Lust. Denn noch sind sie am Sondieren: Käme der Berater für mich eventuell in Betracht? Um dies zu erkunden, sind sie nicht bereit, sich einen halben Tag mit einem Kandidaten hinzusetzen und ihm ihr Herz auszuschütten. Also kontaktieren sie lieber einen anderen Berater.

Zwei, drei "Schaufensterprodukte": Die meisten Unternehmen existieren seit 10, 20 oder gar 100 Jahren. Folglich haben sie oft schon externe Unterstützer - sei es für Vertriebs-, Rechts- oder IT-Fragen. Deshalb haben sie für Standardleistungen im Beratungsbereich keinen Bedarf. Also braucht jeder Berater zwei, drei Schaufenster- bzw. Türöffnerprodukte, mit denen er Neukunden anlocken und einen (kleinen) Erstauftrag von ihnen gewinnen kann.

Ausdauer, Hartnäckigkeit und Geduld: Um sich als Berater selbstständig zu machen, braucht man weniger Geld als zum Eröffnen einer Imbissbude. Dafür haben Berater keine Laufkundschaft. Sie müssen sich ihre Aufträge erarbeiten. Das erfordert Ausdauer und Geduld. Deshalb gewinnen oft nicht die besten Berater das Rennen um die begehrten Aufträge, sondern diejenigen, die Marathonläufer- statt Sprinterqualitäten zeigen.

Bernhard Kuntz ist Autor der Fachbücher "Die Katze im Sack verkaufen", "Fette Beute für Trainer und Berater" und "Warum kennt den jeder?" (Verlag managerSeminare). Internet: www.bildung-kommunikation.de