Dieses Fazit ist erschreckend: Stiftung Warentest benotet die Anlageberatung bei vielen Banken mit “mangelhaft“. Die Ergebnisse.

Hamburg/Berlin. An guten Vorsätzen hat es nicht gefehlt. Nach der Finanzkrise und dem Lehman-Debakel hatten die Banken Besserung gelobt. Die Kunden sollten umfassender über Chancen und Risiken von Geldanlagen beraten, alle Kosten und Provisionen offengelegt werden.

Doch die Qualität der Anlageberatung in den Banken ist in den vergangenen Monaten noch schlechter geworden. Das geht aus einem umfangreichen Test der Stiftung Warentest bei 21 Geldinstituten hervor. Sechs Banken bekamen das Urteil "mangelhaft", zwölf waren "ausreichend" und drei "befriedigend", darunter auch die Hamburger Sparkasse. Sie belegte im Test immerhin Platz zwei.

Als besonders gravierend werteten die Tester, dass die gesetzlichen Vorgaben nicht eingehalten werden. "Verantwortlich für die schlechten Noten sind flächendeckende Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz", sagte Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur von "Finanztest". Im aktuellen Heft dieser Zeitschrift wird der Test veröffentlicht. So wurden die Kunden in rund einem Drittel der Fälle nicht nach ihren finanziellen und persönlichen Verhältnissen gefragt, die für eine Anlageentscheidung wichtig sind.

Nicht einmal die Hälfte der Kunden erhielt nach dem Gespräch ein Beratungsprotokoll, obwohl das seit 1. Januar 2010 vorgeschrieben ist. Das Protokoll muss darlegen, welche Produkte mit welcher Begründung empfohlen werden und wie hoch das jeweilige Risiko ist. Bei eventuellen späteren Streitigkeiten soll es den Kunden zu einer besseren Beweissituation verhelfen.

Angesichts der schlechten Ergebnisse erhöht jetzt die Politik den Druck auf die Banken. "Viele Banken haben aus ihren Fehlern wenig gelernt und leisten sich weiterhin gravierende Versäumnisse", sagte gestern Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). "Solche Verstöße dürfen nicht ohne Konsequenzen bleiben."

Die Tester gingen mit folgendem Anlagewunsch zu den Banken: 35 000 Euro sollten für zehn Jahre angelegt werden. Zwar waren die Tester bereit, Risiken während der Laufzeit einzugehen, wollten aber zum Laufzeitende mindestens das eingesetzte Geld zurückbekommen. Bei einem solchen Anlagewunsch muss der größte Teil des Geldes in eine sichere, festverzinsliche Anlage fließen. Der Anlagebetrag plus die Zinsen müssen nach zehn Jahren wieder 35 000 Euro ergeben. Denn diese Summe will der Kunde zurück. Das übrige Geld - je nach Zinshöhe - zwischen 6000 und 8000 Euro kann so in eine Anlage fließen, die höhere Renditechancen bietet, aber auch Verluste einbringen kann.

Bei der Targobank stieß dieser Anlagewunsch auf großes Unverständnis. Fünf von sieben Mitarbeitern hielten das Anliegen für nicht umsetzbar. Schlechte Teilergebnisse gab es auch bei der Deutschen Bank, wo ein Mitarbeiter das gesamte Geld in eine Versicherung investieren wollte. Wegen der hohen Provision für die Bank, vermutet "Finanztest". Insgesamt haben die Banken aber bei der Anlageberatung besser abgeschnitten als beim Test vor einem Jahr. Eine Ausnahme bildet lediglich die Deutsche Bank, die schlechter geworden ist. Dass es dennoch schlechtere Gesamtnoten gab, liegt an den nicht ausgehändigten Beratungsprotokollen, für die es Punkteabzug gab.

Offenkundig händigen Banken das Beratungsprotokoll an Verbraucher, die sich nur nach einem Anlagevorschlag erkundigen, aber noch keine Kunden sind, nicht immer aus. Der Zentrale Kreditausschuss, die Spitzenorganisation der Banken, räumt "deutlichen Nachholbedarf" ein. Auch bei der Haspa wurde das Beratungsprotokoll in zwei von sieben Fällen nicht ausgehändigt. "Unsere Berater sind angewiesen, ein Protokoll zu erstellen und dem Kunden auszuhändigen", sagte Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg dem Abendblatt. Dies werde regelmäßig überprüft. "Die Ergebnisse stimmen uns besorgt und nachdenklich, weil wir bei anderen Vergleichen besser abgeschnitten haben", sagte Ingo Stader, Sprecher der Targobank. "Wir werden den Beratungsprozess weiter prüfen und gegebenenfalls verbessern." Die Postbank wollte erst die Detailergebnisse des Tests abwarten, bevor sie sich äußert.

"Eine bessere Beratung kann es geben, wenn das Beratungsprotokoll in die gesamte Informationsvermittlung für den Kunden eingebunden wird und nicht als lästige Pflicht zum Abschluss des Gesprächs überreicht wird", sagte Marco Habschick vom Hamburger Beratungsunternehmen Evers & Jung. "So wie das jetzt gehandhabt wird, nutzt das weder dem Kunden noch der Bank." Der Experte sieht in dem Beratungsprozess noch große Lücken. "Solange das so bleibt, wird es auch immer wieder zu schlechten Testergebnissen kommen."