Mittelständler machen sich mit Unternehmensanleihen unabhängiger von Banken. Das Interesse ist sehr groß, doch die Anlage riskant.

Hamburg. Sieben oder acht Prozent Zinsen pro Jahr - das klingt nach portugiesischen oder griechischen Staatsanleihen. Doch solche Angebote unterbreiten inzwischen nicht nur hoch verschuldete Staaten, sondern mittelständische Firmen mit einem soliden Geschäftsmodell. Sie besorgen sich ihr Kapital zunehmend über die Börse statt bei der Bank.

Für risikobereite Anleger locken Renditen zwischen fünf und acht Prozent. Schon am ersten Tag war die 150-Millionen-Euro-Anleihe von Air Berlin an der Börse Stuttgart gezeichnet. Der Zins des bis 2018 laufenden Papiers beträgt 8,25 Prozent. "Allein in diesem Jahr haben acht Unternehmen ihre Anleihen an unsere Börse gebracht", sagt Christoph Hermes von der Börse Stuttgart. Rund ein Dutzend könnte 2011 noch dazukommen. "Das Interesse ist sehr groß", sagt Hermes.

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Insgesamt sind bisher 16 Firmen gelistet, die sich auf diese Weise über eine Milliarde Euro Kapital besorgt haben. Darunter sind auch die Joh. Friedrich Behrens AG aus Ahrensburg, ein Hersteller von Befestigungstechnik, und die Hamburger KTG Agrar AG, die großflächig Getreide, Mais und Raps anbaut. "Wir sehen die Anleihe als Ergänzung zum Kredit, um nicht nur von Banken abhängig zu sein", sagt ein KTG-Sprecher. Die KTG Agrar so zugeflossenen 50 Millionen Euro werden für das Wachstum der Firma genutzt. Außerdem wurden kurzfristige Bankverbindlichkeiten abgelöst.

Auch die Börsen Hamburg und Hannover haben inzwischen mit der Mittelstandsbörse Deutschland ein neues Handelssegment gegründet, um Firmen den Weg an den Kapitalmarkt zu ebnen. "Unternehmen aus der Metropolregion Hamburg haben Interesse signalisiert und wir rechnen im Mai mit einer ersten Anleihe", sagt Kay Homann von der Hamburger Börse. Weitere Firmen sollen im Sommer folgen.

Hamburg will gegenüber Stuttgart punkten, indem die Börse die Bedingungen für die Firmen noch flexibler macht. "Wir schreiben kein Mindestvolumen, keine Mindeststückelung und kein Rating vor", sagt Homann. "Nach dem Baukastenprinzip können sich Firmen ein individuelles Leistungspaket zusammenstellen." Dennoch hat nicht jedes Unternehmen die Möglichkeit, bei den Anlegern Geld einzusammeln. "Wir haben auch schon die Emission von Anleihen abgelehnt", sagt Homann.

Ein hoher Zins steht auch immer für ein höheres Risiko. Die Firmen müssen über Jahre erfolgreich wirtschaften, um Zinsen und Tilgung bedienen zu können. Denn die Anleihen laufen meist über fünf Jahre. Experten raten bei entsprechender Risikobereitschaft, solche Anleihen dem Depot nur beizumischen, um die Rendite mit festverzinslichen Wertpapieren etwas aufzupeppen. Dem kommt entgegen, dass die Anleihen schon ab einer Stückelung von 1000 Euro erworben werden können, während bei großen Unternehmensanleihen die Mindestsumme oft bei 50 000 Euro liegt. Mehr als zehn Prozent sollte der Anteil am Depot nicht betragen, denn ein Ausfall reißt ein tiefes Loch. Bei einer Rendite von 5,5 Prozent dauert es mindestens zwei Jahre, bis der Ausfall einer von insgesamt zehn Anleihen zu je 1000 Euro durch die Zinseinnahmen der restlichen Papiere wieder ausgeglichen ist.

Die meisten Mittelständler lassen sich von Creditreform oder Euler Hermes beraten. Denn die großen Agenturen wie Standard & Poor's sind zu teuer. Die Ratings geben den Anlegern eine Orientierung, wie es um die Bonität der Firmen bestellt ist. So weist die KTG Agrar AG ein BBB auf, was für eine befriedigende Bonität spricht. Die Rendite der Anleihe liegt bei 5,32 Prozent. Spekulativer wird es ab BB+. Die Behrens AG hat ein Rating von BB- und bietet deshalb auch 7,98 Prozent. Je höher der Zins, desto höher das Risiko. "Wir bieten zu allen Anleihen viele Zusatzinformationen, können aber dem Anleger die Entscheidung für oder gegen ein Papier nicht abnehmen", sagt Hermes.

Komfortable Fondslösungen gibt es für solche Anleihen kaum, denn das Segment ist für die großen Investmentfonds zu klein. Eine Ausnahme ist der Johannes Führ Mittelstands-Rentenfonds AMI. Er setzt auf Unternehmensanleihen und kann bis zu 20 Prozent des Fondsvermögens in kleinere Anleihen investieren. Eine Rendite von sieben Prozent können Anleger zwar nicht erwarten, dafür schlafen sie auch ruhiger.